Aufstiege, Abstiege, Zwischenlösungen

Waren nicht schlecht, die Relegationsspiele neulich, ne? Also zumindest die zwischen zweiter und dritter Liga, und dort vornehmlich das Rückspiel. Bielefelder mögen das anders sehen.

Wieder einer jener Abende, die zu erfassen einzig Sir Alex Fergusons geflügeltem Wort “Football, bloody hell!” gelingt. Abstrakt gesehen.

Bei Twitter jagte ein Superlativ den vorhergehenden, und nicht selten las man sinngemäß Folgendes:

“[Lob des Spiels], [Lob der Darmstädter], [Lob des Fußballs], [Ungläubigkeit], [Faszination], aber Relegation ist trotzdem doof und gehört abgeschafft.”

Was ich, den Umstand außer Acht lassend, dass all diese Metazitate niemals in 140 Zeichen gepasst hätten, was arg an meiner Glaubwürdigkeit rüttelt, für eine völlig legitime Sichtweise halte. Die ich nicht im Geringsten teile, aber darum geht es ja nicht. Es gibt gute Argumente gegen die Relegation, zweifellos, und es gibt meines Erachtens auch gute Argumente dafür. Sie alle wurden vielerorts und häufig genug ausgetauscht.

Der einzige Aspekt, der mich in den vergangenen Tagen verwunderte, wohl weil er mir in den Vorjahren nicht so häufig begegnet war, so zumindest meine Erinnerung, war die Schlussfolgerung mancher Relegationsgegner, manchmal mehr, manchmal weniger explizit ausgeführt, dass man dann ja konsequenterweise auch dazu übergehen müsse, den Meistertitel in einer Play-Off-Phase, zumindest aber in einem Endspiel der beiden Punktbesten auszuspielen.

Das kann ich nicht nachvollziehen. Verzeihung, nachvollziehen kann ich es schon, aber ich empfinde es nicht als folgerichtig. Im einen Fall, der Meisterschaft, haben sich 18 Mannschaften in einem gemeinsamen, in sich (ab-)geschlossenen Wettbewerb ein Jahr lang gemessen. Am Ende steht ein Ergebnis, das die eine als objektiv besser als die andere ausweist.

Im anderen Fall, wenn es um Auf- und Abstieg geht, betrachten wir zwei (oder mehr) Mannschaften, die in getrennten, hierarchisch klar einzuordnenden Wettbewerben spielen und die sich im Lauf der Saison weder begegnet sind noch sich mit den gleichen Gegnern gemessen haben. Eine Aussage über die relative Stärke können wir nicht seriös treffen.

Implizit beschäftigen wir uns auch mit der Frage, wie groß der Unterschied, bzw. wie groß eine Schnittmenge zwischen den beiden Ligen ist, innerhalb derer nur geringe sportliche Unterschiede bestehen. Diese Frage wurde irgendwann dahingehend beantwortet, dass die beiden Besten der niedrigeren Klasse mit den beiden Schlechtesten der höheren Klasse die Plätze tauschen sollen. Jahre später hat man sich dann für deren drei entschieden, in anderen Ländern mag die Tauschliste länger oder kürzer sein.

Wo die optimale, je nach Interpretation leistungs- oder leistungsvermögensgerechteste Lösung liegt, weiß man nicht, vermutlich ändert es sich von Jahr zu Jahr, beziehungsweise, was in unserer Ligen- und Saisonstruktur nicht relevant ist, in kürzeren Abständen. Der Gedanke, am Ende einer jeden Saison ganz konkret in einem sportlichen Duell der Grenzgänger auszuloten, wo die Kante aktuell verläuft, ist in diesem Kontext kein abwegiger.

Dass man darin eine zu zeitpunktbezogene, tagesformabhängige, zugespitzte Form der Entscheidungsfindung sehen kann, die dem Spieljahresprinzip zuwider läuft, liegt auf der Hand. Oder dass man hinterfragen kann, ob jeweils zwei fixe und ein variabler Auf- bzw. Absteiger richtig gewählt sind. Wieso nicht drei plus eins, zum Beispiel? Legitime Sichtweise.

