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Das ist ja mal ne Überraschung: Noch nicht mal Mitte Februar, und schon ist die Advents-Startseite im Blog der ganz gewöhnlichen Aneinanderreihung von Beiträgen gewichen. Mein ganz persönlicher Blog-Knutstag, sozusagen. Advents-Kehraus.

Kehraus. Und schon sind wir gedanklich bei Hannes Wolf. Und wären womöglich viel lieber bei Michael Reschke und Wolfgang Dietrich. Aschermittwoch steht ja quasi vor der Tür. Oje, ich schweife schon wieder ab. Lange nichts mehr hier reingeschrieben, nech? Nun denn, vielleicht hilft es ja, mir einfach selbst ein paar Stichwörter (hier: Namen) zu geben und ein paar lose Gedanken dazu zu formulieren. Nun denn:

Hannes Wolf

Ein Jammer! Und damit meine ich zunächst einmal nicht sein, wenn man den Vereinsgranden glauben darf, jämmerliches Erscheinungsbild als Trainer, der die Mannschaft nicht mehr erreicht und es nur noch einmal versuchen würde, wenn die Vereinsführung explizit darum bäte. Oder so ähnlich.

Aber nein, ein Jammer, dass es nicht gelungen ist, mit diesem intelligenten, sympathischen jungen Mann eine dauerhaftere Erfolgsgeschichte zu schreiben. Eine Träumerei, Sie erinnern sich. Es sollte nicht sein, und ich würde gerne den bösen Leuten aus dem Vorstand die Alleinschuld geben, denen der unerfahrene, dummerweise aber erfolgreiche und noch dazu beliebte Trainer stets ein bisschen suspekt gewesen ist, allein: Ich kann es nicht.

Viel eher gehe ich davon aus, erwarte es gar, dass sich die Herren in verantwortlicher Position spätestens seit der zweiten Hälfte der Vorrunde hin und wieder Fragen zur sportlichen Entwicklung gestellt haben, zur geringen Torgefahr, zu den Defiziten im Offensivspiel, zu mancher taktischen Anpassung im laufenden Spiel. Da konnte man durchaus Aspekte und Argumente finden, die die Position des Trainers nicht eben gestärkt haben. Ob man diesen Argumenten dann folgt oder nicht, ob man dem Trainer dann zusätzliches Personal an die Hand gibt, und wenn ja, welches, darüber kann man zweifellos diskutieren.

Ob ich mir das anders gewünscht hätte? Natürlich. Ob ich Hannes Wolf für eine wohltuende Erscheinung in Bad Cannstatt gehalten habe? Unbedingt! Ob er hinterrücks und bösartig gemeuchelt wurde? Tendenziell nicht. Ob die Vereinsführung den möglicherweise – eine Bestätigung seitens Wolf selbst habe ich bisher nicht vernommen – zweifelnden jungen Trainer hätte stützen und zum Weitermachen drängen sollen? Ich weiß es nicht. Das lässt sich aus der Entfernung nicht einschätzen. Ich war nicht dabei, weiß nicht, ob sich Wolf tatsächlich zweifelnd geäußert hat und wenn ja, wie, in welchem Tonfall, mit welcher Körpersprache, Sie wissen schon.

Fakt ist: Er ist weg, genau wie Jan Schindelmeiser, genau wie Simon Terodde, und glücklich macht mich das alles nicht. Und natürlich wünsche ich ihm alles Gute und eine großartige Karriere.

Tayfun Korkut

Ich habe es bedauert, als er damals den VfB verlassen hat, zu einer Zeit, als ich noch mit einer gewissen Regelmäßigkeit zu den Spielen der U19 des VfB ging, die noch dazu häufig gute Ergebnisse und nicht selten sehenswerte Leistungen brachten. Die bekannte Entwicklung späterer Jahre liegt gewiss nicht daran, dass man damals Korkut ziehen ließ; meine Sympathie für ihn habe ich mir indes über die Jahre bewahrt und freute mich für ihn, als er als Cheftrainer in der Bundesliga anheuerte, mit zunächst gutem, später nachlassendem Erfolg.

