WM-Trends 2014: Der Libero

Ja, der Libero hat einen Trend gesetzt. So einen kleinen zumindest. Mit seinem Blogstöckchen do Brasil. Und weil er mich so nett gefragt hat, mache ich auch gerne mit.

wmblogstöckchen2

 

 

 

 

Mein erstes bewusstes WM-Erlebnis war?

Deutschland-Tunesien am 10. Juni 1978. Und den Termin musste ich nicht einmal nachschlagen. Meine Eltern heirateten. Ja, offensichtlich hatten sie in Sünde gelebt. Muss ich mir auch immer wieder vor Augen führen.

Im Nebenzimmer lief das besagte Spiel, ein Grottenkick, der in einem angemessenen 0:0 endete, ich sprang immer wieder hin und her. Rummenigge schoss relativ knapp (aber ungefährlich) daneben, mir entfuhr ein kurzer Ausruf, den ich nicht mehr genauer bezeichnen kann, und die Umsitzenden ließen den kleinen Steppke wissen, dass der Rummenigge mit seinen roten Bäckchen doch gar nichts könne, oder, ganz konkret: “Ach, Bub, der Rummenigge ist doch ein Blindgänger.” Da hat er, sportlich betrachtet, auch nicht so ganz recht behalten.

78 verfolgte ich gleichwohl noch eher kursorisch, verstand weder vom Modus noch vom Spiel selbst besonders viel. 1982 war das dann etwas besser, und noch heute kann man mich nachts um vier wecken, um mich einen Elfmeter schießen Ole España singen zu lassen.

 

Mit welcher WM-Legende würde ich gern einmal Doppelpass spielen?

Puh, Legenden. Mit einem von denen, die ich selbst nicht mehr in ihrer Blütezeit spielen sah, weil ich genau das dann könnte: ihnen zusehen. Oder sieht der Deal gar keine Zeitreise vor? Falls doch: Beckenbauer vor allem, und Cruijff. Auch Eusébio. Pelé a priori nicht einmal so sehr, vermutlich würde er mich aber vom Gegenteil überzeugen. Zidane sowieso, aber klar: beim Doppelpass läuft es immer wieder auf Beckenbauer hinaus. Kleines dickes Kamke.

Oder sprechen wir vom verbalen Doppelpass abseits des Platzes? Dann nehme ich, Sprachbarrieren in pfingstlicher Stimmung ignorierend, zeitreisend, nicht zwingend bis in seine sportliche Blütezeit, Sócrates, eine faszinierende Gestalt. Oder, dann vermutlich etwas kürzer, Ronaldo, um ihn zu fragen, was da wirklich los war anno 1998.

 

Welchem TV-Kommentator werde ich bei der WM gerne zuhören?

Gerd Gottlob und Oliver Schmidt fallen mir als erste ein. Weil sie als Kommentatoren das verkörpern, was man sich, klassisch, von Schiedsrichtern verspricht: sie fallen nicht auf. Und das ist doch viel mehr als das, was von den meisten anderen zu erwarten sein wird. Das andere Ende der Skala braucht an dieser Stelle nicht weiter thematisiert zu werden.

Nachtrag: Mir war nicht bewusst gewesen, vielleicht hatte ich es vergessen oder er seine Herangehensweise verändert, dass sich Gerd Gottlob nicht entblödet, als Kommentator eines Spiels der deutschen Mannschaft regelmäßig in der Wir-Form zu sprechen, im Sinne von (fiktiv): “Da haben wir aber dem Gegner zu viel Raum gelassen.” Vor diesem Hintergrund ziehe ich meine Aussage zurück. Nein, ich höre ihm nicht gerne zu.

 

Die Iren haben sich für die WM am Zuckerhut leider nicht qualifiziert. Welchem weiteren Land drücke ich neben Jogis Jungs als »Zweitteam« die Daumen?

In der Gruppenphase gibt’s einige Zweit-, Dritt- oder auch Viertteams, einfach weil ich zum Beispiel lieber Chile als die Niederlande, lieber Südkorea als Russland oder auch lieber Klinsmanns USA als Portugal oder Ghana im Achtelfinale sähe.

Genereller betrachtet, hat mein Faible für die Franzosen chronische Züge, auch wenn es zwischenzeitlich auf harte Proben gestellt wurde und phasenweise zur Hassliebe mutierte, und dann natürlich Belgien, ewige Lieblinge seit Pfaff, Ceulemans (nicht Raymond) , Vanderelsteyckenbergh, van Moer, später Scifo. Und ja, irgendwie scho au die bereits genannten Südkoreaner. Können die eigentlich auf Italien treffen?

 

Zu Jogis Jungs: Meine beiden Lieblingskicker aus dem deutschen Kader sind?

Großkreutz. Seine, ja, Hingabe beeindruckt mich. Hatte ich hier auch schon das eine oder andere Mal thematisiert, dass ich ihn schätze und ihm manches (vermutlich mehr als anderen) verzeihe, auch (gerade?) abseits des Platzes. Rein sportlich gibt’s natürlich ne Menge Kandidaten. Müller und Özil in sehr hohem Maße, Khedira nicht nur aus lokalpatriotischem Antrieb.

Wenn ich mich aber entscheiden müsste, sagen wir für zwei Spieler, ihrer sportlichen Fähigkeiten wegen, dann für Lahm, der so unsagbar gut ist,

und für Götze, der so unsagbar gut ist, es aber noch nicht so oft zeigt, wie er könnte.

 

Wie weit kommen Jogis Jungs?

Ganz nach oben.

Klar ist da der Wunsch Vater des Gedanken. Der unmittelbare, klar, aber auch jener mittelbare, dass Herr Löw am 13. Juli eine ganz große Runde “in your face” ausgeben können möge. Was er so vermutlich nicht täte.

