Entzaubert? Ja. Verzaubert? Eher nicht.

Entzaubert haben sie die Französinnen. Oder die Franzosen, wie Frau Müller-Hohenstein sagen würde. Louisa Necib, die mich in den ersten Spielen so begeistert hatte, wurde zur Pause ausgewechselt. Zurecht, sie war bis dahin im Grunde nicht auf dem Platz gewesen.

Verzaubert haben sie mich allerdings nicht. Geschieht mir aber auch selten mit deutschen Nationalmannschaften, geschlechtsunabhängig. Wer den Gegner erdrückt, und das ist durchaus positiv gemeint, verzaubert nicht. Die deutsche Mannschaft ließ den Französinnen speziell in der ersten Hälfte kaum Luft zum Atmen, war körperlich unheimlich präsent, laufstark, selbstbewusst, siegeswillig. Wie man sich ein deutsches Team halt vorstellt. Oder vorstellte, bis 2010.

Die Tore fielen und fallen dementsprechend durch Kopfbälle, gerne auch aus Standardsituationen. Vergleiche mit den Männern von 2002 oder dergleichen sind gleichwohl nicht passend. Begeisternde Kombinationen über mehrere Stationen, gerne so, dass sie die Sonne aufgehen lassen, waren aber eher selten. War auch nicht nötig. Wenn man den Ball weit in der gegnerischen Hälfte erobert, braucht es keine Spielzüge über 10 Stationen. Da reicht dann auch mal eine schöne Einzelleistung, ein Übersteiger, der nicht für die Galerie gedacht ist, eine Flanke und ein Kopfball. Oder ein scharf hereingezogener Freistoß. Ein schöner Querpass nach energischer Eroberung am Sechzehner. Und so weiter.

Einiges war anders als in den ersten Spielen. Zum Teil dürfte es tatsächlich daran gelegen haben, dass Frankreich das Spiel zumindest mitgestalten wollte, anders zum Beispiel als die sehr defensiven Nigerianerinnen, die der deutschen Mannschaft die Verantwortung für das Spiel komplett ließen. Eine Verantwortung, der sie aus verschiedenen Gründen nicht gerecht werden konnte. Einer dieser Gründe war der Mangel an Kreativität, wohl auch an einer gewissen Frechheit in der Offensive. Eine Qualität, für die im deutschen Team außer Fatmire Bajmaraj nicht allzu viele Spielerinnen stehen. Nun will ich ganz gewiss nicht sagen, dass Bajmaraj heute die spielentscheidende Figur gewesen sei. Zu prägend war eher die Präsenz auf dem Platz, der Eroberungswille, und zu beeindruckend war Inka Grings’ Leistung – wann immer ein Mittelstürmer oder eben eine Mittelstürmerin nicht nur mit der Rückennummer 8 aufläuft, sondern noch dazu groß aufspielt, durchaus mit der Betonung auf “spielt”, denke ich mit viel Freude und noch mehr Nostalgie an Klaus Fischer 1982 zurück. Womit ich Birgit Prinz nicht mit Horst Hrubesch vergleichen wollte.

Doch ich war bei Bajramaj. Mir hat sie gefallen. Den missglückten Dribblings und ausgebliebenen Abspielen zum Trotz. Weil sie, nicht nur, aber eben auch und im Besonderen, im Vergleich zu Melanie Behringer eine gewisse Unberechenbarkeit in das Spiel der deutschen Mannschaft einbringt. Eine Qualität, die ich sehr schätze, vielleicht auch und gerade vor dem Hintergrund der, wie oben angeklungen, nur selten verzaubernde Wirkung entfaltenden Spielweise deutscher Nationalmannschaften, vielleicht auch deshalb, weil ich diese Unberechenbarkeit, das behende, leichtfüßige, manchmal nahezu irrwitzige Dribbling an mir selbst immer ein wenig vermisst habe. Oh, hier riecht’s nach Küchenpsychologie. Schnell weg. Nicht ohne einen kurzen Schlenker zu Ariane Hingst, über deren Einwechslung ich mich sehr gefreut habe. Ich mag sie einfach. Nein, das ist keine Liebeserklärung wie kürzlich bei Louisa Necib, nur eine Sympathiebekundung. Muss reichen. Und ist möglicherweise dauerhafter.