Ein stolzes eins zu acht zur Pause

Irgendwann war ich mal ein ganz passabler Fußballspieler. Nicht der Allerschnellste, aber läuferisch auf der Höhe, nicht übertrieben torgefährlich, aber mit einem ordentlichen Auge für den Mitspieler, nicht sonderlich zweikampfstark, aber taktisch ganz gut geschult, kein Dribbelkönig, aber mit dem Ball am Fuß doch ganz behänd.

Allerdings besteht ja manchmal die Schwierigkeit, den Ball erst einmal an den Fuß zu bekommen. Durch einen gewonnen Zweikampf (gelegentlich), geschicktes Stellungsspiel (schon eher), oder eben auf Zuspiel eines Mitspielers (relativ häufig, positionsbedingt).

Nun sind diese Zuspiele der Mitspieler ja häufig von unterschiedlicher Qualität. Der eine spielt stets wunderbar in den Fuß, der andere bewusst oder unbewusst immer in den nicht zwingend dorthin geplanten Lauf, und noch ein anderer spielt einen grundsätzlich irgendwo zwischen Hüft- und Brusthöhe und ein bis zwei Meter seitlich versetzt an, gerne scharf.

Wer dann, wie ich, kein Bewegungstalent vor dem Herrn ist und nicht recht weiß, wie er den Ball am besten verletzungs- und flipperfrei verarbeiten soll, kommt möglicherweise im Lauf der Zeit auf den Gedanken, solche Zuspiele konsequent direkt weiterzuleiten, anstatt sich an einer nicht ganz trivialen Ballannahme zu versuchen. Das Blamagerisiko ist wesentlich geringer (schließlich kann sowas schon mal daneben gehen, Hochgeschwindigkeitsfußball und so), und mit etwas Glück kann man sich einen Ruf als vorausschauender One-Touch-Footballer erarbeiten, weil die Abwehrspieler in den unteren Ligen ja tatsächlich nur bedingt damit rechnen.

Manchmal glaube ich, dass sich Martin Harnik meine Strategie abgeschaut hat. Häufig finde ich es auch richtig gut, dass er den halbhohen Ball direkt weiterleitet, gerne in den Lauf eines Mitspielers (oder auch seinen eigenen, wenn niemand ihn will oder Ibisevic drüberspringt). Manchmal würde ich mir indes wünschen, er nähme ihn einfach an, beruhige den in hoffnungsloser Unterzahl angegangenen Angriff und ermögliche einen geordneten Neuaufbau, gerade in Phasen, wie sie gegen Nürnberg mindestens 45 Minuten lang andauerte, in denen es nicht gelingt, das hohe Tempo des Gegners ein wenig herauszunehmen. (Und nein, ich spreche nicht davon, vom gegnerischen Strafraum aus über William Kvist den eigenen Torhüter mit ins Spiel einzubeziehen.) Aber wie gesagt: Ballkontrolle und Blamagerisiko liegen mitunter nahe beieinander.

Wäre es jetzt billig, darauf hinzuweisen, dass auch das Blamagerisiko eines Trainers recht hoch ist, der nach einer furchtbar schlechten Partie gegen einen an der Grenze zum Abstiegskampf wandelnden Gegner davon spricht, wie stolz er auf den Auftritt seiner Mannschaft sei? Einer Mannschaft, die mit 1:8 Ecken in die Pause ging, die nach 3 Minuten zwei Großchancen nur mit viel Glück überstanden hatte, die diesem – zweifellos engagierten und auch gut spielenden – Gegner in fast (Sie wissen schon … das Toreschießen) allen Belangen unterlegen war, ohne den Anschein zu erwecken, sich dessen bewusst zu sein und es ändern zu wollen.

Warum muss diese Mannschaft bis zur 46. Minute warten, ehe der Trainer  die überfällige Änderung im Sturm vornimmt, bis zur 60. Minute, ehe er nominell etwas ändert, um die Offensive ein wenig zu stärken, und warum wartet sie noch immer auf die Auswechslung des völlig indisponierten Arthur Boka, der nicht nur gegen Timothy Chandler (zumindest weiß ich nun aus eigener Anschauung, weshalb der VfB sein Interesse an ihm bekundet hat) konsequent den kürzeren zog, sondern sich durch absurde Dribblings wiederholt selbst in Situationen brachte, in denen er seine Überforderung zur Schau stellen konnte.

Natürlich war die zweite Halbzeit besser, natürlich fand man zu einer gewissen Ordnung, zumal der Gast sein hohen Tempo unmöglich aufrecht erhalten konnte, und natürlich war das 1:0 ein wahrhaft schön herausgespielter Treffer. Ganz zu schweigen davon, dass Sven Ulreich eine Ecke an der Grenze des Fünfmeterraums herunterpflückte und dass 14 Ecken noch vor wenigen Wochen annähernd so viele Gegentore bedeutet hätten. Wenn das der Anspruch ist.

Was ich noch fragen wollte:

Warum darf Daniel Didavi keine Ecken und Freistöße schießen? (Ok, vermutlich weil die von Adam Hlousek auch nicht schlecht sind.)

War Herr Dingert schon immer so ein Wichtigtuer?

Welches Ansinnen ist stärker zu gewichten: das der einen Mannschaft, einen Spielerwechsel vorzunehmen, oder das der anderen, einen kurzzeitig unterbrochenen Konter mit einem raschen Einwurf fortzusetzen? Vermutlich ersteres, was ich für diskutabel halte.