Irgendwann nahm ich ihn dann eher als Ritter von der traurigen Gestalt wahr, eine Rolle, die er angesichts der Umstände des Trainerwechsels beim VfB nicht unmittelbar ablegen konnte: Er war ganz offensichtlich nicht die erste Wahl, sein Name weckte im Umfeld nicht die geringste Euphorie, sondern verstärkte im Gegenteil die aus der Entlassung herüber genommene Abwehrhaltung, und dass seine ersten medialen Auftritte im Vergleich zum rhetorischen Sonntagskind Hannes Wolf tendenziell verblassten, dürfte auch kaum jemand bestreiten.

Unabhängig davon habe ich mir, was selten genug vorkommt, das Video der Spieltags-PK vor seinem Debüt in Wolfsburg angesehen. Kein Auftritt, mit dem er uns alle in seinen Bann gezogen hat, gewiss, aber ein grundsolides, an der Sache orientiertes Auftreten, in dem er die eine oder andere Klippe erfolgreich umschiffte und die von den Medienvertretern erhofften Vergleiche zum Vorgänger vermied, oder dort, wo man einen Vergleich hineinlesen konnte, sich eben diesen verbat. Sehr interessant diesbezüglich folgende Ausführungen, auch und gerade, zumindest in meinem Kopf, vor dem Hintergrund mancher Diskussion um Handball-Bundestrainer Christian Prokop und dessen Arbeitsweise bei der zurückliegenden Europameisterschaft:

Wichtig, das kann ich sagen, ist, dass ich nicht zu viel Informationen an die Mannschaft weitergeben werde, versuchen werde, sehr, sehr viel zu sieben, also das heißt zu komprimieren, mit wenig Informationen sie auf den Platz zu schicken, weil einfach ich auch aus eigener Erfahrung gesehen habe, dass, wenn Druck da ist, dass zu viel Informationen auch wieder Verwirrung auslösen können.[…] Aber das hat nichts mit meinem Vorgänger, und auch nichts mit der Art und Weise, wie mein Vorgänger war, zu tun.”

 

Michael Reschke

Der Mann, der Jan Schindelmeiser abgelöst, Hannes Wolf weggeschickt und Tayfun Korkut geholt hat. Und dann haben wir noch nicht einmal über Spieler gesprochen. Noch Fragen?

Ok, im Ernst: Es fällt nicht ganz leicht, ihn zu mögen. Das liegt zum Teil an einigen der ex- oder implizit genannten Personalien, zu einem nicht unerheblichen Teil zudem an seinem Auftreten in der Öffentlichkeit, das im einen oder anderen Fall an den sprichwörtlichen Besucher eines Porzellanladens erinnert. Aktuell befindet er sich nach meiner Kenntnis auf medialer Schadensbegrenzungstour, und möglicherweise schlagen die PR-Verantwortlichen des Vereins, ganz oben angefangen, drei Kreuze, wenn der Schaden hernach zumindest nicht größer geworden ist.

Ich will nicht weiter auf den Trainerwechsel eingehen, ein paar Punkte habe ich oben angesprochen, aber was mich in den letzten Tagen tatsächlich irritiert hat, war der sogenannte Deadline Day. Seit Jahren wünschte ich mir, das Ende einer Transferperiode einmal völlig entspannt begleiten zu können, weil beim VfB diesbezüglich schlichtweg nichts zu erwarten ist. Nun, neulich war es so weit, und irgendwie hatte mir das anders ausgemalt. Keine Baustellen im Kader, so hatte ich es mir erhofft, weder auf den immer schwierigen Außenverteidigerpositionen noch im offensiven Kreativbereich, wo ebenfalls beinahe traditionell Bedarf besteht, keine akuten Lücken aufgrund bitterer Verletzungen, eher so dieses “Macht Ihr anderen ruhig mal, an der Mercedesstraße ist man bestens aufgestellt.”

