Die weiblichen Seiten

Früher, zu ihren Gründerzeiten, da waren die 11Freunde ja noch richtig klasse, hört man immer wieder. Dann gingen sie den Weg vieles Irdischen und orientierten sich in höherem Maße an wirtschaftlichen Kriterien. Kommerz, Baby! Im einen oder anderen Blog findet man von Zeit zu Zeit nostalgische Erinnerungen, gepaart mit aktueller Kritik, bei Twitter erfährt man hin und wieder, wer das Heft warum nicht mehr liest. Ich lese es immer noch gerne. Möglicherweise würde ich es am Kiosk nicht immer kaufen, das Abo habe ich indes bisher nicht in Frage gestellt. Manches stört mich, einige Teile lese ich selten, andere immer.

Vielleicht sollte ich sagen, dass ich kein Leser der ersten Stunde war. Dieser hemdsärmeligen Phase, die immer wieder gerne beschworen wird, einer Zeit, als die Auflage ein ganzes Stück niedriger war als die Zahl derer, die heute von damals schwärmen, Sie wissen schon. Wie gesagt, ich war damals nicht dabei, bin erst irgendwo bei Nummer 25 oder so eingestiegen. Das Heft war schon ein wenig etabliert und doch für die meisten noch “anders” genug, die Haptik wurde erst später zum Streitpunkt, die Aktualität der Bundesliga spielte eine untergeordnete Rolle.

Heute ist manches anders, teilweise schlechter, teilweise besser. Dass ich nicht mehr jeden Artikel von Anfang bis Ende lese, manchen gar nicht, mag auf einen Qualitätsverlust, vielleicht auch einfach auf eine Akzentverschiebung hindeuten, die meinen Präferenzen nicht entgegen kommt. Es hat aber auch nicht unwesentlich mit zeitlichen Restriktionen zu tun, die einfach bindender sind als noch vor einigen Jahren und die zu konsequenteren Entscheidungen gegen einzelne Texte führen, mitunter gar gegen ganze (Sonder-)Hefte.

Was ich indes von A bis Z lese: die 11Freundinnen. Anfänglich war ich mir noch nicht so ganz sicher, was ich davon halten sollte, richtig gefangen nahm mich erst die Ausgabe mit Nadine Angerer. Das ist diese Torfrau, die mir immer so furchtbar unsympathisch war, die irgendwann die -mich zwar auch nicht zu Begeisterungsstürmen hinreißende, aber zumindest nicht so unnahbar wirkende- 2003er Heldin Silke Rottenberg aus dem Tor verdrängte und die auch nach dem WM-Shutout 2007 keinen leichten Stand bei mir hatte (ja,  Sack Reis, China, Eiche, Wildsau) – bis ich besagtes Interview las. Nicht falsch verstehen: es war nur ein ganz normales Interview, ich hatte kein Erweckungserlebnis oder Ähnliches, sondern lediglich das Gefühl, etwas über Nadine Angerer erfahren zu haben. Und freute mich auf das Interview mit Babett Peter, las jetzt mit Vergnügen, was Alexandra Popp zu sagen hatte.

Ich weiß nicht, ob die Gründerzeitgeschichten von und mit Hannelore Ratzeburg, die aus heutiger Sicht absurden Abwehrversuche des DFB, vielleicht auch die irgendwann alle schon einmal gehörten Geschichten über Fußballerinnen aus in Sachen Gleichberechtigung weniger offenen Kulturkreisen auf Dauer tragen können. Andererseits, könnte man einwenden, tragen männliche Fußballfrisuren aus den 70ern, 80ern und 90ern auch seit mindestens 10 Jahren. Vielleicht kommen neue Aspekte, vielleicht emanzipiert man sich sogar so weit vom Mutterheft, dass man alleine am Kiosk liegen oder gar ohne “Bei der Geburt getrennt” auskommen kann. Wir werden sehen.

Kurz: ich mag 11Freundinnen. Lese es gerne. Allein schon der Erscheinungsfrequenz wegen ist es angenehm weit entfernt vom Tagesgeschehen. Ich entwickle ein besseres Verständnis für Frauenfußball. Und das finde ich per se erst einmal gut. Wenn ich dafür auf ein paar Rezensionen und den einen oder anderen sonstigen Artikel im Stammheft verzichte, ist das nur zu meinem Vorteil.