 

(Wenn nicht Jogis Jungs:) Wer wird am 13.07.2014 im Maracanã Weltmeister?

Ich kann mir gar nicht recht erklären, wieso ich bei dieser Frage nie an Argentinien denke, obwohl ich doch zu glauben weiß, wie stark sie sind. Und doch lande ich immer bei Brasilien, halbherzig, und vor allem bei Italien, auf die ich mich, müsste ich mich entscheiden, wohl festlegen würde, noch vor Spanien. Ach, und Belgien. Einen aus dem offen geheimsten Favoritenkreis Belgien, Chile, Kolumbien muss man wohl nennen.

Wobei so ein geschlechterübergreifendes japanisches Double schon was hätte.

Doppelfünf

Still hier in diesen Tagen, nicht wahr? Man kommt ja zu nichts. Ehrlich nicht, aus mancherlei Gründen, die nicht alle angenehm sind, aber das nur am Rande. Gerne hätte ich zwischenzeitlich mal wieder eine “Verbalbeurteilung” zu Ende gebracht, oder meine, ähem, angedachten Bemerkungen zu vermeintlich toten Sportblogs zu Papier, allein: es sollte nicht sein. Bisher.

Im Idealfall begründet man so ein Schweigen überzeugend mit “anderen Projekten”, die man zwischenzeitlich vorangetrieben habe, und mit etwas Glück erblicken diese dann irgendwann das Licht der Welt. Öfter auch nicht. Bei mir ist es heute ausnahmsweise mal andersherum: Licht der Welt ja, Belastung durch anderes Projekt: eher nein, bestenfalls kaum.

Tatsächlich hat so ein kleines Projekt heute seine Tarnkappe abgelegt und ist öffentlich geworden. Erfreulicherweise eines, an dem ich nicht ganz allein beteiligt bin, sondern mit einem wunderbaren Mitstreiter. Ein Projektlein, das dem einen oder der anderen Mitlesenden kaum mehr als ein Gähnen entlocken wird: Fünfzeiler, schon wieder. Einfach in ein Tumblelog geschmissen, ohne großen technischen und gestalterischen Aufwand, wie man mich halt kennt, und wie man den geschätzten Mitschreiber Herrn @rebiger unter Umständen auch einzuschätzen versucht ist, bloß weil er sein Blog, in dem es primär um den HSV geht, saisonal auch mal in fünf Zeilen, nicht auf oder unter einer eigenen Domain betreibt.

Das Thema ist auch nicht besonders ausgefallen, in diesen (gerade noch vor-)weltemeisterschaftlichen Zeiten, aber sei’s drum: wie haben Spaß. Und auch wenn wir keine besonderen gestalterischen Ansprüche haben, so kennen wir doch Leute, bei denen das anders ist und die uns in gar wunderbarer Weise ein Logo gestalten, um die werte Leserschaft erst einmal abzulenken und davon abzuhalten, sich mit Schriftarten, optischen No-Gos oder gar den dahinter steckenden dilettantischen Code-Anpassungen zu befassen.

Genau genommen kennen wir erst einmal eine solche Person, nämlich die großartige Frau @rudelbildung, die wir alle nicht nur vom Textilvergehen schätzen und die uns ruck, zuck eine schicke Doppelfünf kredenzt hat:

 

5_LOGO_Var1_400

 

Doppelfünf, Sie wissen schon:
zwei Typen, fünf Zeilen. Und das Ganze für ein Turnier.

Bleibt die Hoffnung, dass sich noch der eine oder die andere Lesende in eine(n) Mitreimende(n) verwandelt und seine oder ihre FIFA-Fünfzeiler mit uns teilt. Zum einen müssen wir dann nicht alles alleine machen, zieht sich ja auch so’n bisschen hin, so ein Turnier.

Zum anderen zeigt die eigene adventskalendarische Erfahrung, und nicht nur die, dass in diesem Internet zahlreiche Reimeschmiede und -schmiedinnen unterwegs sind, die gelegentlich eines Anstoßes bedürfen, um in Anapäste oder Amphibrachys einzutauchen. Jetzt wäre wieder so ein Moment. Freiwillige für die fünfzeilige Aufarbeitung der Morgengrauen-Spiele werden dabei prioritär gesucht.

Wie auch immer: hier entlang, bitte. Bei Interesse.

 

 

Culinos Verben

Nein, die Ähnlichkeit ist nicht zufällig entstanden. Wenn ich ehrlich bin, ist sie sogar ziemlich gewollt. Eine inhaltliche Rechtfertigung ist kaum zu konstruieren, von einer natürlichen, weil naheliegenden Entwicklung gar nicht zu reden.

Culino, soso. Ok, es hat ein paar Buchstaben mit Collina gemein, meinetwegen auch noch die Silbenzahl, und es ist nicht gänzlich auszuschließen, dass Menschen in meinem Umfeld, mich selbst eingeschlossen, zu Zeiten, als wir uns ein bisschen mit der italienischen Sprache und deren Diminutiven befassten, dem Gedanken an einen Herrn namens Pierluigi Culino einen gewissen Witz nicht absprachen. Alkoholika lassen sich als Entschuldigung nicht ins Feld führen.

Kleiner Service für diejenigen, die in der italienischen Sprache nicht ganz so zuhause sind: Ärschchen. So könnte man culino wörtlich übersetzen. Dass es nach meiner Kenntnis, der ich in der italienischen Sprache ebenfalls nicht ganz so zuhause bin, gar nicht so verbreitet ist, dieses Ärschchen, interessierte uns nicht allzu sehr, und wenn ich ehrlich bin, ist es mir auch heute noch recht egal.

Ich mag das Wort. Eigentlich wär’s doch auch im Deutschen ganz gut, nicht so harsch, vielleicht als wohlwollende oder halbherzige Beleidigung einzusetzen, aber irgendwie ist die Aussprache nicht ganz ohne: Ärschchen. Ärschchen. Bitte zehnmal am Stück sagen, so schnell wie möglich. Ärschchen! Zunge gebrochen.

