Ich hätte mir gewünscht, dass das Spiel 7:1 ausgeht, meinetwegen auch 7:3. Dass die Bayern es konsequent und konzentriert zu Ende spielen. Oder dass sie zumindest das 5:1 so verwalten, wie sie es früher mal konnten taten. Dann müssten wir uns jetzt, oder morgen, oder in der ganzen Winterpause, nicht anhören, dass man ja auf dieser zweiten Halbzeit aufbauen könne, die der VfB schließlich mit 3:2 für sich entschieden habe. Zumal in dieser zweiten Hälfte ja auch mitunter richtig schöne Kombinationen zu sehen gewesen seien, die teilweise gar zu Toren geführt hätten. Stimmt. Gegen einen Gast, der das Spiel längst abgehakt hatte, der nur noch Dienst nach Vorschrift leistete und bei dem lediglich der eine oder andere darauf hoffte, irgendwann mit überschaubarem Aufwand zu einem Treffer zu kommen. Ja, da kann man schon mal zaubern.
Gezaubert hatte auch Bruno Labbadia. Aus dem Hut kam Rechtsverteidiger Ermin Bicakcic, den ich bisher immer als Innenverteidiger gesehen hatte – zuletzt am Donnerstag gegen Odense, wo er einen guten, bissigen, engagierten Eindruck hinterließ. Das hatte wohl auch Labbadia so gesehen und hielt es daher für eine gute Idee, Bicakcic bei seinem Bundesligadebüt auf – soweit ich weiß – ungewohnter Position gegen Franck Ribéry antreten zu lassen. Hätte gut gehen können. Ging nicht gut. Was nicht nur beim 0:1 deutlich wurde, sondern auch bei einigen weiteren Situationen, insbesondere zu Beginn der zweiten Hälfte, als er, offensichtlich zutiefst verunsichert, verheerende Mängel im Stellungsspiel offenbarte. Er ist jung, er darf Fehler machen. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass der Trainer ihn nicht bis zur 60. Minute leiden lässt. Unter seiner (des Trainers) eigenen Fehleinschätzung.
Natürlich dürfen nicht nur junge Spieler Fehler begehen. Selbst Kapitäne dürfen das. Dennoch irritiert es, wie billig sich Matthieu Delpierre von Mario Gomez abkochen ließ. Oder wie unbehelligt Ribéry Anlauf nehmen konnte vor dem 0:3, über dessen Haltbarkeit es unterschiedliche Meinungen gibt. Anders als beim 1:4. Das 1:5 war Slapstick. Oh, da stand ja mittlerweile eine 1 beim Gastgeber. Harnik hatte getroffen. Vielleicht sollte man das Video von diesem Tor gelegentlich Sven Ulreich vorführen, schließlich hatte sein erster Abwurf der Saison (nach etwa 280 mit dem Fuß geschlagenen langen Bällen) einen beispielhaften Angriff eingeleitet, den Cacau mit schönem Zuspiel (!) und Pogrebnyak mit dem rechten Fuß (!) zum Torschützen Martin Harnik trugen. Später traf Harnik noch einmal, danach Gentner. Vielleicht führt dieses Spiel ja wenigstens dazu, dass Harnik nach seiner erneut effektiven Vorstellung künftig mehr Einsatzzeiten bekommt.
Positiv war auch der Einstieg in die Partie. Zwar habe ich ihn nicht ganz so stark gesehen wie Bruno Labbadia; bis zum Rückstand sagte mir die disziplinierte Defensivleistung gleichwohl zu. Laufbereitschaft, Engagement und eine Einsatzfreude, die bisweilen die Grenzen des Erlaubten austestete, ließen hoffen, dass der Trainer die passende Ansprache gefunden bzw. die viel zitierten richtigen Knöpfe gedrückt hatte. 3 Tore später war die Zuversicht diesbezüglich etwas geringer, individuelle Fehler hin, Einzelkönner wie Gomez oder Ribéry her.
Zu den Fanprotesten, die gerade die Nachrichten bestimmen, kann ich nichts sagen, da ich das Stadion entgegen meiner Gewohnheit unmittelbar nach dem Schlusspfiff verließ und dabei die berühmten drei Affen imitierte. Bei Sport im Dritten erfuhr ich, dass Erwin Staudt versucht habe, die richtigen Worte an die Protestierenden zu richten, was aber nicht gelungen sei. Möglicherweise war er auch irritiert ob der Kritik am Vorstand, da die Verantwortung für die sportlichen Leistungen doch bekanntlich beim Übungsleiter liege.
Abschließend sei der Hinweis erlaubt, dass es auch eine Leistung ist, gegen diese Stuttgarter Mannschaft drei Tore zu kassieren. Wäre schön, wenn die Bayern sie am Mittwoch noch einmal erbringen könnten. Was noch nichts über den Sieger besagen würde.