Tja. War doch eigentlich ein schöner Gedanke gewesen, erst einmal Herrn @yellowled zu zitieren:
Und dann würde ich fragen, ob es denn einen Wert an sich darstelle, alle zu verarschen, wo’s doch eigentlich nur darum geht, ein oder mehr Tore mehr zu schießen als die anderen. Ich würde hinzufügen, mir sei klar, dass der geschätzte Herr @yellowled das auch gar nicht behauptet habe, es aber doch irgendwie mitschwinge, und man sich dann eben an dunkle Zeiten erinnere, in denen man das Gefühl gehabt habe, auch der derzeitige hiesige Bundestrainer sehe eine, wenn nicht die zentrale Herausforderung darin, die heimische Presse und vielleicht en passant auch den Gegner mit der eigenen Aufstellung zu überraschen.
Möglicherweise würde ich einen Schlenker zur Lichtgestalt fahren und auf 1990 verweise, als im Halbfinale gegen England die beiden Kleinen hineinrotierten – ohne dass man damals schon von einer Rotation gesprochen hätte –, von denen einer ungeachtet des Erfolges dann auch wieder hinausrutschte. Vermutlich ginge ich dann zu jenem Aspekt über, dass die Verarsche nicht auf die Aufstellung per se beschränkt sei, sondern auch in individuellen Rollen bestehen könne, die so aus der Aufstellung gar nicht herauszulesen seien. Man denke an Hidegkuti, damals, dessen wahre Position der Legende zufolge nur der große Herberger entschlüsselte, oder an Kroos, der bei der EM 2012 überraschend als Manndecker für Pirlo auflief.
Und dann, so der Gedanke, würde ich direkt zu Veh überleiten, der ja gegen Augsburg ebenfalls ins Klo griff mit der einen oder anderen Überraschung aufwartete. Verzeihung, ins Klo griff er nicht, das ließ sich ja, im Gegenteil, ganz anständig an, auch wenn Ginczek noch nicht allzu viel Gefahr verströmte, auch wenn Hlousek die linke Seite nicht gleich zum Bollwerk machte, Leitner das Offensivspiel nicht revolutionierte und Schwaab einfach nur so spielte wie ein Innenverteidiger war, der außen spielen muss. Dennoch: war ok. Und lief dann halt doch so ganz anders, nachdem die Herren Schwaab, Altintop und Kinhöfer in einem unglücklichen Gemeinschaftswerk nachgerade zinnbaueresk all unsere Erwartungen und Eindrücke komplett über den Haufen geschmissen hatten.
Irgendwie würde ich dann noch einbauen, dass es auch Mannschaften gab und vermutlich immer noch gibt, die einfach qua Qualität, System, Stabilität, Taktik und/oder sonst was ihre Gegner jederzeit in Schach halten, dominieren, zumindest aber schlagen, auch ohne Aufstellungsverarsche. Einschränkend würde ich auf den aktuellen FC Bayern verweisen, der sein Gegenüber trotz ohnehin in vielerlei Hinsicht gegebener Überlegenheit immer wieder aufs Neue zu überraschen versteht, indem er entscheidende Nuancen verändert, wenn man dem über die Maßen begeisterten Philippe Auclair im jüngsten Football-Weekly-Podcast Glauben schenken darf, und welchen Grund hätte ich, der ich das Spiel in Manchester nicht sah, an seinen Worten zu zweifeln?
All das hätte ich also vielleicht geschrieben, wiewohl ohne den Champions-League-Schlenker, der eine Zeitreise erfordert hätte, wenn nicht, ja wenn nicht Armin Veh noch eine weitere Überraschung aus dem Hut gezaubert hätte, die Joe Zinnbauer dann doch vergleichsweise vorhersehbar aussehen ließ. Gewiss, ich höre Euch, die Ihr mir sagt, dass das doch sehr wohl zu Vehs früheren Abgängen passe, unter Verweis auf Rostock, den HSV, die Frankfurter Eintracht, wenn auch in den letztgenannten Fällen weniger abrupt, und überhaupt und sowieso, aber Hand aufs Herz: jedem, der mir glaubwürdig versichern kann, zum jetzigen Zeitpunkt mit Vehs Rücktritt gerechnet zu haben, gebe ich bei nächster Gelegenheit eine Stadionwurst inklusive Kaltgetränk aus. Geschlechtsunabhängig, übrigens.
Dass ich Vehs Rücktritt bedaure, dürften regelmäßige Mitlesende erahnen, oder Menschen, die noch vor zehn Tagen meine Widerrede erlebten, als eine Freundin die klare Meinung vertrat, der Trainer müsse weg. Noch dazu eine Freundin, die sonst nicht für derlei Forderungen bekannt ist, aber das nur nebenbei.
Gleichzeitig ist klar, dass mein Bedauern ganz wesentlich mit der Wertschätzung der Person Armin Veh zu tun hat, mit seiner zur Schau getragenen Unabhängigkeit, seinem Trotz, seinem Ihr-könnt-mich-mal. Sportlich gab’s gar nicht so viele Argumente, wenn man davon absieht, und das tue ich ungern, dass es ihm zumindest gelang, der Mannschaft im Lauf der Saison wieder ein bisschen mehr Tempo einzuimpfen, auch ein bisschen mehr Zug nach vorn. Will sagen: die Richtung stimmte, wiewohl ein bisschen mäandernd, die Entwicklungsgeschwindigkeit stockte indes immer wieder merklich.
Nun denn. Heute diskutieren wir also darüber, wie Huub Stevens aufstellen wird, und wahrscheinlich wird er uns alle verarschen: und wenn dies nur dadurch geschieht, dass er gar kein Kaninchen aus dem Hut zaubert.
Irgendjemand schrieb in dieser Woche, man ersetze den einen Kauz durch einen anderen Kauz, und obschon ich bei dem Begriff immer Catweazle vor Augen habe, der rein äußerlich wahrlich wenig mit dem Styler Veh gemein hat und mit dem man auch Stevens nicht gerecht würde, zeigte sich doch schon anhand der Torwart-Diskussion (… isch abe gar keine Handschuhe), einmal mehr, dass auch Stevens seinen eigenen Kopf und Humor hat. Und dass zumindest in meiner Wahrnehmung der Weg vom trockenen Witz zum aufgesetzten, lahmen Running “Gag” ein kurzer ist.
Was nichts daran ändert, dass ich die Entscheidung des Vereins für Stevens nachvollziehen kann. Und an meiner Überzeugung, dass sich der VfB mit Stevens recht rasch aus der Abstiegszone herausbewegen wird. Über alles andere denken wir ein anderes Mal nach, nicht wahr?