Nun also doch: die andere Tasci-Kehre

War ja ein recht ereignisreiches VfB-Wochenende, nicht wahr? Und ich war nicht da. Hab fremdgeschaut, bei der tabellarisch fast benachbarten Konkurrenz. Und selbst die Sky-Verfügbarkeit beim VfB-Spiel hing am seidenen Faden … Ob ich es doch noch zu sehen bekam, und wie sich Löwenfans in der Fremde so benehmen, lesen Sie möglicherweise demnächst auf diesem Bildschirm. Mal sehen.

Eher nicht mehr so oft wird die geneigte Leserschaft indes den Namen Serdar Tasci zu lesen bekommen, der hier bis dato in etwa 50 Texten Erwähnung fand (ich hatte mit mehr gerechnet). Vor einem guten Jahr hatte ich ihm eine kleine Widmung geschrieben, die im Tödlichen Pass, dem Magazin zur näheren Betrachtung des Fußballspiels, veröffentlicht wurde, und hatte stets gesagt, dass ich sie irgendwann, wenn die Gelegenheit günstig erscheine, hier zweitveröffentlichen würde.

Nun, ob die Gelegenheit günstig ist, weiß ich nicht so recht (die eine oder andere Formulierung wirkt etwas überholt), aber es dürfte bis auf Weiteres die einzig verbliebene sein.

Zuvor erlaube ich mir, noch ganz kurz eine Träne zum Karriereende von Thomas Hitzlsperger zu vergießen, der, so Ronald Reng vor einiger Zeit drüben bei catenaccio.de, “flache Steilpässe aus dem defensiven Mittelfeld spielen kann wie kein anderer Deutscher.” Dass ich diese nur selten gesehen hatte, sei an dieser Stelle nur kurz erwähnt; meine Wertschätzung für ihn ist gleichwohl so groß, dass die fünf Zeilen, die ich ihm widmete, sie nicht annähernd zum Ausdruck bringen können.

Doch nun zur Tasci-Kehre:

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„Nahezu gleichauf sprinteten ein Stürmer und ein Abwehrspieler zum Ball. Dem Verteidiger gelang es, den Angreifer ein wenig nach außen abzudrängen, um sich dann im Hüftumdrehen durch eine formvollendete Tasci-Kehre ein paar Meter Platz zu verschaffen und sich dem eigenen Spielaufbau zu widmen.“

So könnte das dereinst klingen, wenn Serdar Tasci nicht einfach nur Serdar Tasci wäre, sondern einer der ganz Großen des Weltfußballs, dem eine vielleicht nicht exklusiv, zumindest aber besonders häufig und außergewöhnlich behände ausgeführte Aktion zum Markenzeichen wird.

„It happens much faster than the time it takes to describe“, schrieb John Turnbull im Jahr 2006 in seinem erhellenden Blog „The Global Game“ über Zinédine Zidanes Roulette, und auch wenn es mir sehr fern liegt, Zidane und Tasci vergleichen zu wollen, kann ich mich Turnbull in dieser Einschätzung nur anschließen. Und ergänzen, dass das Lesen der Beschreibung nicht nur unbefriedigend, sondern darüber hinaus kaum nachvollziehbar ist, selbst bei einer hundertfach gesehenen und tausendfach kopierten Bewegung wie der Roulette. Wie soll man sich dann erst die kaum bekannte Tasci-Kehre vorstellen können? Gleichwohl will ich mich an einer kurzen Beschreibung versuchen.

In aller Regel bringt er sie auf der rechten Abwehrseite zum Einsatz. Der Ball läuft tendenziell in Richtung der Eckfahne, Tasci rückt nach außen, sein Laufweg und der des von links kommenden Angreifers scheinen sich einander asymptotisch anzunähern. Der Gegenspieler wird lange im Glauben gelassen, den Ball erreichen zu können, ehe Tasci einen geschickten langen Schritt mit dem linken Bein genau so setzt, dass er nahezu gleichzeitig mit dem rechten Außenrist den Ball in die entgegengesetzte Richtung bewegen kann. Bis der Stürmer seinen Weg zur Eckfahne abgebremst und die Laufrichtung geändert hat, ist Tasci bereits einige Schritte entfernt und hat den Ball weitergeleitet. Klingt unspektakulär? Ist es letztlich auch. Aber wirkungsvoll. Vielleicht auch weiter verbreitet, als ich glaube. Aber selten so elegant.