Möglicherweise habe ich mich in eine Sackgasse manövriert. Irgendwie sollte ich wieder zum Ausgangspunkt kommen. Der da lautete: Ähnlichkeit. Zu Collinas Erben. Sie wissen schon: der Schiedsrichterpodcast, den man gar nicht genug loben kann. Dort gibt es, wer will es den beiden Protagonisten Alex Feuerherdt und Klaas RefeReese verdenken, das eine oder andere wiederkehrende Thema. Oder, um es korrekter zu sagen: wer will es den Protagonisten nicht danken?

Zu diesen wiederkehrenden Themen zählen natürlich Elfmeter und Platzverweise, oder, in dieser Saison ganz besonders nachgefragt, Abseits und Handspiel. Liegt wohl in der Natur eines Schiedsrichterpodcasts. Zu diesen Themen zählen aber auch die Taktik des Schiedsrichters, die Fußballphilosophie oder die Psychologie des Spiels, und zu diesen Themen zählen weiterhin Zeitlupenwissen und: Kommunikation.

Die Kommunikation des Schiedsrichters. Wie er mit den Spielern umgeht, wie er mehr oder weniger virtuos auf jener Klaviatur spielt, die Gott, irgendwelche Bildungseinrichtungen oder auch die Straße ihm gegeben hat, von einfühlsamem Gebabbel über Warnungen, Drohung und schrille Pfiffe bis hin zu farbigen Kartons.

Kein Vertun: auch letztere sind Kommunikationsmittel. Zum Glück legen die Ärschchen (Verzeihung, das war der Übermut. Bitte unter “wohlwollend” abheften.) Erben ihren Fokus bei der Kommunikation eher auf den verbalen Umgang zwischen dem Richter und den zu Richtenden, lässt uns Alex an seinem breitgefächerten Erfahrungsschatz teilhaben, auch daran, dass er die Spieler mitunter ganz bewusst ins offene Messer, sprich: den falschen Einwurf, laufen ließ, um sowohl ihnen als auch uns Hörern ein paar Grundregeln von “Psychologie im Alltag” näher zu bringen.

Das mag, wie ich gerade feststelle, ein wenig spöttisch klingen, ist aber gar nicht so gemeint, im Gegenteil. Gleichzeitig stellt sich mir aber die Frage, inwieweit seine Bemühungen in der Schiedsrichterausbildung diesbezüglich fruchten, vielleicht auch fruchten können. Womit wir wieder bei der Virtuosität wären, mit der er seine Kommunikationsmöglichkeiten, und in allererster Linie die Sprache, zu nutzen weiß.

Einer Virtuosität, die nicht jedem Schiedsrichter zur Verfügung steht, auch wenn, wie schon vor Jahren erörtert (insbesondere in den Kommentaren, wo sich nicht zuletzt einer der Erben in seiner damaligen Identität erhellend einbrachte), die Akademikerquote unter den hochklassig pfeifenden Schiedsrichter mittlerweile beträchtlich und die rhetorischen Fähigkeiten zentral sind.

Damals, in den Niederungen des Provinzfußballs, war dem nicht so. Die Kommunikation war eher direkt, und ähnlich wie wir Spieler in jenen Klassen in aller Regel nur ein Spieltempo drauf hatten, hielt sich auch die kommunikative Virtuosität der Herren in schwarz (sic!) in Grenzen. Ich selbst war im Grunde stets ein fairer Spieler, flog nie vom Platz, sah selten gelb – meine erste Verwarnung dürfte ich in der A-Jugend erhalten haben, und ich war den Tränen nah, zumal sie mich auch noch fünf Mark in die Mannschaftskasse kosten sollte.

Kurz: ich wollte keine Verwarnungen bekommen. Und entwickelte Vermeidungsstrategien. Die zumindest in jenen Klassen ganz gut funktionierten. Punkt eins war der Kapitänsbonus, für den ich nichts konnte, der aber half, wenn man seinen inhaltlichen Dissens mit dem Schiedsrichter nicht mit sich selbst ausmachen konnte. Punkt zwei, und an dieser Stelle war möglicherweise ich derjenige, der eine gewisse Virtuosität entwickelte, bestand darin, den Schiedsrichter nur indirekt zu kritisieren.

Vermutlich lächeln die Erben, denen nichts Weltliches fremd ist, bereits wissend, so sie denn mitlesen, und erinnern sich der Platzverweise, die sie oder die zumindest einer der beiden, der Erstgeborene, wenn man so will, gegen vermeintlich neunmalkluge Indirektbeleidiger ausgesprochen haben. Bei uns in den Niederungen kam man, kam ich indes immer ganz gut damit durch. Ok, einmal stieß ich auf einen erfahrenen Unparteiischen, der mir recht früh den Zahn zog, sinngemäß: “Sie halten sich wohl für besonders gescheit? Mit mir nicht, Herr Kamke, ich bin’s nämlich auch!” Ja, er wusste meinen Namen. Und wer weiß, vielleicht kannte er auch meine Angst vor gelben Karten. Ich blieb lammfromm.

Was das sei, dieses indirekte Beleidigen? Nun, in aller Regel bedarf es eines Mitspielers, der den Schiedsrichters kritisiert. Gerne auch vehement kritisiert. Dann geht man hin, wirkt auf ihn ein und sagt Dinge wie: “Matze, lass es doch, der Mann stößt halt an sein Grenzen” oder “Ach komm, Gerd, er tut das doch auch nicht mit Absicht”, vielleicht auch “Lass gut sein, Hänschen, er bemüht sich doch.”

