Soweit mein ersten Zwischenfazit zum Phoenix-Projekt MdB 2.0. Rein quantitativ.
Das Projekt MdB 2.0 ist seit etwa zwei Wochen einer Woche (so kann man sich täuschen!) in meinem Feedreader (kann ein Projekt im Feedreader sein?), und ich verfolge es mal mehr, mal weniger aufmerksam. Initiiert wurde MdB 2.0 vom Fernsehsender Phoenix, der zu dem Projekt unter anderem folgendes schreibt:
Unter dem Projekt MdB 2.0 versteht PHOENIX den Versuch, die tatsächlichen Kommunikationsmöglichkeiten eines Bundestagsabgeordneten um die Realität neuer, interaktiver Kommunikationsformen vor allem jüngerer Menschen zu erweitern. Wir wollen junge Bürger dort abholen, wo sie sich heutzutage vor allem aufhalten: im Internet. Fünf junge Abgeordnete, alle unter 35, aus jeder im Bundestag vorhandenen Fraktion eine/r, haben sich bereit erklärt, zunächst bis zu den nächsten Bundestagswahlen eine Art Tagebuch zu führen: In unserem PHOENIX-Blog schildern sie mehrmals wöchentlich ihr Leben, Arbeiten und Wirken als Bundstagsabgeordnete/r, bieten den Blick hinter die Kulissen und versuchen, auch schwierige Themen verständlich zu erklären.
Wie gesagt: ich verfolge das Projekt noch nicht allzu intensiv und kenne von den fünf Abgeordeneten lediglich das Profil von Florian Toncar (FDP) etwas besser, was in allererster Linie an seiner baden-württembergischen Herkunft bzw. dem in meiner Nähe liegenden Wahlkreis liegt. Unabhängig davon halte ich den Ansatz für sehr interessant und bin nicht zuletzt gespannt, ob und wie sich der Tonfall im Lauf der nächsten Monate ändert – wenn das Projekt denn so lange läuft: wie ich im Zuge einer kurzen Recherche erfuhr, weiß netzpolitik.org von einem (halbwegs) vergleichbaren Projekt zu berichten, das nicht allzu lange Bestand hatte:
Die Idee ist dabei nicht neu: Die “PolitikerWG” vom Zeit-Online Jugendmagazin Zünder hatte schon mal ein Blog mit fünf jungen Bundestagsabgeordneten gestartet. Allerdings wurde dies nur eine Zeitlang gefüllt und irgendwann war tote Hose.
“Tote Hose” ist bis dato auch bei den Kommentaren im neuen Projekt; allerdings wurde es bisher nach meinem Kenntnisstand nicht intensiv beworben (wofür auch die Tatsache spricht, dass selbst ein Fachblog wie netzpolitik.org erst jetzt über das bereits einige Wochen alte Projekt berichtet). Diese Zurückhaltung entspringt vielleicht einer ganz sinnvollen Strategie: wenn man vorhat, die jungen Politiker zuerst einige Inhalte generieren zu lassen, ehe man etwas stärker die Werbetrommel rührt bzw. die sogenannte Blogosphäre ihre Öffentlichkeitsarbeit übernehmen lässt, ist das bestimmt besser, als potenzielle Leser(-innen) auf ein leeres Blog zu locken.
[Edit: Zwar läuft das Projekt -gemäß den veröffentlichten Erstellungsdaten der Beiträge- schon seit ein paar Wochen; online sei man jedoch erst seit dem 20.11. erreichbar. Spricht zumindest für meine These, man habe erst Inhalte aufbauen wollen. Belegt aber auch, dass ich mich darüber getäuscht habe, wie lange MdB 2.0 schon in meinem Feedreader ist.]
Bis dato hat sich, um auf die Überschrift zurück zu kommen, der Abgeordnete der Linken, Michael Leutert, als fleißigster Schreiber hervorgetan. Zudem greift er, wie auch Andreas Scheuer von der CDU/CSU, gelegentlich auf kurze Filme zurück, um seinen Leserinnen und Lesern Eindrücke von seiner Arbeit, aber auch Medienkompetenz zu vermitteln. Ohne an dieser Stelle weiter auf die einzelnen Abgeordneten (nicht genannt habe ich bisher Nicole Maisch (Bündnis 90/Die Grünen) und Carsten Schneider von der SPD), ihre Inhalte oder gar ihren Schreibstil eingehen zu wollen, fällt doch auf, dass die Herangehensweisen, vielleicht auch der Grad der jeweiligen Berührungsangst, sehr unterschiedlich sind.
Wie bereits oben angedeutet, rechne ich durchaus mit intensiveren Diskussionen sowohl zwischen den fünf AutorInnen als auch im Dialog mit den Besuchern Mitwirkenden. Phoenix selbst sieht das wohl auch so:
Natürlich kann man ihnen Fragen stellen du Ihre Beiträge kommentieren und so mit ihnen – wie im Web 2.0 üblich – in direkten Kontakt treten. Und selbstverständlich werden sie auch politisch diskutieren, das bleibt bei so einem Projekt mit zwangsläufig kommenden Grundsatzthemen nicht aus.
Nachtrag
An anderer Stelle wird das Projekt unter ganz anderen Gesichtspunkten gesehen, beispielsweise unter dem, dass es sich um ein vom Gebührenzahler finanziertes Blog handle, zudem mit Redakteur (dessen Aufgabe sich mir aus den vorliegenden Informationen nicht so recht erschließt). Ein interessanter Aspekt, der im Duckhome ausführlich behandelt wird.
In der Tat hätte natürlich jeder einzelne der 5 MdB sein eigenes, selbst installiertes oder kostenlos gehostetes Blog führen können. Wobei sicherlich Einigkeit darüber besteht, dass gegebenenfalls nicht der oder die Abgeordnete, sondern die jeweilige Partei – letztlich auf Steuer-(weil Wahlkampf-)Kosten – das Blog eingerichtet und geführt hätte. Der Mehrwert, den ich persönlich mir von MdB 2.0 erhoffe, besteht allerdings nicht zuletzt in einem gemeinsamen Medium, das vielleicht auch den einen oder die andere dazu bringt, die Sichtweisen von 5 jungen Politikern zu lesen. Ist vielleicht naiv, aber damit kann ich umgehen.