Ganz abgesehen davon, dass der Verdacht, es gehe DFL und DFB in erster Linie darum, zum Saisonende ein maximales Spektakel zu bieten, nicht auszuräumen ist, noch nicht einmal von der Hand zu weisen. Was man dann natürlich doch als Gemeinsamkeit mit einem Meisterschafts-Play-Off sehen kann, wenn man möchte. Auf einer aus meiner Sicht arg sportfernen Ebene.

Wie schaffe ich jetzt nur die Überleitung zum HSV? Nee, sorry, da muss ich passen. Muss es eben so gehen.

Der Hamburger Sportverein, der sich dem Vernehmen nach im abgelaufenen Jahr auf dem Platz häufig ähnlich sportfern betätigte wie der VfB Stuttgart, nahm ebenfalls an der Relegation teil, stand aber im Schatten der Darmstädter. Dennoch schlug er den Herausforderer aus Fürth aus dem Feld, der ebenfalls ausführlich diskutierten Auswärtstorregel geschuldet, was den geschätzten Kollegen vom Fürther Flachpass zu grundsätzlichen Aussagen zum Kräfteverhältnis zwischen erster und zweiter Liga und einer, wenn ich ihn recht interpretiere, systemimmanenten Benachteiligung der Zweitligisten animiert hat.

Ich kann das, wie auch dort per Kommentar geäußert, nicht ganz nachvollziehen (wohl wissend, dass die finanziellen Rahmenbedingungen in den beiden Ligen sehr unterschiedliche sind). Den Fürther Nichtaufstieg nach zwei unentschieden gestalteten Spielen empfinde ich unabhängig davon als bitter. Was andersherum analog gälte.

Wie auch immer: der Dino ist dem Abstieg von der Schippe gesprungen, die Uhr darf weiterlaufen, der HSV bleibt der einzige Bundesligist, der noch nie abgestiegen ist. So las ich zumindest. Und war, wie manch andere(r), nicht ganz einverstanden:

Die geneigte Leserin weiß natürlich, dass es da noch ein paar weitere Vereine gibt, die zwar nicht von Anfang an dabei gewesen sein mögen, die aber nie in die zweite Liga abgestiegen sind. Was für sich genommen wiederum eine problematische Aussage ist, da ja auch Preußen Münster, Tasmania Berlin, Borussia Neunkirchen und Rot-Weiß Oberhausen, vielleicht habe ich auch noch jemanden vergessen, für sich in Anspruch nehmen können, nie von der Bundesliga in die zweite (Bundes-)Liga abgestiegen zu sein, sondern nur in die jeweilige Regionalliga.

Aber das mag selbst der sachkundigen Leserschaft ein bisschen zu speziell sein, nicht im Sinne von “wissen wa nich”, eher von “Korinthenkacker!” Beschränken wir uns also auf die Frage nach den aktuell Unabsteigbarengestiegenen, die leicht beantwortet ist, wie auch die (hier nicht dokumentierten) Reaktionen auf diesen Tweet zeigten:

Genau. Es handelt sich um den HSV, den FC Bayern, Bayer Leverkusen, den VfL Wolfsburg, die TSG Hoffenheim, den FC Augsburg und den SC Paderborn. Die eine oder andere Ungenauigkeit bei den Vereinsnamen bitte ich gönnerhaft hinzunehmen.

Sieben ist ne Menge, nicht wahr? Nicht zuletzt vor dem Hintergrund besagter (und historisch vollauf gerechtfertigter) HSV-Fokussierung, gerade auch wenn man das Ganze spätestens seit der Zeit verfolgt hat, als noch von vier verbliebenen Dinos, die damals noch nicht so genannt wurden, Hermann hieß ohnehin keiner von ihnen, die Rede war: dem HSV, Köln, Frankfurt und Kaiserslautern. Und jetzt sollen es plötzlich sieben sein?

