Zunächst fand ich den Gedanken gar nicht so furchtbar schlecht. Der Abstiegskampf versprach ja doch noch einiges an Spannung, da würde ich es vielleicht einmal verkraften können, dass in der Fußballkneipe meines Vertrauens nicht das Spiel des VfB in München liefe, sondern die Bundesliga-Konferenz. Ich hatte so etwas ewig nicht gesehen, und die Erinnerung, was für einen untauglichen Versuch, Fußball zu zeigen, das Konzept Konferenz darstellt, war wohl ein wenig verblasst.
Da das VfB-Spiel für die Abschlusstabelle nur leidlich interessant war, gab es recht wenig davon zu sehen, sodass ich keine Ahnung habe, ob die Mannschaft gut gespielt hat oder schlecht, wie die taktische Formation aussah, ob man eher über links oder rechts angriff, wer Sicherheit ausstrahlte und wer eher mit Stockfehlern auf sich aufmerksam machte. Immerhin: die Tore wurden gezeigt, mit etwas Glück sah man sogar noch einen oder zwei Pässe davor. Dass indes dem 1:0 für den VfB nicht nur gelungene Aktionen von Okazaki und vor allem Harnik zugrunde lagen, sondern dass auch Boulahrouz’ Pass ganz großartig und der Ball zuvor schön gelaufen war, erfuhr ich erst viel später. Bei Sky ließ man mich wissen, dass der VfB in Person von Kuzmanovic noch zwei weitere gute Chancen hatte, dass man auch 2:0 hätte führen können, anstatt den Ausgleich der Bayern hinzunehmen, und dass die Münchner das Spiel nach der Führung durch Schweinsteiger recht souverän im Griff hatten.
Das war’s dann aber wirklich. Allerdings ging es, wie bereits gesagt, in München nicht um viel. Dummerweise kann ich aber auch nicht sagen, ob Hoffenheim die Führung hätte ausbauen können, ob sie überhaupt verdient war. Ich weiß nicht, ob Sebastian Rudy nur diesen einen tollen Pass auf Roberto Firmino spielte, oder ob er vielleicht die absolut spielbestimmende Figur war. Ich kann nicht beurteilen, ob die Tore der Wolfsburger nur eine Frage der Zeit gewesen waren, weiß nicht, wie Felix Magath Diego ersetzt hatte – dass er nicht spielte, hörte ich indes in schöner Regelmäßigkeit, egal welches Spiel gerade lief. War Gladbachs Führungstreffer verdient, zeigte sich der HSV engagierter als zuletzt? Mittlerweile habe ich einiges dazu gelesen, aber am Samstag wäre ich überfragt gewesen. Oder wenn mich jemand gefragt hätte, wie frei Gekas’ Gedanken waren: ich hätte passen müssen.
Konferenz ist nichts für mich. Das könnte daran liegen, dass ich mich für Fußball interessiere. Dass ich sehen will, wie sich ein Spiel entwickelt, wie die Mannschaften ihr Spiel anlegen, wie sie das Tempo variieren und wer dieses Tempo vorgibt. Ich möchte mir einen Eindruck verschaffen können, wo Schwachstellen sind, wer besonders ballsicher und wer ein Wackelkandidat ist. Wie reagiert eine Mannschaft auf taktische Veränderungen beim Gegner, welcher Spieler wirkt schon in der 60. Minute müde, wieso gelingt es dem Stürmer immer wieder, seinem Gegenspieler zu entwischen?
Möglicherweise übersteigt die Beantwortung all dieser Fragen meinen Fußballverstand bei weitem. Zumal das bloße Verfolgen eines Spieles am Fernsehen wahrscheinlich gar nicht die notwendigen Informationen bietet, derer es bedarf, um die Antworten zu finden. Man hängt dann ja doch stark von den Bildern ab, die angeboten werden, kann nicht die Totale sehen, wenn gerade ein sich schnäuzender Spieler oder das Dekolleté einer Präsidentengattin von Belang scheinen. Und doch entwickle ich ein Gefühl für das Spiel, kann beurteilen, wer es prägt, kann Vermutungen anstellen, wer in Führung gehen wird und wer ausgewechselt werden sollte, kann es irgendwie begreifen.
Konferenz erlaubt mir all das nicht. Konferenz ist eine Ansammlung von Toren, Platzverweisen und sonstigen Wiederholungen, ergänzt um das Geplätscher dazwischen, das man bei einem Einzelspiel als ganz normal ansehen würde, so aber als notwendiges Übel betrachtet. Konferenz ist das Gefühl, dass immer dann umgeschaltet wird, wenn sich so langsam etwas tun könnte. Konferenz ist Hochglanzfußball, dem es an Substanz fehlt, um dauerhaft zu glänzen. Konferenz ist für Leute, die Fußball auf geile Tore reduziert sehen wollen, die bei Fallrückziehern Schaum vor dem Mund bekommen, die dem Eventpublikum auf den Fanmeilen vorwerfen, sich nur alle zwei oder gar vier Jahre aus niederen Motiven für Fußball zu interessieren, die großartige Spielzüge genau dann als solche erkennen, wenn auch ein Tor daraus wird.
Konferenz ist nicht mein Fußball. Geh weg, Konferenz!