… ich will lieber einen Mann?

Seit einigen Jahren, mittlerweile könnte man wohl auch von vielen sprechen, verzichte ich in der Fastenzeit auf Schokolade. Nach anfänglichem Selbstbetrug, nicht zuletzt dergestalt, dass die sonntägliche Nutellaschrippe keinen Schokoladenkonsum darstelle (ja, ich weiß, dass die Sonntage im Grunde ohnehin ausgenommen sind – ist mir aber egal) bin ich dabei seit geraumer Zeit ziemlich konsequent.

Weshalb ich überhaupt faste, weiß ich gar nicht so genau. Der Gewichtsverslust ist minimal (der Tropfen auf den heißen Stein, quasi), die religiöse Komponente zwar vorhanden, aber auch nicht sonderlich ausgeprägt. Letztlich ist es vermutlich der Verzichtsgedanke, der einen gewissen Reiz auf mich ausübt: mit einer gewissen Regelmäßigkeit spiele ich auch mit dem Gedanken, mich beim Medienkonsum einzuschränken, was wohl in erster Linie daran scheitert, dass eine strenge Anwendung faktisch unmöglich ist, allein schon aus beruflichen Gründen, und ich einem demnach nur halbherzigen Verzicht nicht sonderlich viel abgewinnen kann.

In der Tat bedeutet der komplette Verzicht auf Schokolade eine nennenswerte Beschneidung meiner Essgewohnheiten, und ja, er schmerzt. Ein wenig. Am Anfang. Binnen weniger Tage pendelt sich das alles ganz gut ein, mein Obstkonsum nimmt zu, ein wenig auch der von weniger gesunden Substituten, doch störende und für mich als solche wahrnehmbare Entzugserscheinungen treten nicht auf. Im Lauf der gut sechs Wochen keimt dann früher oder später der Gedanke, dass es im Grunde ja auch ganz ohne ginge.

Dumm nur, dass man zu Ostern stets mit Schokolade überhäuft wird, die zurückzuweisen weder freundlich noch wohlerzogen wirkte. Also beiße ich in den süßsauren Apfelhasen und zwinge meinen Körper, sich langsam wieder an die Schokolade zu gewöhnen. Was ich im Übrigen ernst meine. Es ist keineswegs so, dass das erste Stückchen Schokolade eines ist, auf das ich hinfiebere wie ein Verdurstender auf einen Schluck Wasser (wohl wissend, dass ich mir nicht einmal ansatzweise vorstellen kann, wie viel einem vom Verdursten Bedrohten ein Schluck Wasser bedeutet) oder das ich über die Maßen genießen kann – vielmehr ist es tatsächlich eine sachte, zurückhaltende Wiederannäherung, die sich über einige Tage hinzieht, die vielleicht auch noch ein paar Wochen lang einen etwas geringeren Durchschnittskonsum mit sich bringt, ehe dann spätestens zu Pfingsten wieder alles beim Alten ist.

Fußballmäßig befinde ich mich derzeit in der Im-Grunde-ginge-es-ja-auch-ganz-ohne-Phase. Vielleicht nicht ohne Fußball, aber doch ohne den VfB, ohne das Fiebern, das Leiden, das seltene Jubeln. Braucht doch niemand. Ging ja in der gut einwöchigen urlaubsbedingten Abstinenz auch ganz gut. Nachdem ich vom Bremenspiel sehr wenig und viel zu viel gesehen hatte, fiel Genk komplett aus (in der Tat sah ich bis heute nicht eine einzige Szene) und beschränken sich meine Eindrücke vom Gastspiel in Sinsheim auf Ulreichs Abwehraktion gegen Joselu (ca. fünfmal), die Abschlussflanke von eben jenem inklusive Usamis missglückter Flugeinlage (ca. dreimal) und einer Version von Traorés Flanke vor dem 0:1. Sport im Dritten musste ohne einen Anflug von Bedauern Downton Abbey den Vortritt lassen, und mein Interesse an Online-Spielberichten tendiert gegen Null.

Tendierte, muss ich allerdings fast schon sagen. Was nicht an den üblichen nachfastenzeitlichen Abläufen liegt, sondern schlichtweg daran, dass ich heute erstmals explizit auf die Tabellensituation aufmerksam gemacht wurde: 12 Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz stehen nur 9 Zähler Rückstand auf den Königsklassenkualifikationskonkurrenten gegenüber! (Ok, sagen wir 10, die Tordifferenz ist gar nicht mal so berauschend.) Und wenn jemand Rückrunde kann, dann ja wohl der VfB! Spätestens am Wochenende ist Fastenbrechen! (Und noch ehe der Hahn kräht, werde ich Bruno Labbadia dreimal gelobt haben. Und bitterlich weinen.)

Jetzt hab ich mich ein bisschen vergaloppiert. Dabei wollte ich doch noch sagen, dass in den nächsten Tagen nicht mit einer Auferstehung zu rechnen sei. Auch nicht mit einer Kreuzigung. Vielleicht aber mit schokoladenentzugsinduziertem Unsinn.