Ja, ist so. Und vor zwei Jahren waren es auch so viele. Danach muss man aber schon bis 1995/96 zurückgehen, um auf gleich viele bzw. mehr unabgestiegene Bundesligisten zu stoßen. In den zwanzig Jahren zuvor lag man stets zwischen acht und elf, erstmalige Ab- und erstmalige Aufstiege hielten sich offensichtlich ungefähr die Waage, die stärkeren Veränderungen unmittelbar davor, also zu Beginn der 70er, mögen zum Teil mit dem Bundesligaskandal zu tun gehabt haben, vielleicht auch, abstrakter, mit der anstehenden bzw. erfolgten Einführung der zweiten Liga, aber so genau habe ich mir das nicht angesehen. In ihren ersten vier Jahren hatte die Bundesliga übrigens stets aus Vereinen bestanden, die noch nie abgestiegen waren.

Im ersten Jahr zudem, und das ist wahrlich eine Binsenweisheit, aus lauter Neulingen. Nach der Aufstockung 1965 waren nie mehr drei oder gar mehr Neulinge vertreten, bis 1980 aber zumindest so gut wie immer zumindest einer. Danach bröckelte das ein wenig, mit gelegentlichen Ausreißern, also gleich zwei Neulingen auf einmal. Menschen meiner Generation werden sich sogleich an Blau-Weiß 90 Berlin oder den FC Homburg erinnern, an die historische Besonderheit mit Dynamo und Hansa sowieso, und danach wurde es dünn.

Um die Jahrtausendwende hatten wir noch einmal eine, Verzeihung, Freaksaison mit Neulingen aus Unterhaching und Ulm, die derzeit recht weit von der Bundesliga entfernt sind, was im Ulmer Fall gerade in diesen Tagen ein König unter den Euphemismen ist. Sieht man dann noch von Energie Cottbus ab, so haben die meisten Vereine, die seit Ende der 90er erstmals aufgestiegen sind, beginnend mit Wolfsburg, die Klasse durchgehend gehalten, über die einjährige Mainzer Verschnaufpause sehe ich nonchalant hinweg, und Fürth, siehe oben.

Seit 2008 mit Hoffenheim darf man wohl sogar von einer kleinen Trendwende sprechen, einer Mini-Renaissance der Neulinge. Über die Bewertung dieses Umstands scheiden sich die Geister insofern, als insbesondere Hoffenheim, aber auch Augsburg mit ihren Finanzstrukturen nicht zwingend geeignet sind, das Herz all derer höher schlagen zu lassen, die sich eine Offenheit der Bundesliga für Underdogs wünschen. Wünsche ich mir auch. Was mich nicht daran hindert, das (Achtung, böses Wort!) “Projekt” Hoffenheim interessiert und gelegentlich den Hut ziehend zu verfolgen.

Als Underdogs kann man sie indes nicht ernsthaft einordnen, und auch Augsburg nur bedingt. Leipzig wird in absehbarer Zeit recht laut an die Tür klopfen, Ingolstadt möglicherweise etwas leiser. Da freut man sich dann vielleicht besonders über die Fürths und Paderborns dieser Welt.

Kommt Heidenheim auch bald? Und sind sie dann gut oder böse? Werden sie gar eine neue “Region” sein können? Die Zeit wird es weisen. In der Zwischenzeit kann ja der eine oder die andere nach Fehlern suchen:

Geschichte wiederholt sich nicht.

Der VfB Stuttgart wird also Deutscher Meister, heißt es.

Allenthalben pfeifen und zwitschern sie es jetzt von den Dächern. In Blogs und Zeitungen gilt das Ganze bereits als abgemacht, und auf allen Kanälen muss darf kann man Vergleiche zum Stuttgarter Meisterjahr 2007 anhören, ansehen und lesen. Der VfB habe einen Lauf, zudem keinen Druck, verfüge über einen Trainer mit dem Sieger-Gen, könne auf den besten deutschen Stürmer bauen, in der Mannschaft stimme es sowieso, und und und….