In aller Regel dauerte es dann einen Moment, in dem der Herr in schwarz das Gehörte sacken ließ, dann dauerte es noch einen Moment, in dem er nachzudenken schien, wie er damit jetzt umgehen solle, und schließlich lief das Spiel weiter. Und der Spieler hatte einen lächerlichen kleinen Sieg errungen, der im Übrigen in keinem einzigen Fall dem häufig zitierten Pyrrhus zur Ehre gereicht hätte. Will sagen: ich kam stets davon. Ohne Karte.

Wobei “stets” eine fürchterliche Übertreibung ist. So häufig war das nicht der Fall, ich war fast immer ein sehr umgänglicher Spieler. Im Grunde ist mir nur eine Aktion im Nachhinein so richtig unangenehm: als ich dem – wirklich schlechten, aber das nur nebenbei – Schiri beim Handschlag nach dem Spiel ein “Machen Sie sich nichts draus” zuraunte. Nach dem Spiel. Was für ein Arsch! Also ich. In dem Fall. Ansonsten maximal: Ärschchen. Das in Einzelfällen Formulierungen wie “er bemüht sich ja” verwendete, stimmt. Bemühen. Eines von Culinos Verben.

“Duzen” ist ja auch eines. Die Frage, seit wann wir uns duzen, habe ich manchem Spielleiter gestellt. Selten eine Antwort erhalten. Einmal ein entwaffnendes “Seit Du mich so anschreist”, ergänzt um “Ja, ich habe Deinen Vorteil abgepfiffen, sorry, aber brüll mich nicht an!” Ich hatte SCHIIRIIIIII gerufen, und er hatte recht. Immerhin: wir duzten uns fürderhin konsequent. Ist ja auch was.

Kürzlich war das Duzen auch Thema bei den Erben. Am Rande. Viel wichtiger aber war die Mauerfrage. Mir zumindest. Die nach dem Schutz. Was mich zu einem, nun ja, Leserbrief animierte, den die Erben nicht nur in den nachfolgenden Podcast aufnahmen, sondern noch dazu professionell einsprechen ließen. Was dem Sprecher, wenn man den Outtakes Glauben schenken darf, nicht durchgängig Freude bereitete. Aber mir, hinterher. Collinas Erben: Schutzschwalbenskala.

Was mich dabei gleichermaßen irritiert wie bestätigt, ganz am Rande: erneut bedurfte es eines Außenstehenden, um das, was ich in Worte gefasst hatte, ohrentauglich zu machen. Vor allem aber freut es mich, dass Menschen sowas tun. Danke schön.

Und wenn die geneigte Leserin, so sie meinen Links folgt, schon mal drüben bei Collinas Erben und damit bei Fokus Fussball ist, dann könnte sie sich auch noch die Links zum Fußballblog des Monats ansehen. Die Wahl läuft nur noch bis zum 13.11., mein hauchdünner Favorit stammt aus dem Lila Kanal. Ohne jemanden beeinflussen zu wollen. Oder höchstens subtil. Mit Culinos Verben.

Manchmal ist es einfach

Vor dem VfB-Spiel gegen Nürnberg hatte ich zum zweiten Mal das Vergnügen, den Clubfans United, dem Fanmagazin rund um den Club, ein paar Fragen beantworten zu dürfen. Leider schaffte ich es diesmal nicht, den Kollegen meinerseits die eine oder andere Frage zu stellen, was nicht nur angesichts der aussagekräftigen damaligen Antworten bedauerlich ist.

Erneut empfand ich es als sehr angenehm, mich bei den Clubfans zu vielen verschiedenen Themen äußern zu dürfen, von der Lage des Fußballs im Allgemeinen über die Bundesliga im Spezielleren und die Bundesliga-Spielplangestaltung im ganz Besonderen bis hin zum Wesen von Trainerentlassungen und historischen Überlegungen zum besten Fußballer aller Zeiten, die dann auch in den Kommentaren aufgegriffen und vertieft wurden.

Ganz nebenbei sagte ich auch ein paar Sätze zum VfB, und, nun ja, habe diesem einen Absatz nach dem Spiel im Grunde nicht viel hinzuzufügen:

[Clubfans United] Sportlich läuft es bei euch ja so “lala”. Neben zwei Siegen (Braunschweig und Berlin) stehen vor allem Remis. Immerhin aber 12 Punkte, davon träumen wir. Wie schätzt du die Liga ein? Beginnt die Abstiegszone ab Platz 4?

“Empfinde ich gar nicht so, dass es so lala läuft. Was wenig damit zu tun hat, dass Du den Freaksieg gegen Hoffenheim unterschlagen hast, sondern vielmehr damit, dass die drei Niederlagen aus den ersten drei Saisonspielen stammen und die Bilanz nach dem Trainerwechsel drei Siege und drei Unentschieden ausweist. Das finde ich einerseits sehr ansprechend, zum Teil auch über das nackte Ergebnis hinaus; andererseits, und da kommt dann doch wieder “lala” ins Spiel, gelingt es bisher nicht, die Möglichkeiten, noch weiter nach vorne zu rücken, beim Schopf zu packen. Ohne dass man aus meiner Sicht bereits weiter nach vorne gehören würde.

Manchmal ist es eben einfach. Man nimmt ein paar Zeilen, die nicht nur vor dem jüngsten Spiel schon als halbwegs passende Situationsbeschreibung durchgingen, sondern bereits nach dem vergangenen. Und dem vorvergangenen. Aktuell hat der VfB weiter oben noch nichts verloren. Gerade nach dieser Partie, die ich als die schwächste mit Trainer Schneider wahrgenommen habe.

Hinten mag man gelten lassen, dass die aus bekannten Gründen (Sperre, Verletzung) notwendig gewordenen Veränderungen im Verbund mit den aus bekannten Gründen (Spielerkader) eigentlich notwendigen Veränderungen eine geringere Fehlerquote von vornherein nicht zuließen. Negativer Höhepunkt war dabei der gut zwanzigminütige Auftritt von Konstantin Rausch, den ich schlichtweg als verheerend empfunden habe. Vielleicht war er ja übernervös oder übermotiviert, weil er mal wieder eine Chance bekam. Zumindest hoffe ich, dass es daran lag.