Ok, ein wenig mag das nach der Beckenbauer-Drehung klingen, und zweifellos sind die beiden Bewegungsabläufe verwandt. Wobei eine vergleichbare Verwandtschaft einschlägige Kreise auch nicht daran hinderte, eine eher geringfügige Variation von Zidanes Roulette – letztere läuft gelegentlich auch unter „the Maradona“ – als „Ribéry Spin“ zu feiern. Warum also nicht auch die „Tasci-Kehre“ in den fußballkulturellen Sprachgebrauch einführen? Meinetwegen auch, ein wenig wortkarg anmutend, den international tauglicheren Tasci Turn.

Tatsächlich ist es nicht zwingend den ganz Großen vorbehalten (Wer will im Übrigen schon entscheiden müssen, wie groß zum Beispiel Ribéry tatsächlich sei?), Tricks, Spielelemente, „Moves“ geprägt und hoffähig gemacht zu haben. So kennt die englischsprachige Wikipedia den Flo Pass, benannt nach Jostein Flo, der tatsächlich nur der Empfänger und Weiterverarbeiter besagten Passes war, und manche fußballhistorisch nicht gänzlich unbeleckte Französin mag nach Andrea Pirlos Elfmeter im EM-Viertelfinale ein verzücktes „une panenka!“ ausgerufen haben.

Mir persönlich imponiert, dies nur am Rande, zudem die in dieser Bezeichnung nicht gängige Lahm-Grätsche, bei der der Grätschende in einer fließenden Bewegung, den Ball quasi mit dem oberen Bein eingeklemmt, aufsteht und in die entgegengesetzte Richtung davon läuft. In Wahrheit war der erste Spieler, von dem ich eine solche Grätsche erfolgreich angewandt sah, Marco van Basten – und zwar gegen Jürgen Kohler. Aber mal ehrlich: Es gibt bessere Gründe, sich des Niederländers zu erinnern, als eine „van-Basten-Grätsche“.

Bei Serdar Tasci ist das anders. Er ist Verteidiger, einer der besten in Deutschland. Ohne seine Verletzung kurz vor Toreschluss wäre er mit zur EM gefahren, heißt es – was immer das heißen mag. Auf jeden Fall stünde ihm eine nach ihm benannte Defensivaktion gut zu Gesicht. Leider sucht man ein „Best of“ seiner schönsten Abwehraktionen, seines – im Guten wie im Schlechten – nicht immer den Zweikampf suchenden Defensivspiels, seiner Stärken in der Spieleröffnung und nicht zuletzt seiner gelungensten Tasci-Kehren im Videoportal unserer Wahl vergebens. Stattdessen gibt es Zusammenstellungen seiner Tore, häufig per Kopf, und einiger Torvorlagen. Kernqualifikationen eines Abwehrspielers, wenn man so will.

Eines Abwehr-Chefs, um genau zu sein. Zu eben jenem hat sich Tasci seit seinem Debüt 2007 entwickelt, als er mit 26 Einsätzen und 2 Toren (die erste, und bisher einzige, rote Karte, lassen wir geflissentlich außen vor) zur Stuttgarter Meisterschaft 2007 beitrug. Wirklich geradlinig verließ der vermeintlich vorgezeichnete Weg bis dahin allerdings nicht. Die Ruhe und Gelassenheit, mit der er als junger Verteidiger abgehoben war, drohte zwischenzeitlich als Phlegma zu landen, das oft und zu Recht gelobte zweikampfvermeidende, weil vorausschauende, Spiel schien gelegentlich zum Selbstzweck zu verkommen, phasenweise konnte man zudem den Eindruck gewinnen, seine Leistungen hielten mit seinem Selbstverständnis nicht ganz Schritt.

An der einen oder anderen Stelle fühlte er sich, vermutlich zu Recht, nicht hinreichend gewürdigt, bei Kapitänsernennungen brüskiert, speziell unter Christian Gross gar grundsätzlich in Frage gestellt, sodass die mal lauter, mal leiser zu vernehmenden Rufe von Juventus, Milan oder anderen internationalen Spitzenvereinen nicht nur in den Medien , sondern auch bei ihm selbst ein gewisses Echo hervorriefen.

