Der Gladiator

Mein Wissen über das alte Rom ist, wohlwollend ausgedrückt, überschaubar. Auch haben mich Historienfilme nie sonderlich in ihren Bann gezogen.

Daher hat es mich zunächst auch eher überrascht, dass ich in diesen Tagen unvermittelt an Gladiatorenkämpfe denken musste. Beim Lesen des einen oder anderen Kommentars zu Jens Weinreichs Vergleich mit dem DFB sah ich römische Honoratioren vor mir, die sich zunächst daran ergötzten, wie der in den Kampf geschickte Gladiator den übermächtigen Löwen zu besiegen versprach. Als jedoch der Kämpfer die Erwartungen nicht erfüllte -er hatte den Kampf gefälligst bis zum Ende auszufechten-, wendete sich das Blatt und sie senkten ihren Daumen. Schließlich hatte der eine oder andere von ihnen sogar ein paar Denar für diesen Kampf gegeben.

Ja, ganz bestimmt sind in diesen paar Zeilen verdammt viele historische Fehler enthalten. Zudem ist glücklicherweise die Zahl derer, die in der von mir angedeuteten Form geäußert haben, nach meiner Wahrnehmung nicht allzu groß; Verständnis kann ich dafür indes keines aufbringen.

Dabei gebe ich durchaus zu, dass auch ich enttäuscht bin. Nicht von Jens Weinreich, auch wenn das im ersten Moment nicht ganz so leicht zu trennen war, sondern weil ich mir einen Ausgang gewünscht hatte, der die Dinge beim Namen nennt, der das Vorgehen des DFB verurteilt und der Dr. Theo Zwanzigers Kommunikationsherrschaftsanspruch eine klarere Absage erteilt. So stellt man sich das halt vor.

Dass es nicht so gekommen ist, hat vielleicht damit zu tun, dass Jens Weinreich die Auseinandersetzung nicht weiter ausfechten wird. Vielleicht hätten sich die Dinge aber auch ganz anders entwickelt. Um das zu erfahren, müsste halt mal jemand die Sache durchfechten. Weinreich, übernehmen Sie! Und fangen Sie bloß nicht an, sich über ihre Zukunft Gedanken zu machen, darum kümmern wir uns schon. So gut wir halt können. Ein bisschen eigenes Risiko müssen Sie schon auch auf sich nehmen, wo kämen wir denn da hin?!

Kurz: Ich habe viel Verständnis für Jens Weinreichs Entscheidung, dem Vergleich zuzustimmen. Nicht ganz so uneingeschränkt ist meine Zustimmung bezüglich der Verwendung der restlichen Spendengelder. Ich persönlich interessiere mich nicht besonders für hartplatzhelden.de. Videos aus dem Amateurfußball faszinieren mich nicht.

Dessen ungeachtet ist der Unterstützer-Button für die Hartplatzhelden hier schon ziemlich lange in der Sidebar, und gespendet habe ich auch: weil mich der monopolistische Anspruch des Württembergischen Fußballverbands fürchterlich ärgert, zumal klar sein dürfte, dass der WFV in anderen Teilen der Republik Nachahmer finden wird. Auch liest man zwischen den Zeilen, dass Oliver Fritsch von den Hartplatzhelden seitens WFV und/oder DFB den einen oder anderen zusätzlichen Knüppel zwischen die Beine bekommen habe.

Gleichwohl bin ich nicht der Ansicht, dass die beiden Fälle so leicht miteinander verglichen werden können, wie Jens Weinreich in seinem Text (und konkreter in den Kommentaren) andeutet. Der Fall der Hartplatzhelden ist bitter und hat weitreichende Folgen, ganz ohne Frage. Die Art und Weise, wie Weinreich vom DFB diffamiert und, gewollt oder nicht, in seiner beruflichen Existenz bedroht wurde, bewegt sich meines Erachtens jedoch in einer ganz anderen Dimension und war zumindest für mich ein wichtiger Beweggrund, den berühmten Zwanziger gegen Zwanziger zu spenden. Ähnlich gerichtete Bedenken, die sich zudem auf die ursprüngliche Formulierung von Jens Weinreich hinsichtlich einer weiteren Verwendung der Spendengelder beziehen, finden sich mehrfach in den Kommentaren.

Zwar will ich nicht recht glauben, dass von dieser Frage -wie zum Teil angedeutet- die Spendenbereitschaft der Nutzer in künftigen Fällen abhängt; angesichts der nicht unerheblichen Summe sollten die Bedenken jedoch nicht allzu rasch beiseite gewischt werden.

Abschließend betone ich gerne, dass es für mich persönlich ungeachtet der obigen Bemerkungen in Ordnung ginge, wenn das Geld den Hartplatzhelden zukäme. Insbesondere dann, wenn diese Verwendung das Resultat einer ergebnisoffenen Diskussion sein sollte.

Nachtrag:
Beim sportticker befasst man sich angenehm unaufgeregt mit Jens Weinreichs Entscheidung und der Spendenfrage.