Ich glaube ja an so seltsame Dinge wie echtes Interesse als Antrieb für das eigene Handeln, vielleicht gar an Idealismus. Auch in Bereichen, die in hohem Maße mit Machtstreben und persönlicher Nutzenmaximierung assoziiert werden. Dass diese ursprüngliche Motivation irgendwann von anderen Erwägungen überlagert wird, kann ich gleichwohl nachvollziehen und bis zu einem gewissen Grad akzeptieren.
Nehmen wir “die Politik”. Ganz ehrlich: ich glaube daran, dass ein nicht unbeträchtlicher Anteil derer, die heute für die sogenannte große Politik in Deutschland verantwortlich sind, irgendwann einmal aus idealistischen Motiven heraus eingestiegen ist. Diese Menschen haben, zunächst im kleinen, überschaubaren Umfeld, daran geglaubt, etwas bewegen, gestalten, verändern zu können. Sie haben Herzblut investiert, waren motiviert, sind voran gekommen, haben höhere Ämter übernommen. Parallel zum Aufstieg gingen sie mehr und mehr Kompromisse ein – vielleicht, weil sie glaubten, dass eine second oder third best Lösung immer noch besser sei als jede andere realistische Alternative, vielleicht auch, weil sie sich in diesem Politikbetrieb grade recht gemütlich eigerichtet hatten.*
Oder bei den Arbeitgebern. Ich kenne Menschen, die sich irgendwann selbständig gemacht haben, weil sie mit Hierarchien, Entscheidungswegen oder sonstigen Strukturen größerer Arbeitgeber nicht zurecht kamen. Der Erfolg gab ihnen recht: ihr Weg sei der bessere. Dann gelangten sie an den Punkt, wo sie raus aus der Garage wollten, wo Hierarchien entstehen, Entscheidungswege definiert und sonstige Strukturen professionalisiert werden mussten. Unpopuläre Entscheidungen waren zu fällen, Klüngel sind entstanden, Ränke wurden geschmiedet. Die Einsicht, dass der Unterschied zum früheren eigenen Arbeitgeber zunehmend verschwimmt, ist für die Gründer bisweilen hart.*
Derlei Entwicklungen sind menschlich, vielleicht auch notwendig, und sie finden in vielerlei Bereichen statt. Interesse und Idealismus rücken in den Hintergrund – bei manchen komplett, bei anderen nur in einem möglicherweise unumgänglichen Maß. Vermutlich laufen derlei Prozesse auch im Sportjournalismus ab. Was ich mich dabei immer wieder frage:
Ist es wirklich denkbar, dass sich Steffen Simon irgendwann ernsthaft für Fußball interessiert hat?
*Ja, man kann das wesentlich differenzierter betrachten. Als Annäherung an den einen oder anderen beruflichen Lebenslauf sollte es im vorliegenden Kontext indes ausreichen.