Nun, ganz so war’s nicht, ehrlich gesagt. Vielmehr konnte ich nicht glauben, dass gerade angesichts der unmittelbar zurückliegenden verheerenden Auftritte in Mainz und gegen Schalke kein hinreichend dringender Handlungsbedarf gesehen wurde. Aber vielleicht wollte man dem neuen Trainer auch erst etwas Zeit geben, sich seinen Kader genauer anzusehen, was weiß denn ich?

 

Mario Gómez 

Klar freue ich mich. Kurz nach seinem Abschied gen München hatte ich ein “Bloggerinterview” gegeben, das der Betreiber des gastgebenden Blogs damals mit meinem Zitat “Gómez war eine Naturgewalt” überschrieben hatte, und ja, das traf meine Einschätzung ziemlich gut. Ich wünschte, er hätte in der Nationalmannschaft etwas mehr Fortune gehabt, auch etwas weniger Scholl, aber natürlich hatte auch er seinen Anteil an diesem Los. Meine Freude über seine Rückkehr war und ist enorm, wenn auch mit mehr als einem Wermutstropfen versehen, den der Abschied von Simon Terodde hineingegossen hat, aber wer braucht schon drei Ochsen?

Wenn ich aber ehrlich bin: Die Naturgewalt ist er bisher nicht wieder. Immer wieder ertappe ich mich dabei, von ihm Durchbrüche wie von jenem jungen Mann zu erwarten, dessen athletische Möglichkeiten grenzenlos schienen, und bin dann kurz enttäuscht, um wenige Sekunden später wieder festzustellen, dass er anderswo ein deutlich versierterer Fußballspieler geworden ist. Solange er trotzdem trifft, will ich mal nichts dagegen sagen.

Berkay Özcan

Ich habe ein bisschen Sorge, dass er ein Verlierer des Trainerwechsels sein könnte. Gewiss, es ist erst eine Partie gespielt, und ja, wir müssten dann auch über Chadrac Akolo reden. Bei Özcan schmerzte es mich ein bisschen mehr. Weil er aus der Region ist, Sie verstehen schon. Ernsthaft: Ich sähe ihn mittelfristig gern in zentraler Position beim VfB, vielleicht gar auf der Sechs, entsprechende taktische Fortschritte unterstellt. Im Moment allerdings sehe ich nicht recht, wo in Korkuts Elf sein Platz sein könnte. Vielleicht kann ich es auch nachvollziehen, wenn er im Abstiegskampf öfter mal außen vor bleibt. In der Hoffnung, und das kann ich nun wahrlich nicht einschätzen, dass der Trainer diese Sache gut moderiert. Wir haben nicht so viele Leute mit seinem Talent bei unserem Verein. Wie er den Ball behauptet mit seinen 19 Jahren. Wie er den Ball – manchmal, und viel zu selten – schnell macht. Und wie er arbeitet. Gefällt mir.

Erik Thommy

Eckstöße, halleluja! Möge es keine Eintagsfliege gewesen sein. Wenn das Herrn Reschkes Plan war: Chapeau! Aber Josip Brekalo vermisse ich trotzdem.

Wolfgang Dietrich

Vor ein paar Wochen habe ich ihn als Redner in einem völlig anderen Kontext erlebt. Was nicht bedeutet, dass er über etwas anderes gesprochen hätte, nein, da ging es schon um den VfB. Vielmehr stand der Rest der Veranstaltung unter einem ganz anderen Motto. Zahlreiche Referentinnen und Referenten trugen zu zahlreichen Facetten eines Gesamtthemas vor, waren häufig bestens vorbereitet und noch dazu wirklich gute Redner/-innen, die Themen waren spannend. Der VfB-Vortrag wirkte angeflanscht, Herr Dietrich hatte keine ausgearbeitet Präsentation im Gepäck, gab aber ein paar Einblicke in das Innenleben des Vereins und ging auf mediale Herausforderungen ein, plauderte über diesen oder jenen Transfer, ohne allzu viel Verve oder Esprit. Dem Publikum, das einem ganz anderen Lebensbereich zuzuordnen ist, war es egal. Es hing an seinen Lippen, applaudierte laut und lange, und die Selfiequote – der Präsident und ich! – beim anschließenden gemeinsamen Imbiss war bemerkenswert hoch. Der Mann ist wichtig. Dass ihn das nicht stört, mag ich ihm per se nicht verübeln. Da gibt es anderes.