Der Torwartwechsel dürfte auf die Abwehrleistung keinen Einfluss gehabt haben; dass er von den Verantwortlichen als völlig selbstverständlich dargestellt wurde, halte ich für eine interessante Randnotiz. Die Stuttgarter Nachrichten hatten denn auch vor Ulreichs Rückkehr nachgefragt und ein paar sportliche Argumente aus dem Trainerteam ins Feld geführt. Woraufhin man eine Lobhudelei auf Ulreich verfasste, der ich, gewissen Zweifeln zum Trotz, inhaltlich in weiten Teilen zustimmen würde.

Was mich stört, ist zum einen die angesprochene Selbstverständlichkeit seitens des VfB, was mich irritiert, dieser Satz in den StN: “Und auch beim Mitspielen nach Rückpässen schlägt Ulreich die Nummer zwei noch um Längen und bringt die Bälle präziser zum Mann.” Ich kann das nicht nachvollziehen. Nicht einmal ansatzweise. Und irgendwie färbt das auf meine Haltung zum gesamten Text ab.

Dass das kreative Mittelfeldspiel mit Maxim steht und fällt, ist nichts Neues. Klappt ja auch ganz gut, selbst am Freitag, solange seine Kraft reicht. Danach aber tut es besonders weh, wenn Gentner einen eher durchschnittlichen Tag erwischt und auch Traoré nicht sonderlich viel einfällt. Dann ruhen die Hoffnungen des gemeinen VfB-Fans in Sachen Kreativität auf den Schultern der Herren Harnik und Kvist. Und dann ruhen sie eben.

Ernsthaft: ich habe mich sehr gefreut über William Kvists Rückkehr ins Team. Er ist ein wichtiger Stabilisator. Aber man muss dem Umstand, dass sich sein Beitrag zum Offensivspiel, und damit meine ich nicht nur eigene Abschlüsse oder den “letzten Pass”, in sehr engen Grenzen hält, Rechnung tragen. Maxim allein kann das nicht auffangen. Bleibt also zu hoffen, dass Christian Gentner künftig wieder ertragreicher nach vorne spielt und Moritz Leitner an die Eindrücke unmittelbar vor der Verletzungspause anknüpfen kann. Die Alternative würde wohl lauten, Kvists Position doch noch einmal zu hinterfragen.

Jetzt habe ich schon wieder viel mehr geschrieben, als ich eigentlich wollte. Zu lange und zu intensiv habe ich mich über das Spiel aufgeregt, und darüber, wie sehr ich mich beeilt habe, um das Spiel doch noch sehen zu können, inklusive beruflich diskutabler Priorisierungsentscheidungen, um jetzt auch noch so viel Zeit zu investieren. Bleibt also nur noch, Ibisevic zu loben. Für seine Aktion vor dem 2:1, so Martin Harnik getroffen hätte. So geschickt sieht man ihn im Mittelkreis sonst selten agieren. (Außer wenn es darum geht, den Ball abzudecken und zu behaupten, das schon, eh klar.)

Klingt jetzt alles recht negativ, ne? Fühlte sich ja auch so an, weil es einfach keinen Spaß gemacht hat. Und doch bin ich nach wie vor recht entspannt. Nicht nur, weil die Tabellensituation im Grunde seit Wochen unverändert bleibt, sondern weil ich weiterhin ein gutes Gefühl habe. Die Probleme wird man angehen, und zumindest auf den definitiven Außenpositionen bin ich guter Dinge, dass sich auch vernünftige Lösungen finden. Darüber hinaus erlaube ich mir, noch eine zweites Mal auf meine eigenen bei den Clubfans geäußerten Worte hinzuweisen:

“Der VfB ist […] ein ganz anderer Verein als damals. Ein anderer Präsident, ein anderer Aufsichtsratsvorsitzender, ein anderer Trainer, und in jedem einzelnen Fall wurden nicht nur Personen ausgetauscht, sondern, bitte verzeiht das große Wort, Weltanschauungen. Während ich damals eine “latente Unzufriedenheit” ausgemacht hatte, wirkt derzeit alles irgendwie zuversichtlicher und, wie soll ich sagen, leichter. Der Präsident ist allem Anschein nach ein positiver, umgänglicher und doch ehrgeiziger Typ, der Aufsichtsratsvorsitzende scheint willens und in der Lage zu sein, den vom Präsidenten vorgelebten Teamgedanken mitzutragen, und der Trainer beginnt nicht jede öffentliche Äußerung mit einer Klage über die Rahmenbedingungen. Kurz: irgendwie ist alles anders.”

Und zwar besser.

Kindertag und Altherrentour

Wie wir alle wissen und der Volksmund bestätigt, ist nichts so alt wie die Zeitung von gestern. Möglicherweise darf man heutzutage ergänzen, dass Texte zum vorletzten Spiel, noch dazu in einem elektronischen Medium, wie es zum Beispiel ein Blog darstellt, zumindest ähnlich alt sind, tendenziell eher noch etwas betagter. Vom vorvorletzten gar nicht zu reden.

Aber es hilft ja nichts. Die Textfragmente sind nun mal da, und was erst einmal geschrieben wurde, will letztlich auch veröffentlicht werden. Da trifft es sich ganz gut, wenn der Blogbetreiber, hier: ich, nicht der Aktualität verpflichtet ist und das Ganze als eine Art Reisehintergrundbericht (Arbeitstitel) verkaufen kann. Verschenken, um genau zu sein.