Ja, auch ich freue mich enorm über die Entwicklung der letzten Monate, und für ein bisschen Euphorie bin ich absolut zu haben. Sollte der VfB am Samstag gegen die Frankfurter Eintracht gewinnen, werde ich ganz bestimmt in den Chor derer einstimmen, die “Deutscher Meister wird nur der VfB” brüllen.

Aber dann werde ich heim gehen, mir die Sportschau ansehen, mich über den Sieg und die günstige Tabellensituation freuen und “Schön, ein weiterer Schritt zur Qualifikation für einen internationalen Wettbewerb” denken. Vermutlich würde ich mich dabei sogar mit einem Sieg der vor dem VfB liegenden Bayern bestens arrangieren können, der die bedrohlich aufkommenden Schalker in Schach hielte.

Der Vergleich zum Jahr 2007, so sehr er sich aufgrund der letzten Wochen aufdrängen mag, ist weit überzogen. Dass er nicht ausbleiben kann, versteht sich allein deshalb von selbst, weil kein “Experte” Gefahr laufen will, sich ein zweites Mal vom vermeintlichen Überraschungsmeister aus Stuttgart an der Nase herum führen zu lassen. Da kann es sicher nicht schaden, vor dem VfB zu warnen oder sich gar mit einer gewagten Prognose aus dem Fenster zu lehnen, die man im Nachhinein leicht als Überschwang abtun kann.

Vergleicht man jedoch die heutige Situation mit der vor zwei Jahren, so wird deutlich, dass die Ausgangsposition heute ungleich schwieriger ist:

Punkte:

Vor zwei Jahren hatte man nach dem 28. Spieltag einen Rückstand von 4 Punkten auf den Tabellenführer, 2 auf den Zweiten, und stand seinerseits 2 Punkte vor Platz 4. Alle anderen waren abgeschlagen.

Heute liegt der VfB 6 Punkte hinter dem Ersten, je 3 hinter Platz 2 und 3, und einen Punkt hinter dem Vierten. Von hinten drohen zwei weitere Gegner, die ihrerseits einen sogenannten Lauf haben; der Kampf gegen Letztere ist für die Meisterfrage allerdings irrelevant.

Um es mit einer ungewöhnlichen und wohl auch fragwürdigen Rechnung auf den Punkt zu bringen: 2007 musste der VfB auf seine Konkurrenten insgesamt 6 Punkte gut machen, dieses Jahr sind es deren 13.

Gegner:

Vor zwei Jahren hatte man es mit Werder und Schalke sowie zunächst noch mit den Bayern zu tun. Die Bayern erlebten für ihre Verhältnisse eine desaströse Saison, hatten im Lauf der Saison einen seltsamen Trainerwechsel und das Karriereende von Sebastian Deisler hinter sich gebracht und waren weit von den eigenen Ansprüchen entfernt. Blieben Schalke und Werder. Während die Bremer von vielen als sehr stabil und folglich als künftiger Meister eingeschätzt wurden, lag bei Schalke doch immer ein Hauch von 2001 und das Wissen, dass sie in der Bundesliga schon mehrfach kurz vor Toreschluss gescheitert waren, in der Luft.

2009 hat man es mit Wolfsburg, Bayern, dem HSV und der Hertha zu tun. Während ich im Grunde überzeugt bin, dass der VfB an der Hertha vorbeiziehen wird, erscheinen mir die drei anderen zu stark bzw. zu gefestigt, um alle drei noch zu überholen. Nun ist “gefestigt” sicher kein Attribut, das man den Bayern derzeit auf Anhieb verleihen würde – zu wechselhaft waren ihre Leistungen im Lauf der Saison. Gleichzeitig verfügen sie aber über so viel individuelle Klasse, dass ich mir einen derben Einbruch noch nicht vorzustellen vermag. Den HSV und Wolfsburg würde ich indes absolut als gefestigt bezeichnen. Die letzten Spiele der Niedersachsen haben gezeigt, dass sie -ähnlich wie der VfB 2007 gegen Hannover, in Gladbach oder in Bochum- auch die Spiele gewinnen, bei denen man leicht ins falsche Fahrwasser geraten könnte. Wenn man nicht diese fantastische Offensive hätte. Auch der HSV hat, nicht zuletzt in seinen Uefa-Cup-Spielen, mehr als einmal bewiesen, dass er sich nur ganz schwer die Butter vom Brot nehmen lässt. Und im Gegensatz zu Wolfsburg sind die Hamburger mit Blick auf die Bundesligaspitze auch keine heurigen Hasen.