Letztlich kam, zum Glück für den VfB Stuttgart, bis dato nie ein Wechsel zustande. In den letzten Spielzeiten stabilisierte sich Tasci auf deutlich höherem Niveau, emanzipierte sich vom langjährigen Abwehrchef Delpierre und zählte nicht nur zu den verlässlichsten Defensivspielern der Bundesliga, sondern führte dem regelmäßigen Neckarstadiongänger auch wieder vor Augen, weshalb vor Jahren selbst der Bundestrainer in überraschender Deutlichkeit festgestellt hatte, Tasci komme seiner „Idealvorstellung von einem Innenverteidiger sehr nahe“.

Auch vor diesem Hintergrund erschien es spätestens im Lauf der abgelaufenen Spielzeit verwunderlich, dass er im Grunde seit der WM 2010 nicht mehr für die Nationalelf berücksichtigt worden war. Im Januar 2012 erhielt er – endlich, möchte man sagen, angesichts der Bedeutung, die er dem Thema beizumessen scheint oder zumindest schien – mit der Kapitänsbinde beim VfB auch das äußerliche Zeichen seiner Bedeutung für die Mannschaft verliehen.

Längst haben seine Leistungen auch wieder Interessenten aus anderen Topligen auf den Plan gerufen, noch während der EM wurde er mit dem FC Barcelona in Verbindung gebracht. Tasci dementierte umgehend und bekannte sich zum VfB. In diesem Kontext sähe der gemeine Stuttgarter Anhänger eine Tasci-Kehre gewiss äußerst ungern.

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Tja. Ungern schon. Wegen des Zeitpunkts. Weil er Kapitän war. Und doch denke ich irgendwie auch: so oft hätte er nicht gespielt. Zu viele Verletzungen. Vielleicht rede ich es mir auch nur weniger unschön. Bisschen schade halt, dass es nun doch keiner der Vereine aus der allerersten Reihe geworden ist, die dereinst aus guten Gründen um ihn warben. Ich wünsche ihm, dass es wieder dazu kommen möge. Guter Mann, der Tasci.

Im Rahmen des Regelwerks (hier: Regel 16)

Ich kenne die fußballspezifischen Statistikwerte von Felix Bastians nicht en détail. Bis zum VfB-Spiel in Freiburg kannte ich sie nicht einmal ungefähr, wenn ich ehrlich bin. Dass ich mich hernach ein wenig damit befasst habe, liegt daran, dass der VfB seine Taktik offensichtlich weitgehend auf ihn zugeschnitten hatte. 54,8 % seiner Kopfballduelle hat Bastians im Verlauf der bisherigen Saison gewonnen, sagt bundesliga.de. Ob das für einen Linksverteidiger viel ist? Ich weiß es nicht. Christian Molinaro kommt auf 60 %, Christian Schulz auf knapp 70 %, Philipp Lahm liegt etwa bei 45.

Wie auch immer: es war bemerkenswert, dass Sven Ulreich jeden einzelnen Abstoß an der rechten Torraumecke ausführte, selbst in Situationen, in denen man sich einen kurzen, raschen Abstoß auf der linken Seite hätte vorstellen können, und mehr oder weniger zielsicher die Herren Harnik und Bastians anvisierte. Sicher, die Regel besagt, dass der Abstoß “von irgendeinem Punkt innerhalb des Torraums ausgeführt” werden soll, und doch erscheint es ungewöhnlich. Mag daran liegen, dass ich noch mit der alten Regel aufgewachsen bin: “Beim Abstoß wird der Ball auf diejenige Torraumecke gelegt, auf deren Seite er die Torlinie verlassen hat.” Oder daran, dass es gefühlt noch immer häufig so gehandhabt wird.

Vielleicht fiel es mir auch deshalb besonders auf, weil ich, speziell nachdem Schiedsrichter Guido Winkmann sowohl Cacau als auch Molinaro wegen Zeitspiels verwarnt hatte (bei Cacau zurecht, bei Molinaro möglicherweise in Tateinheit mit mehreren falschen Einwürfen und dennoch meines Erachtens ungerechtfertigt), bei jedem Abstoß, bei dem Ulreich ein wenig umständlich die Seite wechselte, mit einer Verwarnung rechnete. Winkmann machte jedoch keinerlei Anstalten, und möglicherweise hätte er sich damit angesichts des Regelwerks auch gar nicht so leicht getan. War diese Regel nicht dereinst geändert worden, um eine schnellere Wiederaufnahme des Spiels zu ermöglichen? Ich hätte nichts gegen die Wiedereinführung der alten Regel.