Dennis Aogo

Instagram! Spielerfrauen-TV! Was weiß ich was alles! Außerdem Reschkerampe, Alibi-Fußball, you name it. Ok, sein Alibi-Fußball, der stört mich wirklich. Die Auswahl an Gelegenheiten, in denen der gemeine Zuschauer (hier: ich) die Chance wittert, den Raum sieht, in den er, Aogo, hineinsprinten könnte, um Gefahr über die linke Bahn zu erzeugen, oder wenigstens die gegnerische Defensive zu irgendeiner Art von Bewegung zu zwingen, die anderswo Möglichkeiten eröffnen könnte, und in denen er dann doch lieber stehen bleibt und absichert, oder, so er selbst den Ball am Fuß hat, ihn elegant mit der Sohle zurückzieht und nach hinten abdreht, das aber in einer lässigen Art und Weise, die früher auf dem Schulhof oder im Freibad bewundernde Blicke mit sich gebracht hätte, ist reichhaltig. Man könnte ein hübsches Youtube-Video damit füllen.

Er geht nicht ins Risiko. Vielleicht weiß er, dass er nicht schnell genug zurückliefe. Oder zumindest nicht oft. Und vielleicht ist das besser als ein Linksverteidiger, der zu oft ins Risiko geht. Vielleicht hat Hannes Wolf deshalb häufig – zu meinem Missfallen – auf Aogo statt Insua gesetzt, oder Aogo und Insua: Eben weil Aogo solide spielt, in der Regel verlässlich. Und auch, wenn er nicht gerade Elfmeter verursacht, immer wieder mal in brenzligen Situationen zur Stelle ist.

Eventuell teile ich diese Meinung nicht mit allzu vielen Menschen. Zumindest nicht mit VfB-Fans, scheint mir. Oder auch den Eindruck, dass seine Partie in Wolfsburg so schlecht nicht war. Er ist insgesamt nicht sonderlich beliebt, was an ihm ebenso liegen mag wie daran, dass er als Paradebeispiel eines Reschke-Transfers gilt, neben Andreas Beck, der aber eben nicht so auftritt wie Aogo und keine unverschämten Interviews gibt. Wie gestern, als er folgendermaßen zitiert wurde:

“Der Trainer hat nicht versucht, uns mit Informationen zu überfrachten. Das war der richtige Weg. Man merkt, dass er erfahren ist.“

Der Aufruhr war groß, was für eine Frechheit! Übles Nachtreten! Und natürlich lassen die Witze über seine geistigen Möglichkeiten nicht auf sich warten. Kann man natürlich mal machen. Oder man fragt sich, woher so eine Aussage kommen mag. Wie sollte er überhaupt auf so etwas kommen, mit seinen eingeschränkten geistigen Möglichkeiten? Vielleicht hat er es ja einfach nur jemandem nachgeplappert?

Am Ende gar dem Trainer? Wollte er sich bei ihm lieb Kind machen? Oder ihm einfach nur recht geben? Fand er vielleicht, dass die Strategie aufgegangen sei? Ich weiß es nicht. Ja, ich habe gezuckt ob des zweiten Satzes, dieses “Man merkt, dass er erfahren ist.” Fand ich nicht nett Hannes Wolf gegenüber. Mittlerweile glaube ich nicht mal mehr, dass dieser Satz ein Seitenhieb gegen Wolf sein sollte. Der erste sowieso nicht.
Aber ich bin halt auch eher so der leichtgläubige Typ.