Vielleicht darf ich zuvor noch auf zwei persönliche Auswärtsspiele anderer Art hinzuweisen, deren eines ebenfalls längst von der Realität überholt wurde: das Spiel des VfB II beim SV Wehen Wiesbaden, in dessen Vorfeld ich mein überschaubares Wissen zur aktuellen Situation bei den VfB-Amateuren (sic!) drüben in meinem Lieblingsdrittligablog, dem Stehblog, bloßstellen durfte, liegt bereits hinter uns. 1:1, wie die geneigte Leserin weiß, natürlich ohne die von mir im Stehblog genannten Khedira und Lohkemper, was in beiden Fällen nicht ganz überraschend kam.

Zum anderen beobachtete mich Ermittler Dembowski (vom oberlippenbärtigen Peters gar nicht zu reden) beim Showdown in der Kugelbahn und stellte eines völlig zurecht fest: “Kamke sah gut aus.” Er beobachtete, wie es Ermittler eben so tun, auch noch einiges mehr, was man sich meines Erachtens zu Gemüte führen sollte.

Um diesem Text zwischendurch doch kurz, das propagierte Selbstverständnis ignorierend, einen Hauch von Aktualität zu verleihen, sei auf das Spiel des VfB in Braunschweig hingewiesen, von dem ich allerdings so gut wie gar nichts sehen konnte. Der Liveticker des kicker vermittelte mir indes bereits zur Pause, was ich wissen musste:

“Ein engagierter Auftritt der Eintracht, die zur Pause gegen effiziente Stuttgarter unglücklich zurückliegt.”

Effizient kann man ja so und so sehen. Ich betrachte es in aller Regel als gelungenen Euphemismus. In diesem Sinne hatte ich mir eben das vorgestellt: einen effizienten Sieg gegen die Braunschweiger, denen ich nach eigener Anschauung in Hamburg die Konkurrenzfähigkeit im Grunde abgesprochen hatte. Womit ich gewiss, und durchaus zu meinem Bedauern, nicht alleine dastehe. Wenn nun die Stuttgarter Nachrichten mit “VfB trumpft groß auf” aufmachen, dann, nun ja, ist das möglicherweise Ansichtssache.

Dessen ungeachtet: schön, dass es dann doch noch deutlich wurde, und wunderbar, dass sich Traoré wieder gefangen hat nach, ja, wonach denn? Ist es tatsächlich denkbar, dass sein bitterer Ballverlust, der das Ausscheiden gegen Rijeka quasi besiegelte, ihm so lange zu schaffen machte, ihn hemmte und verunsicherte? Oder machte er eher dem Trainer zu schaffen, der ihm danach die eine oder andere “Denkpause” verschrieb, die hierzustadte erfreulicherweise anders als in Gelsenkirchen nicht gleich “Suspendierung” genannt wird? Wie auch immer: fünftbeste Offensive, hey, hey!!

Dass die Braunschweiger Fans für ihre beeindruckende Anfeuerung bei aussichtslosem Spielstand, vielleicht bereits, auf die Saison bezogen, auf verlorenem Posten stehend, landauf, landab gefeiert werden, ist verständlich und berechtigt. Grundsätzlich. Und doch mutete es, wäre es nicht so traurig und vielmehr begreinens- und protestwürdig, wie ein Treppenwitz an angesichts der schwer zu fassenden vereinspolitischen Groteske, die sich in diesen Tagen abspielt und die die taz, soweit ich die Geschehnisse aus der Ferne beurteilen kann, in der ihr eigenen Art und überraschend gemäßigter Sprache inhaltlich angemessen deutlich kommentiert.

Zurück zum Ausgangspunkt und damit in die aktualitätsfreie Zone: zwei VfB-Spiele live und in Farbe innerhalb weniger Tage. Und vor Ort. Hatte ich auch schon ein Weilchen nicht mehr. Zuerst in der Bundesliga gegen Frankfurt, dann im DFB-Pokal in Freiburg. Und sie waren grundverschieden. Von den Rahmenbedingungen her, meine ich. Sportlich haben sie sich gar nicht so viel geschenkt. Nicht zuletzt traf man in beiden Fällen auf einen Gegner, dessen Fußball mir, wäre ich neutral gewesen, deutlich mehr Spaß bereitet hätte als der des VfB.

Weshalb ich mich erst einmal kurz mit den schönen Seiten befassen will. Mit dem kurzerhand geschaffenen Familienblock gegen Frankfurt. Plötzlich und unerwartet (die älteren LeserInnen werden sich an den Durbridge-Straßenfeger erinnern) befanden sich in unserem Block auf engstem Raum etwa acht Kinder im Vor- oder jungen Grundschulalter, die ihre Papas und in Einzelfällen auch ihre Mamas zum Spiel begleiten durften und dabei den Eindruck einer konzertierten oder gar inszenierten Aktion erwecken konnten.

Womit grundsätzlich eine veronafeldbuscheske (so hieß sie damals noch, als das relevant war) Überleitung zur fanseitigen Inszenierung des 120. VfB-Geburtstages gelungen wäre. Ich kann nur nicht so viel drüber sagen, man hat dann ja doch eher eine Art Schild vor dem Kopf und sieht nicht so viel von der Choreographie, die aber überaus gelungen gewesen sein soll. Quatsch, war! Natürlich habe ich sie mir hinterher auch angesehen. Ich ziehe meinen Hut vor all jenen, die sehr viel Zeit, Mühe und gewiss auch Geld investiert haben. Den Kindern hat es übrigens auch großen Spaß gemacht. Zumindest solange sie die Arme mit hochhalten konnten. Danach durften einzelne Papas, konkret kann ich nur für einen sprechen, quasi Doppelhalter spielen.