Um nicht missverstanden zu werden: ich glaube nicht, dass Ulreich so handelte, um Zeit zu schinden – andernfalls hätte der jeweilige Seitenwechsel ja auch in die andere Richtung vonstatten gehen müssen. Tatsächlich aber schien es eine klare taktische Maßgabe zu sein, dass jeder Abstoß von der rechten Torraumecke ausgeführt und auf Martin Harnik gespielt werden solle, der dann auch tatsächlich das eine oder andere Luftduell gegen Felix Bastians gewann. Ohne dass daraus torgefährliche Situationen entstanden wären, aber das ist dann ja noch einmal eine ganz andere Frage – eine Stuttgarter Variation des vom hiesigen Hausherrn gewiss überschätzten und deshalb gerne mal wieder zitierten Flo Pass‘* liegt bisher jedenfalls nicht vor.

Das derzeitige Stuttgarter Erfolgsgeheimnis scheint vielmehr ein anderes zu sein: wie bereits gegen Hannover nutzte man die erste Torchance. Dass sie in der Vorwoche bereits nach etwa 10 und diesmal erst nach 30 Minuten entstanden war, ist, hm, nun mal so. Noch interessanter erscheint mir die positive Effizienzentwicklung: anders als gegen Hannover, als man das Spiel frühzeitig hätte entscheiden können, führte in Freiburg auch die zweite Torchance unmittelbar zum Erfolg. In der 73. Minute. Überraschend, was herauskommen kann, wenn man einfach mal einen aufrückenden Außenverteidiger ins Spiel einbezieht, anstatt ihn konsequent zu ignorieren, nicht wahr, Herr Cacau? Oder Herr Okazaki? Manchmal gar Herr Kuzmanovic?

Wie Martin Harnik jenes 2:0 dann erzielt hat, war aller Ehren wert. Sehr souverän, in aller Ruhe, und allem Anschein nach auch im Wissen um die eigene Stärke, trotz zuletzt wechselhafter Leistungen. Bemerkenswert zudem die nur kurz erschütterte Gelassenheit, mit der er die Frage eines SWR-Reporters, wie es dazu komme, dass er sich als Torjäger betätigt habe, letztlich weglächelte. 17 Tore und 11 Vorlagen in der Vorsaison sind als Pflichtspielbilanz gar nicht so schlecht, meine ich.

Der VfB kam also nicht zu vielen Chancen. Und ließ am Anfang zu viele zu, auch wenn sie selten als zwingend zu kategorisieren waren. Zu leicht kamen die Freiburger zum Abschluss, zu selten gelange es, die häufig langen Bälle in die Spitze bzw. deren Verarbeitung zu unterbinden. Dass man dennoch mit einer Führung in die Pause ging, war ein wenig glücklich. Dass es Freiburg dann aber auch in der zweiten Hälfte nicht gelang, zum Ausgleich zu kommen, war einer besser organisierten Stuttgarter Defensive geschuldet. Zwar lief man von der 45. bis zur 70. Minute im Grunde nur hinterher und vergab die eine oder andere Gelegenheit eher, wie soll ich sagen, uninspiriert; den Gastgebern gelang es jedoch nie, ihr aufwändiges Spiel in Torchancen umzumünzen, was meines Erachtens ein wenig an ihnen selbst und in hohem Maß am VfB lag. (Und möglicherweise auch daran, dass Garra Dembélé erst spät ins Spiel kam.)

Die Hintergründe des verspäteten Spielbeginns waren mir übrigens zunächst nicht klar. Kurz hatte der Gedanke von mir Besitz ergriffen, dass die Verlesung aller Co-, Torwart- und Athletiktrainer des SC Freiburg bei der offiziellen Mannschaftsaufstellung mehr Zeit als geplant in Anspruch genommen hatte; nach kurzem Überlegen tat ich diesen Ansatz jedoch als unangemessen unsachlich ab.

Wäre ich indes vorab über die Verspätung informiert gewesen, hätte ich mich vor dem Stadion noch etwas länger mit @MAGsein unterhalten können. Schade.

*Wenn mich dann bitte ein kompetenter Sprachpurist (w/m) über den korrekten Umgang mit einem aus dem Englischen übernommenen und noch dazu auf s endenden Begriff im zweiten Fall aufklären könnte?

