In den letzten Monaten habe ich hier hin und wieder ein paar Sätze zu MdB 2.0 geschrieben, einem Projekt des Fernsehsenders Phoenix, bei dem fünf junge Bundestagsabgeordnete bis zur Bundestagswahl bloggen. Dabei habe ich immer wieder betont, dass ich dem Projekt grundsätzlich wohlwollend gegenüber stehe. Zwar kommt meines Erachtens das interaktive Element noch etwas zu kurz (was nur bedingt an den Autoren liegt); gleichwohl habe ich das Projekt kürzlich im Rahmen der Blogempfehlungsaktion “Ein Herz für Blogs” nochmals explizit empfohlen.
Meine positive Grundhaltung zu MdB 2.0 beruht nicht unwesentlich auf der Selbstdarstellung des Projekts, in der aus meiner Sicht ein richtiges und wichtiges Anliegen formuliert wird:
[…] Viele – gerade jüngere – Menschen finden nicht mehr den Weg zur Urne, boykottieren wichtige Wahlen durch Nichtteilnahme und sorgen so dafür, dass der Rückhalt für unsere Parlamentarier geringer wird. […]
Ein Grund mag das vermeintliche oder tatsächliche Gefühl Einzelner sein, mit dem persönlichen Anliegen nicht mehr zu “seinem” Abgeordneten vorzudringen. […] Hier sind wir, die Medien, gefragt, neue Formen der parlamentarischen Berichterstattung zu finden, die den Bürger ansprechen und ihn wieder dazu bewegen, sich für das parlamentarische Wirken zu interessieren und durch Wahlen teilzunehmen. […]
Unter dem Projekt MdB 2.0 versteht PHOENIX den Versuch, die tatsächlichen Kommunikationsmöglichkeiten eines Bundestagsabgeordneten um die Realität neuer, interaktiver Kommunikationsformen vor allem jüngerer Menschen zu erweitern. Wir wollen junge Bürger dort abholen, wo sie sich heutzutage vor allem aufhalten: im Internet.”
So sind also 5 junge Abgeordnete die Protagonisten eines Projekts, das sich dem Ziel verschrieben hat, junge Bürger im Internet abzuholen.
In eben jenem Internet, das seit Wochen sowohl der Auslöser als auch ein wichtiger Schauplatz einer Diskussion ist, die gleich mehrere Themen berührt, deren Behandlung für unsere Gesellschaft elementar ist: unter anderem die Bekämpfung von Kinderpornographie, die Informationsfreiheit, die Überwindung der digitalen Kluft und das Vertrauen der Bürger in die Politik – auch zu Wahlkampfzeiten.[1]
In meiner Naivität ging ich davon aus, dass junge, internetaffine MdB 2.0–BloggerInnen sich in diese Diskussion geradezu einbringen müssen. In irgendeiner Form zumindest – mir ist durchaus klar, dass die Spielräume, innerhalb derer sich die jungen Abgeordneten bewegen können, teilweise sehr eng begrenzt sind, deshalb erwarte ich auch gar keinen offenen Widerspruch gegen die Fraktionsmeinung. Ich wäre auch mit einer vorsichtigen Aufforderung zur Meinungsäußerung zufrieden, oder mit einer irgendwie gearteten Positionierung, auf die die jungen Bürger reagieren können.
Aber ignorieren? In einem Blog, das junge Menschen im Internet abholen will? Es ist mir unbegreiflich, dass sich bisher nur ein einziger der fünf Abgeordneten im Blog mit der Online-Petition befasst hat.
Fail.
1.Über die Zusammensetzung dieser Liste lässt sich sicherlich diskutieren. Dass es um Themen von grundlegender Bedeutung geht, sollte indes außer Frage stehen.