Restprogramm:

Im Jahr 2007 hatten alle drei Titelaspiranten auf dem Papier ein vergleichsweise leichtes Restprogramm. Der VfB hatte am 30. Spieltag noch ein Kräftemessen mit den Bayern; die anderen Gegner hießen Hannover, Gladbach, Mainz, Bochum und Cottbus. Auch die Bremer Gegner schienen nicht unschlagbar. Allerdings musste man 4 der letzten 6 Spiele auf des Gegners Platz bestreiten. Das größte Problem für Schalke bestand darin, dass man noch zwei Derbys vor der Brust hatte: beide auswärts, und beide gingen letztlich auch verloren.

Dieses Jahr hat es der VfB als einziger der 5 Bewerber in den letzten 6 Spielen noch mit zwei direkten Konkurrenten zu tun (Vor- oder Nachteil?) und bestreitet seine beiden letzten Auswärtsspielen bei Schalke und den Bayern. Was ebensowenig ein Spaziergang werden dürfte wie Herthas 4 Auswärtsspiele. Auch Wolfsburg wird sich bei seinen Fahrten nach Hoffenheim, Dortmund und Bremen auf starke Gegenwehr gefasst machen müssen. Der HSV muss neben dem Heimspiel gegen die Hertha zwar noch nach Dortmund und Bremen reisen; die Abschlussserie Bochum (H) – Köln (H) – Frankfurt (A) dürfte die Hamburger Anhänger indes zuversichtlich stimmen. Bleiben die Bayern, die mit vier Heimspielen und Gastspielen in Cottbus und Hoffenheim nicht allzusehr hadern dürften.

Insgesamt haben meines Erachtens zwei der drei vor dem VfB platzierten Mannschaften (Bayern und der HSV) ein deutlich leichteres Restprogramm. Jenes von Wolfsburg erscheint zwar deftig; ich könnte mir jedoch vorstellen, dass sie es in ihren letzten drei Partien allesamt mit Gegnern zu tun haben, für die es um nichts mehr geht: Dortmund (?), Hannover und Bremen.

Fazit:

Alles in allem bin ich der Überzeugung, dass sich Geschichte nicht wiederholen wird, zumindest nicht mit dem selben Protagonisten – dann schon eher mit einem Überraschungsmeister Wolfsburg und seinem Rückrundenlauf. Wobei ich Wert auf die Feststellung lege, dass der Titel “Überraschungs-” oder gar “Zufallsmeister” für mich eine Beleidigung der Mannschaft ist, die nach 34 Spieltagen ganz oben steht, egal wie sie heißt.

Für den VfB halte ich die Plätze 3-5 für wahrscheinlich, mit etwas Glück Platz 2, wenn’s dumm läuft Rang 6. Wenn ich mich festlegen müsste, würde ich auf die 4 setzen.

Aktuelle Tipps

Tipp Nr. 1: zeitnah kommunizieren

Tipp Nr. 2: Europäisches Fußballradar

Ich für meinen Teil habe mich leider nicht an Tipp Nr. 1 gehalten und bin deshalb jetzt der Nachzügler, der mit deutlicher Verspätung auf probeks wunderbare Initiative “Europäisches Fußballradar” hinweist.