Der Schiri hat's versaut.

Und davon lasse ich mich auch nicht abbringen. Der Schiri, und nur der Schiri, ist schuld daran, dass mein gestriger Tipp daneben ging. Ich hatte auf einen Sieg mit einem Tor Unterschied getippt, und wenn der Schiedsrichter nicht von einem Foul geträumt hätte, wo keines war, hätte das auch geklappt. Mit drei Punkten mehr läge ich jetzt auf Platz 2. Pfeife!

So aber pfiff Herr Coulibaly Edus reguläres 3:2 ab und die USA müssen um ihre Qualifikation für das Achtelfinale bangen – nach einem Spiel, das sie hätten gewinnen müssen, das sie aber gegen effiziente Slowenen lange zu verlieren drohten. Der geglückte Versuch des slowenischen Torwarts, sich im Tor zu verstecken, als Landon Donovan auf ihn zulief, brachte die Amerikaner nach der bitteren ersten Hälfte ins Spiel zurück. Oliver Kahn war indes der Ansicht, da gebe es nichts zu halten. Ok, wenn der Experte spricht, schweigt der Laie. Jostein Flo hätte seine helle Freude am amerikanischen Ausgleichstreffer gehabt, und das 3:2 hätte dem Ganzen die verdiente Krone aufgesetzt. Ach, Herr Coulibaly!

Über den anderen gestrigen Schiedsrichter ist mittlerweile alles gesagt. Ok, noch nicht von jedem, aber da will ich mal Mut zur Lücke beweisen. Dass man mit knapp 100 Länderspielen gelernt haben könnte, nicht nur auf das Verhalten des Gegners, sondern auch auf das des Schiedsrichters zu reagieren, scheint ebenfalls unstrittig zu sein. Etwas weiter gehen die Meinungen bei der Frage auseinander, ob ein Spieler, der gerade zwei Großchancen eher kläglich vergeben hat, zum Elfmeter antreten sollte – der Erklärungsansatz, der alternative Schütze sei körperlich nicht ganz auf der Höhe gewesen, ist möglicherweise nicht ganz von der Hand zu weisen.

Über die Defizite auf der Linksverteidigerposition bei Holger Badstuber im deutschen Aufgebot in der Bundesliga wurde vor der WM geredet, nach dem Australien-Spiel wurde das Thema ein wenig kleiner, nun ist es wieder da und wird uns durch die WM (wie lang auch immer sie für die deutsche Mannschaft dauern mag) und darüber hinaus erhalten bleiben. Krasic war gut, Badstuber nicht gut genug. Wieso Bastian Schweinsteiger vor dem Pass auf Krasic seine Energie in den Versuch gesteckt hat, den Passgeber von den Beinen zu holen, anstatt sich um den Ball zu bemühen, ist möglicherweise eine Frage, die sich nur wir Laien stellen.

Lahm gegen Zigic war das eine Duell des Spiels, Podolski gegen Stojkovic hätte das andere werden können, doch dafür schoss er zu schlecht. Ob Joachim Löws Ansicht, Mesut Özil sei nicht mehr frisch genug gewesen, zutrifft, kann ich nicht beurteilen, an andere Gründe glaube ich nicht. Besser wurde das Offensivspiel nach Özils Auswechslung jedenfalls nicht. Marko Marin kam in keine einzige der Zweikampfsituationen in Tornähe, deretwegen er eingewechselt worden war, Cacau war übermotiviert und Gomez hing gänzlich in der Luft. Auch als er von einem Serben von den Beinen geholt wurde, übrigens.

Was der deutschen Mannschaft indes völlig abgeht, ist der nötige Aberglaube. Ok, dass die Herren Löw und Flick ihre ganze Kollektion zeigen wollen: geschenkt. Aber dass Manuel Neuer nach dem großartigen 4:0 zum Auftakt sein Trikot wechselte, verwundert mich. Ernsthaft. Kein Torwart, den ich kenne und mit dem ich je zusammengespielt habe, hätte das getan. Das mag in Teilen daran liegen, dass in meinen Klassen nur selten eine ähnliche Auswahl an Trikots vorhanden war. In allererster Linie jedoch lag es am Aberglauben. Ohne Not nach einem beeindruckenden Sieg die Ausrüstung wechseln? No way.