Benjamin Pavard

Träumchen. Großartige Entwicklung. Aber wem sage ich das? Wäre schon schön, ihn noch ein Weilchen hier zu sehen. Auch nach Holger Badstubers abzusehendem Abgang. Der, also Badstuber, aufpassen muss, dass sein zur Schau getragenes Selbstbild ihm nicht irgendwann auf die Füße fällt.

Keine Lust

Am Montagabend gewann der VfB Stuttgart gegen einen unmittelbaren Konkurrenten mit 3:1, und das war ziemlich schön. Neutrale Beobachter zogen den Hut, Fans, soziale Netzwerke und Medien überschlugen sich vor Begeisterung, rund um das Stadion blickte man in verzückte Gesichter, deren Strahlen man bisweilen auch tags darauf beim Bäcker oder im Büro noch erahnen konnte.

Und wie sie alle darüber redeten! Menschen, mit denen ich so gut wie nie über Fußball spreche, die vermutlich von meinem Interesse ebenso wenig wussten wie ich von ihrem, konnten nicht an sich halten, die Begeisterung platzte buchstäblich aus ihnen heraus, ob sie nun nur ferngesehen oder die gemeinschaftliche Freude im Stadion erlebt hatten.

Meensch, der VfB! Endlich! So hatten wir uns das von Anfang vorgestellt! Der Maxim, meine Fresse! Und Brekalo, dieses Büble, aber mit allen Wassern gewaschen. Fällt a bissle leicht, Jugo halt, woisch, und dann noch Asano, schnell wie d’Sau, kommt ja von Arsenal. Der Gintschek und sein Kollege, der Terodde, was für ein Sturm, da wäre in der Bundesliga so mancher froh, und die können ja auch richtig gut miteinander, und sie schwärmen und schwelgen, und fast erschrecken sie darob ein bisschen.

Aber, sagen sie dann, und jeden Tag ist es seither ein bisschen deutlicher zu vernehmen, noch ist ja nichts  … und auch am Montag hätte ja, wenn Union oder der Schiedsrichter  … hoffentlich heben Sie jetzt nicht … und wir kennen ja alle unsern VfB, Sie wissed scho, die haben schon so oft …

Ach, lasst mich doch in Ruhe! Ja, die Saison ist noch nicht zu Ende. Ja, da kann noch ne Menge schiefgehen. Aber ganz ehrlich: Ich werde es nicht verhindern können. Ob ich heute am Rad drehe, mir schon mal das Outfit für die Aufstiegsfeier zurechtlege und dem Chef sage, dass ich am 22. Mai keine Lust habe, vielleicht auch schon am 15. oder gar am 8., oder ob ich mich zur Ordnung rufe und mir für jeden überschwänglichen Satz den Mund mit Seife auswasche, ehe ich mich als Flagellant versuche, nun, es macht keinen Unterschied.

Kein Spieler, kein Trainer, niemand aus dem Funktionsteam wird wegen meiner Euphorie auch nur einen Hauch unkonzentrierter an die nächsten Aufgaben herangehen. Auch dann nicht, wenn es da draußen 50.000 andere wie mich gibt. Und wenn mein Stadionnachbar vom Uefa-Cup-Finale 2019 im Neckarstadion träumt, nun, dann sei es eben so. Maxim ist es egal. Brekalo auch, und Insúa erst recht.

Montag war toll, es folgen noch vier weitere Spiele in der zweiten Liga, auf die das Trainerteam die Spieler in aller gebotenen Ernsthaftigkeit vorbereiten und die diese Mannschaft dann mit hinreichendem Erfolg bestreiten wird, oder eben nicht, aber das hat dann nichts mit mir zu tun. Ich freue mich riesig auf diese Spiele, hoffe, wie es Fußballfans eben tun, auf ähnliche Auftritte wie am Montag, und am Ende steht der Aufstieg. Falls nicht, erfahre ich es noch früh genug. Aber Chef, am 22. Mai hab ich keine Lust.

 

 

 

Pommes rot-dings

Vor mehr als fünf Jahren stand hier zu lesen, also virtuell hier, tatsächlich noch an etwas anderer Stelle, wie er so war, der erste Stadionbesuch mit meinem Erstgeborenen: “Hoffenheim, ey – typisch mein Alter!” Kurzfassung: gelungen. Der Stadionbesuch.

