Sperrvermerk

Zwei deutsche Mannschaften treffen im Finale der Champions League aufeinander. Ich freue mich für beide Vereine, für viele Spieler, einige Verantwortliche, aus aktueller Sicht: für the beautiful game, und für zahlreiche Twitterbekanntschaften aus beiden Lagern. Und ich weiß noch nicht, für wen mein Herz am 25. Mai schlagen wird. Wobei “für niemanden” keine wirkliche Option darstellt – theoretisch durchaus, doch wenn das Spiel läuft, wird mir irgendetwas signalisieren, wer doch bitteschön den Abend erfolgreich gestalten möge.

Schön auch, dass keine der beiden Mannschaften auf gesperrte Spieler verzichten muss. Das gebe ich gerne zu, auch wenn ich in den letzten Tagen an der einen oder anderen Stelle die Minderheitenmeinung vertrat, dass Gelbsperren, auch im Finale, mit meiner Vorstellung von einem hochklassigen sportlichen Wettbewerb durchaus harmonieren. Gedankenspiele, wie sie im Vorjahr, als der FC Bayern eine (inoffizielle) Anfrage an die Uefa richtete, um eine Aufhebung der Sperren beider Finalisten auszuloten, in aller Munde waren, und wie sie auch dieses Jahr angesichts zahlreicher im Halbfinale potenziell gefährdeter Münchner Spieler wiederholt geäußert wurden, irritieren mich, das Bemühen um eine generelle Amnestie vor künftigen Finalspielen ist mir suspekt.

Wenn zudem Jupp Heynckes im Vorjahr gesagt haben soll, es sei dem Publikum “eigentlich nicht zumutbar, dass die besten und wichtigsten Spieler nicht dabei sind”, so kann ich das aus seiner damaligen Sicht zwar verstehen; dass es letztlich aber stets die betreffenden Spieler sind, die sich nicht an die Regeln halten, sich nicht im Griff haben oder auch ganz bewusst den Gegner durch eine unsportliche Aktion seiner Chance auf das Finale berauben, mag außer Acht lassen, wer will – ich möchte es nicht tun, auch wenn ich mich damit irgendwo zwischen aus der Zeit gefallen und moralinsauer einordne.

Am Ende des Tages ist diese Sichtweise wohl auf ein – gewiss subjektives – Gerechtigkeitsempfinden zurückzuführen. Ich finde es völlig in Ordnung, wenn ein Spieler, der in völliger Kenntnis der Regeln und Regularien gelbe Karten und daraus resultierende Sperren in Kauf nimmt, dann auch die Konsequenzen zu tragen hat. Nicht nur das: ich finde auch diese Regeln und Regularien völlig in Ordnung. Ohne indes zu sagen, dass ich jegliche Anpassung kritisch sähe. Ob zum Beispiel ein Spieler bereits mit fünf gelben Karten zum zweiten Mal gesperrt werden soll oder vielleicht erst beim sechsten Mal, also nach jeweils drei Karten, darüber kann man sicherlich mit guten Argumenten auf beiden Seiten diskutieren. Auch wenn ich fünf Verwarnungen in maximal elf Spielen für eine Größenordnung halte, die die zweite Sperre keineswegs unangemessen erscheinen lässt.

An meiner Grundhaltung ändert es ohnehin nichts: Sanktionen sind richtig. Auch für ein Finale. Wenn also, hypothetisch, Bastian Schweinsteiger am Mittwoch verwarnt worden wäre, so hätte ich das mit Blick auf das Endspiel zutiefst bedauert. Um dann mir selbst gegenüber hinzuzufügen, dass nicht nur fünf gelbe Karten eine Menge sind, sondern dass ich es auch nicht für völlig abwegig halte, wenn die Mannschaft, die in 12 Spielen 28 mal gelb gesehen hat, im Endspiel auf einen Spieler verzichten muss, während jenes Team, dessen Spieler nur 13 mal verwarnt wurden, schadlos bleibt. Fühlte sich für mich nicht ganz falsch an.

Egal. Es dürfen alle mitspielen, ich freu mich drauf, bis dahin haben bestimmt auch alle die Sache mit dem eben nicht deutsch-deutschen Finale verinnerlicht, und ansonsten warte ich geduldig auf die letzten paar Tage vor dem Finale, wenn ganz langsam das mediale Rumoren beginnt.

Und wenn dann nach 2015 die Gelbsperren abgeschafft werden, schau ich trotzdem noch zu.