Was für eine coole Sau!

Es würde mich nicht gänzlich überraschen, wenn der eine oder die andere Leser(in) den Namen Manfred Burgsmüller in erster Linie mit seiner zweiten Sportlerkarriere im American Football verbindet oder ihn primär als einen Helden der Kreisklasse sieht. Die Älteren werden sich zweifellos auch an seinen Fünferpack gegen Olli Isoaho erinnern.

Für mich indes ist er der Schütze des Bundesligatores, das mich in gut 30 Jahren am stärksten beeindruckt, ja verzaubert hat. Sicher, ich bin nicht alt genug, um die Bundesligatreffer der 60er und frühen 70er Jahre zeitnah gesehen zu haben. Auch Klaus Fischers Fallrückzieher – die ja nicht ernsthaft mit den vielen billigen Kopien vergleichbar sind, die man in all den Jahren danach so gesehen und prämiert hat – habe ich erst ein paar Jahre später zu sehen bekommen. In den 90er und 00er Jahren lagen meine Prioritäten manchmal etwas anders, sodass ich die Bundesliga phasenweise recht nachlässig verfolgte.

Die 80er aber waren mein Jahrzehnt, vor allem deren zweite Hälfte, zum Teil auch noch die frühen 90er. Wenn ich mich heute durch die damaligen Tore des Monats klicke, gibt es nur sehr wenige, bei denen ich passen muss – auch wenn viele im Rückblick eher beliebig wirken. Und einige haben sich in mein Gedächtnis regelrecht eingebrannt. Dies gilt in besonderem Maß für das Solo von Daniel Simmes oder auch für Jürgen Wegmanns Scherenschlag Seitfallzieher unbeschreiblichen Treffer gegen Andreas Köpke.

Auch einige andere Treffer sind unvergessen, so zum Beispiel Jürgen Klinsmanns Fallrückzieher gegen die Bayern, weil es meines Wissens das einzige “Tor des Jahres” war, das ich im Stadion gesehen habe, oder Helmut Winklhofers Eigentor, natürlich auch Okochas Tänzchen mit Oliver Kahn, Sören Lerbys Freistoß gegen Werder, Labbadia als Stehaufmännchen, Rüdiger Wenzels Außenrist-Hacke-Flugeinlage im Hamburger Derby, das Frankfurter Hochballspiel mit Uwe Beins brachialem Abschluss, Allgöwers kongeniale Vollendung nach Sammers Lupfer, und noch einige mehr.

Über allen thront allerdings Manni Burgsmüller, der gerade wegen Kevin Kuranyi Zweistelligkeit wieder in vieler Munde ist. Es mag spektakulärere Treffer gegeben haben, doch sein Tor für den SV Werder im November gegen Gladbach machte mich schlichtweg sprachlos. Otto Rehhagel hatte in den Jahren zuvor so manche überraschende Personalentscheidung getroffen und dabei den Satz “Es gibt keine alten Spieler, nur gute und schlechte” hoffähig gemacht. Er hatte Erwin Kostedde mit 34 aus Frankreich in die Bundesliga zurück geholt, Klaus Fichtel und Karl-Heinz Kamp waren bis ins sehr hohe Fußballalter gesetzt, und dann, im November 1985, verpflichtete er den fast 36jährigen Burgsmüller aus der zweiten Liga, wo er in der Vorsaison für Rot-Weiß Oberhausen 29 Treffer erzielt hatte.

Kopfschütteln allenthalben. Alte Defensivspieler, ok, aber ein Stürmer? Noch dazu war Werder mit Völler, Neubarth und dem jungen Ordenewitz nicht allzu schlecht besetzt, Rudi Völlers schwere Verletzung noch nicht abzusehen.

Am 20. November trat Werder als Tabellenführer beim unmittelbaren Verfolger aus Mönchengladbach an. Burgsmüller stand bei seinem Debüt für Werder von Beginn an auf dem Platz und wurde in der 66. Minute von Rudi Völler so brillant angespielt, dass er freie Bahn auf das Tor von Uli Sude hatte. Burgsmüller ließ sich nicht lange bitten, und anstatt sich mit der Ballannahme oder gar einer Eins-gegen-Eins-Situation mit dem Torhüter aufzuhalten, lupfte er den Ball aus 20 Metern mit dem rechten Außenrist über den Hüter. Wie immer mit extrem lässig auf dem Spann drapierter Zunge:

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=26oVPpRAwOs&start=456”]

(Leider wurde das ursprüngliche, qualitativ bessere Video gelöscht.
Alternativvideo.)

Was für eine Antwort auf alle im Vorfeld geäußerten Zweifel.

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Na, hat jemand Lust, über “sein” großartigstes Bundesligator schreiben? Hier in den Kommentaren oder auch im eigenen Blog? Ich würd’s gerne lesen.