Zu den Dingen, die man hier eher selten findet, zählt das, was gemeinhin Stöckchen genannt wird, also einen Fragebogen, der von verschiedenen Blogautorinnen und Blogautoren ausgefüllt wird. Möglicherweise fand bis dato noch gar keines den Weg in dieses Blog, aber ich würde es nicht beschwören wollen.
Der Grund dafür könnte darin bestehen, dass mir niemand Stöckchen zuwirft. Oder dass ich mir nicht so viel aus solchen Aktionen mache. Was sich leicht unter Verweis auf mein mehrfaches Ausfüllen des 11Freunde-Blogger-Fragebogens, so man dieses nicht unter Narzissmus und Eitelkeit ablegen möchte, widerlegen lässt. Und mit meiner Freude am Lesen Proust’scher Fragebögen.
Worauf man wiederum entgegnen könnte, dass Lesen und Ausfüllen etwa so viel gemein haben wie das Lesen und das Schreiben von Büchern. Ersteres nimmt einen beträchtlichen Teil meiner Zeit in Anspruch, Letzteres überfordert mich. Wie die geneigte Leserin gerade erahnen mag, überfordert mich tendenziell auch das Beantworten eines Stöckchens.
Ach komm, geh wech, hatte ich gesagt, womöglich etwas voreilig, als ich erstmals über das hier umschwurbelte Stöckchen gestolpert war.
Dem nachfolgenden Donnerhallen wagte ich mich dann nicht mehr zu widersetzen. (Einzelne Leser (sic!, ohne -innen) mögen an dieser Stelle eine Damoklesaxt vor Augen haben.)
[Nachtrag, 3.11.: Möglicherweise hätte ich explizit darauf hinweisen sollen, dass genau hier ein Perspektivwechsel stattfindet. Vom Blogbetreiber @heinzkamke zur literarischen Figur Heini Kamke. Verschiedene Reaktionen legen nahe, dass dieser Wechsel nicht selbsterklärend ist.]
20 Dinge über mich
- Ich bin zu nicht viel anderem nütze als zum Fußball. Alles, was ich sonst anfasse, wird nichts. Ein Armutszeugnis, nicht wahr? Ist aber so. Selbst mein Vater bestärkt mich – auch das ist nicht im engeren Sinne schmeichelhaft – in dieser Einschätzung. Immerhin: ich habe es eingesehen. Und spiele in letzter Zeit häufiger mit dem Gedanken, mein Geld damit zu verdienen. Darüber schreibend. Ist bestimmt besser als so ein Versicherungsjob.
- Die Helden meiner Jugend hießen Tazio Nuvolari, Louis Chiron und Raimondo Orsi. Aus Motorsport mache ich mir seit einer schicksalhaften Begegnung mit einem Lastwagen-Anhänger nicht mehr viel, beim Fußball bin ich geblieben.
- Mein Elternhaus ist nicht sehr wohlhabend. Meine Mutter machte bei Professor Gerlach sauber, auch um mir neben dem einen paar Straßenschuhe noch das Luxusgut “Fußballschuhe” bieten zu können. Waren die Straßenschuhe kaputt, musste ich warten, bis mein Vater Zeit hatte, sie zu flicken oder neu zu besohlen. Mangels Alternativen ging ich einmal mit dem Luxusgut zur Schule. Kam nicht gut an.
- Es liegt auf der Hand, dass ich auch kein Taschengeld bekam. Aber ich fand Mittel und Wege, mir das Geld für die wirklich wichtigen Dinge zu verdienen. Outfit und so. Auch wenn sie mir manchmal peinlich waren. Die Mittel und Wege, meine ich. Das so verdiente Outfit nicht.
- Anders als mein Papa bin ich eine handwerkliche Niete. Wenn ich ihm dereinst bei häuslichen Arbeiten zur Hand gehen sollte, optimierten wir die Aufgabenverteilung dahingehend, dass er arbeitete und ich ihm dabei aus der Zeitung vorlas.
- Ich bin nicht nachtragend. So gar nicht. Der Wallner aus Pankow ist mein Zeuge. Donnerwetter!
- Mein bester Freund heißt Matze. Wir verstehen uns, wie sich das für beste Freunde gehört, meist ohne Worte. Und ähneln uns irgendwie. In der Schule nannte man uns die beiden Kleinen. Wie Hanne Berndt und Otto Sienholz sehen wir eher nicht aus.
