Die geneigte Leserin wird sich erinnern, dass meine Meinung zur Entscheidung des VfB, auf Sven Ulreich als Stammtorwart zu setzen, ein wenig reserviert ausfiel. Die Gründe sprach ich an der einen oder anderen Stelle an, entschloss mich aber vor einiger Zeit, Ulreich nicht Woche für Woche zum Gegenstand genauerer Betrachtungen zu machen, insbesondere dann, wenn diese negativ ausgefallen wären. Gelegentlich brachte ich zum Ausdruck, dass er in der Tat eine sehr ordentliche Saison spielt und auch einige Großtaten vollbrachte.
Der einzige Kritikpunkt, der in diesem Blog relativ durchgängig laut wurde, ist seine Spieleröffnung. Ich habe, auch das ist regelmäßigen Gästen bekannt, mitunter eine etwas romantische Vorstellung von Fußball. Von einem auf raschen Kombinationen beruhenden Spielaufbau, der gerne beim linken oder rechten Verteidiger beginnen darf.
Die Kritik an der Spieleröffnung ist mittlerweile recht weit verbreitet. Die Stuttgarter Nachrichten haben sie nicht nur vernommen, sondern Ulreich auch damit konfrontiert:
Anstatt deine (sic!) Partie mit prompten Abwürfen oder Abspielen schnell zu machen, wartete Ulreich zuletzt lieber ein bisschen länger. Er schaute auf der Suche nach einer Anspielstation etwas hilflos in der Gegend herum, ehe er sich dann für den sicheren, kurzen Pass zum nächstgelegenen Defensivkollegen entschied. […]
Ulreich hat durchaus Verständnis für die Vorwürfe. „Natürlich möchte ich das Spiel auch lieber schnell machen, aber das geht leider nicht immer”, erklärt er. […] „Bevor ich den Ball überhastet irgendwo in die Pampa haue oder meine Mitspieler unnötig 70 Meter rennen lasse, spiele ich lieber sicher von hinten heraus, und wir bleiben in Ballbesitz.”
Das muss ich noch einmal lesen:
“…spiele ich lieber sicher von hinten heraus, und wir bleiben in Ballbesitz.”
Nun, vielleicht bin ich nicht ganz objektiv an das Spiel gegen Mainz heran gegangen, man ist da ja auch ein wenig Gefangener seiner Vorurteile. Vielleicht habe ich einige wenige lange Bälle einfach zu hoch gewichtet und gedanklich vervielfacht. Die vielen Kurzpässe, die zu einem geordneten Aufbau führten, mag ich indes in meinem Furor übersehen haben. Mal die Matrix fragen.
Von insgesamt 36 Pässen (inkl. Abwürfen) schlug Ulreich 22 in Richtung der gegnerischen Hälfte. 7 davon erreichten einen Mitspieler. 13 wurden von bundesliga.de in die schöne Kategorie “langer Ball ohne Ziel” eingeordnet, 6 weitere laufen unter “Abstoß”.
Nein, ich finde nicht, dass mein Eindruck trog. Ich räume aber ein, dass Ulreich die Bälle in der Tat nur selten überhastet nach vorne, oder eben in die Pampa, schlug. Vielmehr ließ er sich Zeit, wog seine Optionen ab und schlug den Ball dann nach vorne. Manchmal auch in die Pampa.
Vielleicht setzt er schlichtweg die Vorgaben des Trainers um, ich weiß es nicht. In jedem Fall war es von Erfolg gekrönt.