Zwischenzeitlich war er immer mal wieder dabei und dürfte mittlerweile auch das Alter jenes jungen Mannes überschritten haben, der sich dereinst in der alten Cannstatter Kurve ein paar Meter hinter uns regelmäßig mit einem lautstarken, wenn auch noch etwas piepsigen “Die Hände!” zu Wort meldete, angefeuert von den umstehenden Erwachsenen, und dabei im Lauf der Zeit zusehends heranwachsender gekleidet war. Kürzlich habe ich mich gefragt, ob ich wohl wissen möchte, was in der Zwischenzeit aus ihm geworden sein mag, ob er noch zur Schule geht, vielleicht eine Ausbildung begonnen hat, ob er weiterhin regelmäßig im Neckarstadion anzutreffen ist, vielleicht auch in zahlreichen anderen Stadien der Republik, und wo er möglicherweise in der Kurvenhierarchie angekommen ist.

Oder jene hübschen jungen Frauen, Mädchen eher, Zwillinge vermutlich, denen etwa zur selben Zeit das Interesse umstehender männlicher Teenager galt, neben dem Fußball, selbstredend, und die dieses Interesse dann zumindest in einem Fall auch eine Zeitlang erwiderten, was mir, der ich altersmäßig ihr Vater sein könnte, gerade bei diesem einen Typen in einer Art und Weise missfiel, die ich in wenigen Jahren, wenn meine eigenen Töchter ein bisschen älter sind, in potenzierter Form erfahren und erleiden werde. Mehr oder weniger still.

Besagte junge Damen sah ich vor einigen Monaten auf dem Weg zum Stadion in der Stadtbahn, nach wie vor mit Fanutensilien, nach wie vor mit männlichen Interessenten, und lächelte in mich hinein, wissend, dass das Wiedererkennen, oder auch nur das Erinnern, vielleicht gar das damalige Wahrnehmen, nicht auf Gegenseitigkeit beruhte.

Neulich, gegen Sandhausen, war ich wieder mit einer jungen Dame im Stadion – meiner älteren Tochter. Ob Sandhausen nun eine bessere Wahl ist als damals Hoffenheim, sollen die beiden jungen Leute dereinst unter sich ausmachen. Drei Punkte gab’s in beiden Fällen, und auch das Stadion war jeweils gut gefüllt, die Stimmung, das Erlebnis entsprechend. Eine glückliche Fügung führte gegen Sandhausen dazu, dass die Plätze unmittelbar vor uns leer blieben, sodass die junge Dame nicht gezwungen war, die ganze Zeit auf der wackligen Sitzfläche zu stehen, gestützt von ihrem zunehmend wackligen Vater, wie die tapferen Mitlesenden, die oben dem Link zum Hoffenheim-Spiel folgten, erahnen könnten; vielmehr stand sie lange Zeit auf dem Boden, saß gar phasenweise, den Oberkörper windend, um das Spielfeld zu sehen – was per se schon mal ziemlich gut war. Der Wille, das Spielfeld zu sehen, meine ich.

Die Fragen nach den Werbebanden, nach der Anzeigetafel oder gar nach der verbleibenden Spieldauer waren vergleichsweise selten, bis hin zu inexistent, Einwürfe der Kategorie “Oh, fast ein Tor für Sandhausen oder wie die heißen!” deutlich häufiger, häufiger auch als beim damals noch etwas jüngeren Bruder, wenn auch nicht immer vollends gerechtfertigt. Klar, die Trommler waren spannend, und überhaupt die kleine Sandhäuser Schar am anderen Ende des Stadions, deren Gesänge man naturgemäß nicht so gut verstand wie die der Leute um einen herum, auch wenn der Papa da gelegentlich Verständnishilfe geben musste durfte – weshalb es dann doch wieder sinnvoll war, auf die Sitzfläche zu steigen, um eine relativ kontinuierliche Kommunikation zu ermöglichen.

