Seit knapp zwei Wochen macht die Bundesliga Pause. Jahresrückblicke gab es zuhauf, im Deutschen Sportfernsehen laufen vermutlich die Bundesliga Classics rauf und runter, irgendwo gibt es Hallenturniere und demnächst wohl auch Fußball unter Palmen zu sehen. Interessiert mich nicht.
Also scheint es an der Zeit, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen. Inne zu halten. In sich zu gehen. Zu sinnieren. Über das Leben im Allgemeinen und den Fußball im Besonderen. Wir mögen uns irgendwie, der Fußball und ich. Behaupte ich mal. Wobei ich nicht meine Beziehung zum Spielgerät meine, das ich gerne zum Freund hätte, das aber, realistisch betrachtet, bestenfalls als halbwegs guter Bekannter gelten kann. Was die Sportart anbelangt, bin ich ganz guter Dinge, durchaus von gegenseitiger Zuneigung sprechen zu dürfen – weshalb sonst hätte sie mir in all den Jahren so viel gegeben?
Meine eigene Liebe zu diesem Sport darf als gegeben vorausgesetzt werden. Durfte, zumindest. In letzter Zeit fiel mir nämlich auf, dass da irgendetwas fehlt in unserer Beziehung. Etwas, das das Verhältnis anderer Menschen zum Fußball, die Liebe zu “ihrem” Verein, ihre Meinung zu anderen Vereinen und ihren Umgang mit deren Anhängern zu beeinflussen scheint, vielleicht auch zu prägen. Möglicherweise würde es auch meiner persönlichen Fußballwelt noch einmal einen besonderen Kick verpassen, ihr das gewisse Etwas verleihen, meine fußballerischen Empfindungen auf ein ungeahntes Niveau heben. Aber man kann sowas ja auch nicht erzwingen. Woher soll man es plötzlich nehmen, wenn es einem nicht gegeben ist?
Ich habe keinen Hass.
Selbstverständlich gibt es in meinem persönlichen oder beruflichen Umfeld Leute, die ich nicht besonders mag, Menschen, die regelmäßig zur Weißglut bringen, oder auch – eher außerhalb meines unmittelbaren Umfelds – Personen, deren Handeln ich rundweg verurteile oder gar verabscheue. Aber ich empfinde es als Gnade, niemanden hassen zu müssen. Weil ich befürchte, dass es für Hass einer Vorgeschichte bedürfte, die ich nicht erleben möchte. Ich weiß nicht, was ich empfände, wenn jemand die Gesundheit, das Leben, vielleicht auch nur die finanzielle Existenz eines mir nahe stehenden Menschen bedrohen, gefährden oder eben zerstören würde. Hass erscheint mir als denkbare, vielleicht als die wahrscheinlichste Option. Wie gesagt: ich bin dankbar, dass ich von derlei Erfahrungen und Empfindungen bisher verschont geblieben bin. Ich hasse niemanden.
Und ganz gewiss hasse ich keinen Fußballverein. Oder eine Gruppe von Menschen, weil sie eine bestimmte Fußballmannschaft gut findet. Unterstützt. Meinetwegen fanatisch unterstützt. Das passt nicht in mein Weltbild. Sprüche wie “Tod und Hass dem [Vereinskürzel einsetzen]” sind mir nicht nur fremd, sie irritieren mich vielmehr, und wenn ich ganz ehrlich bin, widern sie mich an.
Mag sein, dass ich Fußball nicht mit dem nötigen Ernst betrachte. Dass ich mich zu sehr an anderen, sportfremden (ähem), verweichlichten Kriterien orientiere. Bin ja ohnehin ein Weichei. Tue mich schwer damit, den Schiedsrichter mehr als zweimal pro Saison mit Schimpfwörtern zu versehen, die über das erst kürzlich wieder platzierte “Schiri, Du [kurze Pause] Depp!” hinausgehen. Halte auch abseits der Frage nach Hass oder nicht Hass wenig von Beschimpfungen des Gegners, insbesondere dann, wenn sie nicht einmal einen Hauch von Kreativität enthalten. Oder ist mir die bei “Hamburger Arschlöcher” oder “Scheiß-Berliner, Scheiß-Berliner, hey, hey” bis dato einfach entgangen? Aber das soll jeder für sich beurteilen und entsprechend handhaben. Wir sprechen von Fußballstadien, von Volkes Stimme, von Emotionen – eine Goldwaage ist da gewiss fehl am Platz. Im Stadion. Kurz vor dem Spiel. Kurz nach dem Spiel. Und auch die alte Frage, wieso Anhänger eines Bundesligisten (Beispiel: VfB Stuttgart) Spiel für Spiel einem bestenfalls mittelmäßigen Zweitligisten (Beispiel: Karlsruher SC) Aufmerksamkeit schenken und sich gesanglich an ihm abarbeiten, will ich nicht vertiefen. Vermutlich vertrete ich eine Minderheitenmeinung. Und kann gut damit leben.
Beim Hass sehe ich das ein wenig anders. Da kann ich mich mit einem “gehört halt dazu” nicht arrangieren. Hass hat nichts mit einem Fußballspiel zu tun. Hat dort nichts verloren. Selbst dann, wenn ich auf den vielleicht etwas pathetischen Schwenk zur “Sportsmanship” verzichtete.
Ich bin mit meiner Beziehung zum Fußball dann doch ganz zufrieden.