Zaubermaus

Im Februar 1991 feierte Sergio Zárate sein Debüt für den Club und erzielte dabei sogleich sein Premierentor. Ansonsten waren seine ersten Schritte in der Bundesliga mehr oder weniger durchwachsen, ehe er er in seiner zweiten Saison rasch zum Nürnberger Publikumsliebling wurde, das ihn, vermutlich in Anlehnung an seinen heimatlichen Kosenamen “el ratón”, rasch zur Zaubermaus erkor. Damit fand – man möge mich korrigieren, falls es ältere Beispiele gibt –  ein neuer Universalname für kleine, wuslige Dribbler Eingang in das Handbuch für Fußballfans und Sportjournalisten.

Zwar ist mir persönlich in der Bundesliga nur bei zwei drei weiteren Spielern die Verwendung des Namens erinnerlich: Ratinho und Dariusz Wosz (Nr. 3: siehe ganz unten); eine kurze Anfrage bei Google kommt indes zu anderen Ergebnissen: Zaubermaus Bundesliga bringt mehr als 9000 Treffer und führt allein auf den ersten Seiten zu mindestens 10 verschiedenen Zaubermäusen.

Ratinho spielte zu Otto Rehhagels glorreichen Lauterer Zeiten groß auf, vor allem in Liga zwei, aber auch noch in der Meistersaison, und erfreute die Fans mit kreativen Dribblings und Interviews, aus denen insbesondere das Wort “Kokolores” hängen blieb, das ihn Rehhagel gelehrt haben soll. Laut Wikipedia ist er bisweilen noch immer in der Pfalz unterwegs und gibt “Unterricht in Fußball-Sommercamps im Raum Kaiserslautern und Umgebung“.

Dariusz Wosz zauberte in Bochum und, etwas weniger erfolgreich, in Berlin. Unvergessen ist mir ein Spiel geblieben (wenn auch nur aus der Sportschau-Zusammenfassung), in dem er nach deutlichem Rückstand gegen die Bayern aufdrehte und phasenweise ganz allein 70% Ballbesitz zu haben schien – allerdings, wie so oft, wenn Bochum gegen die Münchner spielte und spielt, außer einem Treffer ohne relevanten Erfolg.

Weitere Zaubermäuse heißen beispielsweise Carlos Eduardo, Diego, Lincoln, Marek Penksa, Franck Ribéry, Vicente Sanchez, Andres d’Alessandro oder auch Marko Marin – letzterem hat allerdings Jannik in seinem Blog Entscheidend is auf’m Platz ein wenig Wasser in den Zaubermaus-Wein gekippt:

Kommentator Matthias Stach pries Marin, den Unruhefaktor für gegnerische Abwehrreihen, bei fast jedem Ballkontakt als „Zauberzwerg” an, was erneut die Frage aufwarf, ob es einem 20-jährigen nicht doch irgendwie peinlich ist, die Bezeichnungen „Zauberzwerg” und „Zaubermaus” ganz oben im Spitznamenkatalog zu führen. Irgendwie klingt das so gar nicht nach Bartwuchs, Führerschein und der Befugnis, im Supermarkt nach Vorlage des Personalausweises jedes beliebige Getränk erwerben zu können. Aber bin ich Imageberater?

Womit wir wieder bei den Gemeinsamkeiten fast aller Zaubermäuse wären: dribbeln können sie, häufig sind sie schnell, und nicht selten kaum größer als 1,70m, wenn überhaupt. Weshalb ich mich frage, wie es soweit kommen kann, dass die Cannstatter Kurve in der kommenden Saison wieder einem 1 Meter 85 großen Spieler als “Zaubermaus” huldigen wird:

Alex (sic!) Hleb, Alex Hleb, Alex Alex Hleb,
die Zaubermaus aus Weißrussland, Alex Alex Hleb!

Schön, dass er wieder da ist, und natürlich werde ich mit”singen”. Aber die Euphorie um seine Rückkehr macht mir auch ein wenig Angst. Die Tore sollte dann schon ein anderer schießen. Und als linker Verteidiger taugt er auch nicht.