Apropos Kommunikation: Relativ früh hatte ich ihr zu verstehen gegeben, dass ein Toilettenbesuch aus logistischen Gründen möglichst vor oder nach der Pause erfolgen sollte. Das kluge Kind hielt sich daran, wir gingen nach einer guten halben Stunde, und was soll ich sagen?! Da war voll! Kein appetitliches Thema, ich weiß, aber wieso bildet sich während des laufenden Spiels eine Toilettenschlange? Interessieren die sich alle nicht für Fußball? Ich kann ja schon sehr schwer damit umgehen, dass Menschen während des laufenden Spiels Getränke und Speisen holen, aber da erkenne ich zumindest, dass es in der Pause möglicherweise ein hoffnungsloses Unterfangen ist, rechtzeitig zum Anpfiff wieder am Platz zu sein, aber so ein Toilettengang, mal ehrlich, ach, ich sollte das jetzt vielleicht nicht weiter ausführen.

Wo wir also schon mal draußen waren und unmittelbar neben der Verpflegungsstation standen, war es kein großes Ding, dem kindlichen Drang nach Pommes nachzugeben – auch vor dem Hintergrund, dass das Kind vor dem Spiel nichts gewollt, dann aber selbstverständlich Papas rote Wurst aufgegessen hatte. Tja. Nun also Pommes. Und natürlich lässt es sich ein Verein wie der VfB nicht nehmen, deren rot-weißes Element offensiv herauszuheben, was auch im Sinne von Tochter und Papa ist, die sich also mit den noch ungefärbten Pommes auf den Weg zur Dekoabteilung machen, um rotes Ketchup und, äh, wo ist denn die Mayonnaise, also, wie jetzt, goldgelben Senf draufzugeben? Göttinger Gruppe, anyone?

Aber was hat sie sich gefreut, als das 2:1 fiel. Gewiss, sie hatte keine andere Wahl, Ekstase allerorten, Simon Terodde Fußballgott, Sie wissen schon, Carlos Mané gleich noch dazu, und hinterher vertraute sie mir an, sie habe heute den schönsten Tag des Jahres erlebt. Und nun kommen Sie mir nicht mit dem Datum, mein Herz ging auf und ist es noch, und beim nächsten Mal möchte sie aber auch ihren Bruder dabei haben und hach.

Sandhausen war also durch, der Aufstieg aus meiner Sicht ja ohnehin längst in trockenen Tüchern, und so ließ ich meinen Vater telefonisch wissen, dass der VfB, so man in Heidenheim gewönne, nicht nur definitiv aufsteige, sondern auch Meister werde. Was dann ja auch souverän gelang, also das Gewinnen, und dass die angebliche Souveränität auch mit dem russischen Streamanbieter zusammenhängen mag, der mich die letzten paar Minuten vom Spiel ausgeschlossen hat, will ich gar nicht abstreiten in Betracht ziehen.

Und so kommt es also, wie wir alle seit Jahrzehnten gesagt haben, und sogar noch besser: Nicht nur 84-92-07-17, nein, dank der neuen Situation können wir auch noch die 77 und damit eine weitere Dekade vereinnahmen, Sie wissen schon, damals, als man im letzten Spiel nur deshalb kein Tor mehr schoss, um die glatte 100 zu sichern.

Was ich geraucht habe? Sie müssen mich verwechseln. Geraucht hat der DFB, der im Jahre 2017 glaubt, Carlo Ancelotti wegen eines ausgestreckten Mittelfingers zur Räson bringen zu müssen. Entsetzlich! Überhaupt herrscht dieser Tage in der Fußballwelt reichlich Entsetzen. Beim DFB, wie gesagt, über Herrn Ancelottis Fingerfertigkeit, bei Menschen mit einem besonderen Gespür für Benachteiligungen über den Bayern-Bonus und bei Twitter über Timo Werner. Gut, dass sich die junge Stadiongängerin nicht für sowas interessiert.