Storytelling beim DFB

Sonderlich bibelfest bin ich ehrlich gesagt nicht. Es war schon mal besser, damals, zu Schulzeiten. Aber auch da war es eher so, dass ich viele Geschichten aus der Bibel kannte, ohne sie zwingend in den passenden Kontext oder eine Chronologie einordnen zu können. Von den zwölf Stämmen Israels – wir mussten sie auswendig lernen – bekomme ich auf Anhieb sechs oder sieben zusammen, bei etwas Konzentration dürften zumindest zehn drin sein, die Sache mit dem ausgesetzten Mose habe ich ebenso drauf wie jene mit dem Dornbusch und die mit den Feuerzungen. Vom verlorenen Sohn nicht zu reden, und, natürlich, Saulus.

Saulus, Sie wissen schon, der zum Paulus wurde. Der Böse, der bekehrt wird, mit Erweckungserlebnis und so weiter. Eine gute Geschichte, die uns im Leben wie in der Literatur immer mal wieder in der einen oder anderen Form begegnet. Eine Geschichte, die nicht zuletzt dank ihrer, was ist das Gegenteil von Fallhöhe, Aufstiegshöhe funktioniert. Auch abseits von biblischer Genauigkeit, frei interpretiert sozusagen, zum Beispiel in Internetblogs.

Gute Geschichten mag auch der Deutsche Fußball-Bund. So wie die von Klaus Hafner, dem Mainzer Stadionsprecher, der die dortigen Fans zu mehr Sportlichkeit erzog, oder jene von Andreas Weiner, der im Abstiegskampf ein Tor verschenken ließ – und abstieg. Auch die vier weiteren Sieger aus dem Amateurbereich (Steffen Fricke, Mike Wunderlich, Toni Kirsten und Frank Rombey) haben schöne Geschichten zu bieten, eine kurze Googelei bringt zum Teil rasche und lesenswerte Stories. Vielleicht stehen sie auch irgendwo (zumindest aber irgendwann?) auf dfb.de, hat ja in den Vorjahren auch geklappt.

Aber natürlich sind die Profigeschichten interessanter. Selbst wenn es nur darum geht, dass ein Trainer die Spieler und Trainer der gegnerischen Mannschaft per Handschlag begrüßt. Ich finde das löblich von Mike Büskens, ehrlich, aber ich weiß nicht recht, ob es die Verleihung einer Fairplay-Medaille rechtfertigen sollte. Eigentlich ist es nicht einmal eine richtig gute Geschichte. Da sollte man noch einmal ein bisschen üben beim DFB, an der Erzählweise vielleicht, oder am Drumrum.

Wie auch bei den Saulus-Geschichten. Da hat man es wohl versäumt, die Aufstiegshöhe durch ein angemessen niedriges Ausgangsniveau zu maximieren. Indem man zum Beispiel nicht geschrieben hätte, dass Miroslav Klose der Ball an die Hand gesprungen sei, sondern, ich weiß, es ist abwegig, aber denken Sie an die Geschichte, an den Sauluseffekt, dass also Klose in betrügerischer Absicht den Ball mit der Hand ins Tor befördert habe, sich eines verwarnungswürdigen Vergehens schuldig gemacht hatte, und danach die Größe hatte, seine Tat fairerweise zuzugeben.

(Also mit Blick auf das laufende Spiel den Status herzustellen, wie er sich ohne den Betrugsversuch ergeben hätte, aber das nur am Rande – würde sich in der Geschichte auch wieder nicht so gut machen.)

Immerhin: den Pauluseffekt bekam man dann ganz gut hin, in Ton und Bild, mit der Vorbildfunktion für junge Leute.

Ein bisschen besser hatte es bei Marius Ebbers geklappt. Ein rechter Saulus spielt schließlich nicht unabsichtlich mit der Hand, und auch wenn die betrügerische Absicht nicht explizit genannt wird, illustriert man die Saulussituation mit dem Engelchen-Teufelchen-Bild doch ganz nett. Gleichwohl: ein bisschen könntet Ihr, unter Entertainmentgesichtspunkten, quasi, schon noch an Euren Geschichten feilen, da beim DFB.

Bis dahin werde ich Klose und Ebbers weiterhin als anständige Sportler betrachten, keine Frage. Nur die Sache mit dem Fairplay-Preis, die sehe ich ein bisschen anders.