Irgendwie taten die Kinder der Atmosphäre gut, der eine oder die andere mag sich etwas länger überlegt haben, ob man die Gäste als “Hurensöhne” feiern solle oder nicht. Die Präferenzen waren allerdings hinreichend klar verteilt, um (vermutlich nicht nur) mir Gelegenheit zu geben, die Nein-mein-Kind-jetzt-nicht-Karte zu ziehen, um eine nicht ganz triviale Begriffsklärung bis auf Weiteres zu verschieben. Schließlich ginge es nicht nur um die Definition an sich, sondern auch um den grundsätzlichen Umstand der Verwendung im Fußballkontext. Im Quasi-Familienblock. Immerhin: die heimische Nachfrage bei anderen Familienmitgliedern scheiterte an der etwas undeutlichen Akustik im Neckarstadion.

So sehr es mir Freude bereitet, immer wieder Kinder im Fanumfeld zu sehen, und so sehr ich es genieße, meinen eigenen Sohn mitunter dabei zu haben, so argwöhnisch sehe ich mir die so sozialisierten Kinder auch immer wieder an. Bloß weil vor einigen Jahren ein Kind bei uns im Block stand, das unter väterlicher Begleitung – die mir persönlich deutlich weiter von bloßer Billigung entfernt zu sein schien als von aktiver Hinführung bis hin zur Anfeuerung – nach Möglichkeit immer ganz vorne dabei war, egal ob es um ein bloßes “die Hände!” ging oder auch um Verunglimpfungen des Gegners. Kann man mögen. Muss man nicht. Ich würde ihn schon gerne mal wieder sehen, einfach der Neugier wegen.

Das Spiel war eher so lala. Der Meistertrainer hatte seine Frankfurter gut eingestellt, bis zu deren Führungstreffer sah der VfB keinen Ball, die Gäste bestimmten – wie schon in der Vorsaison, und wie damals mit einem stets anspielbaren und nie um eine gute Lösung verlegenen Sebastian Rode – die Partie, der Stuttgarter Ausgleich fiel glücklicherweise recht früh und wäre kaum einer Erwähnung wert gewesen, wenn es sich nicht um den Debüttreffer von Timo Werner gehandelt hätte, der das Stadion tatsächlich ein bisschen erbeben ließ.

War Werners eigene Freude bereits explosiv, so vermochten all jene Fans, die wir ihn spätestens seit Saisonbeginn adoptiert, im Grunde aber bereits seit Jahren seinen Weg als vorgezeichnet betrachtet hatten, diesen Ausbruch noch um ein Vielfaches zu steigern. Schon schön.

Ach, und dann war da ja noch diese Elfmetersache. Und die Abseitsstellung, mit der er den Führungstreffer ungültig machte. Und der – selbst großartig erarbeitete – Fehlschuss allein vor dem Tor. Da wäre der Elfer in der Tat ein schönes Happy End gewesen. Tja. Dem Spielverlauf entsprach das 1:1 ganz gut.

Drei Tage später fuhren sechs ältere Herren in drei Zweierreihen gen Freiburg. Bzw. sie wollten es. Gemächlich. Dumm nur, dass einer der sechs in einem beruflichen Termin gefangen war. Und dass dieser Herr, nennen wir ihn der besseren Lesbarkeit wegen Heinz, die Karten hatte. Also vier davon. Dass die anderen beiden noch fehlten, hatte ja im Vorfeld keiner zu wissen brauchen.

Etwa zu der Zeit, als Heinz den Termin rennend verließ, hätte er bereits gut 30 Minuten weiter südlich auf die anderen treffen sollen. Er verschickte ein paar zerknirschte Kurznachrichten, prüfte die Stau- und erfrug die Ticketsituation, beides eignete sich nicht, eine Besserung der Laune herbeizuführen, und fuhr mangels Alternativen geradewegs in den Feierabendverkehr. Nach wenigen Minuten blieb festzuhalten, dass alles noch viel schlimmer war, zumindest nahm er es so wahr, und er erinnerte sich kurz an Rudi Völlers Tiefpunkt-, ähem, Klimax.

Seine Sorgen erwiesen sich letztlich, wie man im entspannten Rückblick immer leicht sagen kann, als panikartig übertrieben, die Mitfahrer wirkten bei seiner Ankunft noch überraschend gelöst, was zum Teil antrainiert gewesen sein mag, zum Teil auch dem Umstand geschuldet, dass ihnen das Ticketdefizit noch nicht bewusst war, oder sie waren einfach cooler als er. Wie sonst ließe sich erklären, dass sie ihn erst noch einmal losschickten, um etwas zu essen zu holen?

Die Fahrt war erquicklich, die Kühltasche gefüllt, die von einem Mitspieler in Aussicht gestellte einstündige Baustellenverzögerung erwies sich als Schimäre (Bingo!), die Parkplatzsuche in Freiburg gelang. Blieb die Ticketfrage. Der großartige Herr @zugzwang74, Freiburger Vereinsmitglied, hatte sich um zwei Karten für den Feind (er selbst würde gewiss nicht so formulieren, was zu besagter Großartigkeit beiträgt) verdient gemacht und diese sogar, gegen seine eigene Überzeugung, an die Grenze zum Gästebereich platziert (er selbst war leider verhindert). Dumm nur, dass sein Verein nicht lieferte.

Wir haben alle schon unsere Erfahrungen mit der Post und ihren privaten Wettbewerbern gemacht. Auch negative. Und doch halten wir es, hatte es auch Heinz für unvorstellbar gehalten, dass zwei Karten, die der SC Freiburg an einem Dienstag in Rechnung stellte, dass also ein vermeintlicher Standardbrief nicht bis zum Mittwoch der Folgewoche in Stuttgart zugestellt würde. Tja. War aber so.

