Ich mag Länderspiele. Schon immer. Länderspiele sind Pflichttermine. Und dabei beziehe ich mich nicht auf jenen Pflichtbegriff, den man gerne mal mit Adjektiven wie “lästig” anreichert, sondern bin gedanklich wesentlich näher an einer freiwilligen Selbstverpflichtung, die ich jederzeit wieder unterschreiben würde. Oder anders: ich freue mich auf jedes einzelne Länderspiel. Mein Vater übrigens auch. Und meine Mutter. Wird wohl eine Erziehungssache sein.
Und doch machen mir Länderspielpausen in letzter Zeit arg zu schaffen. Nicht wegen der gerne mal ins Feld geführten fehlenden Struktur, die sonst die Bundesliga dem Wochenende gibt. Ich weiß mich durchaus auch unstrukturiert zu beschäftigen, im Zweifel unterstützt mich die Familie dabei.
Nein, es liegt an einem ganz konkreten der Länderspielpause geschuldeten Verlust: mein Mittwochsquiz fällt aus. Keine Sorge, ich bin mir sehr wohl darüber im Klaren, dass die althergebrachten Mittwochsländerspiele mittlerweile zumeist dienstags stattfinden, der Regeneration wegen. (Wer möchte, darf sich an dieser Stelle einen Satz über die Belastung von Profifußballern denken.) Im Grunde sollte mein mittwöchentlicher Ablauf demnach gar nicht betroffen sein. Ist er aber. Kollateralschaden, wenn man so will.
Der Hintergrund ist ein recht einfacher: Mittwoch ist mein Skytag. Also der Tag in der Woche, an dem ich mich in aller Regel, Champions-League-Ansetzungen unterstellt, den Segnungen des Bezahlfernsehens hingebe. Mit meinen Fußballfreunden, Sie erinnern sich. Meist kommen wir kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit beim Gastwirt unseres Vertrauens an, der im Normalfall alles vorbereitet hat, sodass wir erst noch ein wenig Fußball schauen können, ehe wir uns dem eigentlichen Zweck widmen können: dem Pub-Quiz.
Geübte Pub-Quiz-Gängerinnen und -Gänger werden an dieser Stelle womöglich eine etwas irreführende Vorstellung solchen Tuns haben. Es ist mitnichten so, dass jemand eine Reihe von Fragen vorbereitet hat, die sich um Gott und die Welt oder auch nur um ein bestimmtes Thema (Fußball böte sich an) drehen, die wir dann einzeln oder in Gruppen zu beantworten versuchen, wie dies gelegentlich auch bei Twitterstammtischen in Köln oder Berlin versucht wird – und diplomatische Verwicklungen hervorruft.
Unser Quiz ist anders. Es besteht aus einer einzigen Frage:
Wer ist der vierte Mann?
Was tatsächlich insofern ein wenig in die Irre führt, als es sich in Einzelfällen auch um eine Frau handelt, die dann allerdings nicht die vierte ist, sondern die einzige. Und da ich mich tatsächlich nur an eine einzige erste Frau erinnern kann, erlaube ich mir, der eingängigeren Formulierung und der populären Referenz wegen beim »vierten Mann« zu bleiben.
Wer also ist jeweils der vierte Mann? Wer ist jene Person, die der Kamera in aller Regel den Rücken zudreht, zudrehen muss, weil es sich an einem runden Tisch, dessen Gesamtsicht zumeist aus einer Standardposition erfasst wird, schlichtweg nicht zu vermeiden ist, dass ein Beteiligter hauptsächlich von hinten zu sehen ist? Jene Person zudem, die dummerweise – was an unserem Timing liegen mag – zunächst einmal zehn Minuten lang nicht nach ihrer Meinung gefragt wird, sodass die Regie wenig Veranlassung verspürt, sie auch mal von vorn zu zeigen, geschweige denn, sie mit einer namenstragenden Bauchbinde zu versehen?
Was dann wiederum insofern recht egal ist, als wir – was an unserer Ignoranz liegen dürfte – die Leute, wenn sie dann im Bild sind, auch nicht kennen. Nicht einmal den schriftlich so geschätzten Ronald Reng, als er im Herbst zu Gast war, geschweige denn einen Mann mit niederländisch klingendem Namen (nein, ich meine nicht den Herrn, der aus welchen Gründen auch immer an einer Taktiktafel platziert wurde), der wohl für den Kicker arbeitet, und auch nicht die junge Dame, die kürzlich die Runde bereichern sollte.
Im letztgenannten Fall griffen wir dann zum letzten Mittel: einem Tweet. Der erwartungsgemäß sehr rasch die gesuchte Antwort hervorrief:
Eine Reihe weiterer, nicht in jedem Fall schmeichelhafter Antworten informierte noch etwas genauer, was insofern nur bedingt half, als ich vermutlich der einzige in meiner Gruppe war, der Frau Gilberts Namen schon einmal gehört hatte und ihre Position kannte – ein “Ach so, die!” war zumindest nicht zu vernehmen.
Wie auch immer: ein Muster scheint erkennbar, dem zufolge es sich meist um Vertreter der schreibenden Zunft handelt, die besser informierte Zeitgenossinnen und Zeitgenossen vermutlich auch von hinten erkennen würden.
Wir nicht. Was unserem Quiz bestimmt gut tut. So werden wir auch weiterhin Champions-League-Woche für Champions-League-Woche rätseln und – wohl wissend, dass wir in der Regel scheitern – darauf hoffen, dass der vierte Mann oder die erste Frau mal von vorne gezeigt wird – die nächste Getränkelieferung kommt bestimmt.
Wäre je noch schöner, wenn die Expertinnen und Experten während der Werbepausen oder gar dann mit Getränken versorgt würden, wenn Fußball kommt. Da hat man keine Zeit für sowas. Zumal man dann ja die jungen Damen in ihren kurzen, engen Kleidchen (wofür werben die eigentlich genau?) nicht mehr im Bild hätte. Und das kann ja nun wirklich nicht im Sinn der Zuschauer sein. Fußball ohne junge Dinger, im Bezahlfernsehen, geht’s noch?
Nächste Woche ist es wieder so weit. Länderspielpause go home!
(Echtzeitinformationen über den vierten Mann werden gerne entgegengenommen. Twitter als Wettbewerbsvorteil.)