- In Wahrheit heißt Matze Fritz. Und ich Heinz. Die sagen aber alle Heini zu mir.
- Mein Magen funktioniert wie ein Uhrwerk. Wenn es darauf ankommt, wird mir nach genau einer Stunde flau und ich muss ein bisschen an die frische Luft gehen.
- Einst war ich der ungekrönte Baumkletterkönig unserer Straße. Die große Linde am S-Bahnzaun bezwang ich als einziger in einem halbstündigen Aufstieg. Beim Abstieg musste allerdings eine fasst neue Hose daran glauben, was meine Mama körperlich sanktionierte. Tja, so war das damals.
- In kritischen Situationen, so sagt man mir nach, bin ich mitunter für ein kühnes und geniales Umgehungsmanöver gut. Na ja, eigentlich stammt die Umschreibung von mir selbst, ein Geschichtsbuch zitierend. Aber es war, in aller Bescheidenheit, schon kühn und genial, wie wir diese Spandauer Sache geregelt bekamen, als wir uns endlich vom Joch der Obrigkeit befreit hatten.
- Die einzige Sportart (Klettern habe ich aufgegeben), für die ich ein gewisses Talent mitbringe, ist Fußball. Am Barren versage ich auf ganzer Linie und am Reck bekomme ich nicht einmal eine einfache Bauchwelle hin. Und beim Tennis tauge ich bestenfalls zum Balljungen. Immerhin: Für Herrn Direktor Marquardt finde ich auch die unmöglichen Bälle wieder.
- Eine meiner leichteren Übungen besteht darin, mich unter schwierigsten Bedingungen umzuziehen. So erinnere ich mich an eine hernach als “Sensationsfahrt” titulierte Taxifahrt von Wilmersdorf nach Spandau, in deren Verlauf sich vier junge Männer, die sich das Taxi mit zwei Erwachsenen und einem weiteren jungen Mann teilten, von Kopf bis Fuß umzogen.
- Ich habe ein Faible für die eher klassischen Wahrzeichen unserer Hauptstadt. Wer braucht schon den Funkturm, die Hochhäuser oder die Untergrundbahn, wenn er sich jenes kleinen Stückchens Alt-Berlin erfreuen kann, das noch vom vorvergangenen Jahrhundert erzählt, der Nikolai-Kirche oder, natürlich, der Museumsinsel?
- Auch mein persönlicher Wertekanon ist eher klassisch ausgeprägt. Kameradschaft zählt dazu, Verlässlichkeit sowieso, Sportsgeist natürlich, wie die Pfalzburger vermutlich bestätigen werden, auch wenn es ein Weilchen dauerte, bis ich ein mit der Hand erzieltes Tor gerade noch zu deren Gunsten ungeschehen machte. Und dass man für seine Überzeugungen eintritt, gegenüber Vorgesetzten bis hin zu Schulrektoren – selbst wenn man Letzteren sagen muss, dass der Schulrat von manchen Themen keine Ahnung hat.
- Manchmal singe ich lange und laut. Am liebsten Lieder, die sich endlos wiederholen lassen. Auf dem Tisch stehend. Wir haben die Ehr gerettet!
- Konflikte machen mir zu schaffen. Insbesondere dann, wenn sie dem Erreichen gemeinsamer Ziele im Wege zu stehen drohen. In der Regel bemühe ich mich dann, alle Beteiligten an einen Tisch zu bringen. Was nicht immer hilft, vor allem, wenn man selbst mittendrin steckt.
- Gelegentlich vergesse ich Verabredungen. Komplett. Mit etwas Glück habe ich dann den Ausredenkoffer dabei.
- In der Druckbranche habe ich mir eine gewisse Bekanntheit erarbeitet. Zack, zack, sozusagen. Wer aus der Branche kommt, wird vielleicht wissen, wovon ich rede. Und zur Bierflasche greifen.
- Wenn ich mal für eine Weile untertauche, dann habe ich meine Gründe. Können Sie mir glauben. Mussten meine Freunde aber auch erst lernen.
Im Übrigen bin ich der Meinung, dass die Identität des Torschützen gegen Nord-Ost ein Geheimnis bleiben soll.
* Mit bestem Dank an Sammy Drechsel.
Und der Bitte um Nachsicht.