Und was Heinz vor allem nicht für möglich hielt: dass die schriftliche Beschwerde eines Vereinsmitglieds (über die vorausgegangene fernmündliche wollen wir nicht weiter reden), die am Vorabend des Spiels mit einem “EILT”-Vermerk und zahlreichen Ausrufezeichen im Betreff an mehrere Empfänger bei besagtem Verein gesandt wurde, bis zur Mittagszeit keinerlei Reaktion hervorrufen würde. Er hielt das, und an der Stelle schließe ich mich ihm gerne an, bin gar geneigt, mit ihm zu einer Person zu verschmelzen, für hochgradig unprofessionell und die eigenen Mitglieder nur so halb ernst nehmend.

Naja, vielleicht übertreibe ich ein wenig. Zum einen, weil vor Ort dann ja alles ganz gut klappte. Wir kamen recht knapp an, doch am dann doch noch per Mail angekündigten Ort, wo wir Ersatztickets bekommen sollten, hielt sich der Andrang in Grenzen, sodass auch der Umstand, dass wir nicht in der Kartei der Nachlöser erfasst waren, keine weiteren Probleme bereitete. Falls übrigens jemand neuwertige Karten für das DFB-Pokalspiel Freiburg-Stuttgart brauchen sollte: ich hätte einen bestens erhaltenen Satz im Angebot, sie kamen am Tag nach dem Spiel hier an.

Zum Spiel gibt es aus meiner Sicht nicht allzu viel zu sagen. Hätte es vielleicht gegeben, wenn Bruno Labbadia noch Trainer wäre. Dann hätte ich mich vermutlich über die Aufstellung gewundert. Nein, nicht gewundert – geärgert. Darüber, dass man es tatsächlich mit einem 4-4-2 versucht und die Frage, wer dann für ein Mindestmaß an Kreativität im Offensivspiel sorgen soll, getrost dem lieben Gott überlässt.

Insbesondere dann, wenn Christian Gentner en vogue sein und einen herauskippenden Sechser geben soll. Was ja grundsätzlich keine dumme Idee ist, wenn man spielstarke Aufbauspieler in der Innenverteidigung oder auch auf den offensiven Außenpositionen hat. Tja. Wenn. Beim VfB entsteht indes ein Vakuum in der Spielfeldmitte, das sich dann gerne mal mit langen Bällen überwinden lässt. So diese langen Bälle ankommen und behauptet werden können. Was am Mittwoch selten der Fall war.

Wäre Labbadia noch hier, hätte ich wohl auch lautstark gewettert, was denn Konstantin Rausch auch nach der Pause noch auf dem Platz wolle? Schließlich war nicht davon auszugehen, dass Freiburg auch in der zweiten Hälfte darauf verzichten würde, das nächste halbe Dutzend an Situationen ungenutzt verstreichen zu lassen, in denen man völlig unbehelligt über rechts in den Strafraum eindringen und mehr oder weniger überlegt zur Mitte passen darf. So schnell kann’s gehen, dass man doch eher rasch versteht, weshalb das vermeintlich personifizierte Sicherheitsrisiko Boka zuletzt stets spielen durfte: er ist nur die Zweitbesetzung. Das weniger gravierende Risiko, wenn man so will.

Möglicherweise hätte ich auch über Abdellaoue geschimpft, der auch auf dem Platz gewesen sein soll, und darüber, dass Labbadia nicht so recht wisse, was er mit ihm anfangen soll, wieso bzw. unter welchen Vorzeichen er ihn überhaupt geholt habe. Und unter Umständen hätte ich auch noch darauf hingewiesen, dass der Druck, der über die Außenpositionen ausgeübt wird, nach wie vor nur bei Verwendung sehr empfindlicher Geräte in die Randgebiete des messbaren Bereiches gelangt. Obwohl sich dort Spieler tummeln, die das könnten oder auch schon mal konnten.

Labbadia ist aber weg, Schneider noch nicht lange da, und so fasle ich ein bisschen was von einer Hypothek, die der alte Trainer im Zusammenspiel mit der alten Vereinsführung hinterlassen habe, um mich dann auf die Feststellung zu beschränken, dass das Kommunikationsverhalten der Trainer rund um das Pokalspiel verbesserungswürdig war.

Was ich von der Vokabel “Hass” auf und neben dem Fußballplatz halte, habe ich bei der einen oder anderen Gelegenheit zum Ausdruck gebracht, was ich von verweigerten Handschlägen halte, dürfte sich von selbst verstehen, und die Beteuerung, dass jemand Entschuldigungen immer annehme, verleiht dem Einzelfall eine gewisse Beliebigkeit. Tatsächlich ganz amüsant fand ich indes die Unfairness-Anekdote und hoffe inständig, dass nicht sie den Auslöser für die nachfolgenden diplomatischen Verwicklungen darstellte.

Was mir imponierte: wie Christian Streich seine Mannen in der 88. Minute bei eigener Führung und eigenem Einwurf zur Eile antrieb, weil sich möglicherweise eine Lücke im Stuttgarter Deckungsverbund aufgetan hatte. Und wie die Mannschaft sich daran hielt.

Gefühlt, wie man so schön oft sagt, spielten sie einander den Ball just in jener Szene weit in der gegnerischen Hälfte so oft und so schnell und mit so viel Zug zu, wie es dem VfB im ganzen Spiel nicht am Stück gelungen sein dürfte, außer vielleicht von Schwaab zu Rüdiger zu Sakai zu Rüdiger zu Schwaab zu Rausch zu (beliebiger Freiburger Spieler) zu (hoffentlich) Kvist zu Schwaab zu Rüdiger zu Sakai zu Ballvertändler Harnik zu (beliebiger Freiburger Spieler) zu Balleroberer Harnik zu Sakai zu Rüdiger zu …  ach, Verzeihung. Meist war da aber längst der lange Ball gekommen.

Die Heimfahrt war ein bisschen anstrengend. Frustrierend, möchte man sagen. Aber in angenehmer Gesellschaft. Und mit Überlegungen zur nächsten Fußballfahrt älterer Herren.