Es ist ein erhebendes Gefühl, wenn der Ball im Netz zappelt, den man selbst dorthin getreten hat. Und doch kommt es bei mir nur an zweiter Stelle – ungleich schöner ist der Moment, in dem man erkennt, dass der Torwart ihn nicht mehr erreichen wird. So war es auch an diesem Sonntag, irgendwann in den 90ern, irgendwo auf einem Amateursportplatz:
Während der Torwart sich immer weiter streckte und die Fingerspitzen doch noch irgendwie an den Ball zu bekommen hoffte, verfolgte ich dessen Flugbahn -ich hatte trotz des Gewimmels vor dem Tor nahezu freie Sicht- und wusste kurz vor dem Punkt, an dem der Hüter sie zu kreuzen hoffte, dass er ihn nicht mehr erreichen würde. Ein großartiger Schlusspunkt für eine gelungene Saison.
Wir hatten als Aufsteiger eine hervorragende Runde gespielt, in der zwischenzeitlich der direkte Durchmarsch möglich schien, und beendeten die Spielzeit letztlich auf einem guten sechsten Rang. Ich selbst hatte mich ungewöhnlich torgefährlich gezeigt – meine Platz war im Mittelfeld, irgendwo zwischen den Positionen, die man heute nur noch als “die Sechs” und “die Zehn” bezeichnet. Unser System ließ sich in manchen Spielen mit einer Raute beschreiben, manchmal erinnerte es eher an eine flache Vier – wobei die Variationen gelegentlich der taktischen Formation des Gegners geschuldet waren, zumeist aber das Resultat unseres Bauchgefühls. Irgendwann Mitte der Vorrunde, ich hatte bis dahin 6 Treffer erzielt, ließ ich mich von meinem Trainer zu einer Wette überreden: 15 Treffer bis Saisonende waren nun das Ziel.
Bis zur Winterpause hatte ich deren 9 erreicht, in der Tabelle standen wir knapp hinter dem Relegationsrang. Danach lief das Ganze jedoch deutlich schleppender, die Mannschaft gewann nicht mehr, die Aufstiegseuphorie war verflogen, ich traf das Tor nicht mehr. Wenige Spieltage vor Schluss kamen wir endlich wieder in Tritt, fanden unsere Spielfreude wieder und durften als Schmankerl zum Abschluss noch die Partie gegen den ungeliebten Nachbarn austragen. Auch ich hatte mich wieder gefangen und hielt bei 14 Treffern.
Das Spiel war, obwohl es für beide Mannschaften nur noch um die goldene Ananas ging, eines Lokalderbys würdig. Mit einem kapitalen Bock leitete ich den gegnerischen Führungstreffer ein, wir glichen aus, lagen wieder zurück, glichen erneut aus und steuerten wenige Minuten vor Spielende auf ein gerechtes Unentschieden zu. Ein Eckball wurde von der gegnerischen Abwehr geklärt, landete aber erneut beim Eckenschützen, der es ein weiteres Mal versuchte. Die Flanke schien zunächst den berühmten Tick zu weit von mir entfernt, doch mit der Schuhspitze schaffte ich es, den Ball als nicht sehr kräftigen Aufsetzer in Richtung des Tors zu bugsieren.
Während der Torwart sich immer weiter streckte und die Fingerspitzen doch noch irgendwie an den Ball zu bekommen hoffte, verfolgte ich dessen Flugbahn – ich hatte trotz des Gewimmels vor dem Tor nahezu freie Sicht – und wusste kurz vor dem Punkt, an dem der Hüter sie zu kreuzen hoffte, dass er ihn nicht mehr erreichen würde. Ein großartiger Schlusspunkt für eine gelungene Saison.
Der Ball war recht hoch aufgesprungen und würde sich in Hüfthöhe direkt neben dem Pfosten ins Netz schleppen. Tor Nummer 15. Trainer, ich hab’s Dir doch gesagt!
Unser Mittelstürmer befand sich in der Nähe der Flugbahn des Balles. Wie gesagt, er war Mittelstürmer. Er wollte Tore schießen. Hinterher würde er sagen, dass der Ball aus seinem Blickwinkel an den Pfosten oder gar knapp daneben gegangen wäre. Also sprang er ab, den rechten Fuß voraus, und erreichte den Ball, waagerecht in der Luft liegend, etwa 30 cm vor der Torlinie. In maximaler Rücklage.
Abstoß.
Soviel zu meinen Erfahrungen mit Fußballwetten.