Dem Initiator ist es gelungen, die erste wirklich objektive und für alle Zukunft den Monat März verbindliche europäische Fußballclubrangliste erstellen zu lassen, indem er deutschsprachige Fußballblogger (w/m) um ihr Votum zum aktuellen Leistungsstand der üblichen Verdächtigen (oder jedes anderen Teams) bat. Ein ausgeklügelter Berechnungsmodus lieferte schließlich eine Tabelle, die noch nicht allzu viele Überraschungen mit sich brachte:

ManUnited vor Liverpool, Barca, Chelsea und den Bayern stellen eine Spitzengruppe dar, die man möglicherweise auch Marcel Reif zugetraut hätte. Wenngleich der Kreis der absoluten Spitzenteams vermutlich auch künftig eher wenige Überraschungen mit sich bringen dürfte, kann ich mir doch gut vorstellen, dass sich die beteiligten Blogger nach einer ersten vorsichtigen (will sagen: nahe am Mainstream befindlichen) Bewertung in den kommenden Monaten etwas stärker in die Sache vertiefen und gegebenenfalls auch mal überragende Leistungen in der Ligue 1 oder in der tipp3-Bundesliga powered by T-Mobile Scottish Premier League mit einer hohen Punktzahl belohnen. Ich freu mich auf jeden Fall schon auf probeks nächste Aufforderung zur Stimmabgabe und werde gleich zur Vorbereitung auf die Aprilausgabe die aktuellen Entwicklungen in der Turkcell Süper Lig recherchieren, die in der detaillierten Auflistung der Märzabstimmung ein Schattendasein fristet.

Tipp Nr. 3: Wolfsburg wird Meister

Bevor ich mich mit dem Uefa-Ausland befasse, will ich es jedoch nicht versäumen, Vollzug zu melden: nachdem ich mich neulich bei Catenaccio in den Kommentaren zu einer Tabellenprognose hinreißen ließ, habe ich die restlichen Spieltage nun komplett durchgetippt und bin zum bereits vorhergesagten Ergebnis gelangt, was mich angesichts dessen, dass ich tatsächlich nicht bewusst getrickst habe, doch etwas überrascht: Wolfsburg wird demnach in der Tat Meister, vor den Bayern, die’s am vorletzten Spieltag in Hoffenheim vergurken. Der HSV darf in die CL-Quali, und Hertha sowie -völlig überraschend- der VfB spielen im Uefa-Cup. Etwas unerwartet hat sich indes die Abstiegsfrage entwickelt:

tipptabelle_20090329

Tipp Nr. 4: nicht zu weit aus dem Fenster lehnen

Tja, allem Anschein nach habe ich nun auch gegen Tipp Nr. 4 verstoßen und freue mich darauf, diese Prognose am 23. Mai um die Ohren gehauen zu bekommen.

Lazy Sunday Afternoon.

Da hätte ich mir mal eine Scheibe vom VfB abschneiden sollen: während ich mich mit einem offensichtlich gebrauchten Tag herumärgern musste, dessen Tiefpunkt schon recht früh im heftigen Stirn-volle-Pulle-gegen-die-scharfe-Bettkante-Sturz des Sohnemanns bestand, haben sich die Stuttgarter Bundesligakicker den Ratschlag der Small Faces zu Herzen genommen und einen faulen Sonntagnachmittag eingelegt.

Wenn Horst Heldt, der in dieser Saison schon das eine oder andere ganz bittere Spiel verdauen musste, sich mit den Worten “So sauer wie heute war ich noch nie” zitieren lässt, ist im Grunde alles gesagt. Einige wenige Sätze will ich gerne hinzufügen, zu mehr habe ich nicht die geringste Lust.

Es ist weiß Gott nicht so, dass mich die gestrige Niederlage (der Vollständigkeit halber: 4-0 in Bremen) überrascht hätte. Zu positiv, fast schon euphorisch hatte allzu Vieles geklungen, was man in den vergangenen Tagen rund um das Neckarstadion gehört hatte. Schlagdistanz zur Spitze. Lieber Platz 2 als Platz 5. Boka will Meister werden. Und so weiter.

Schön und gut, das alles, und ich bin gewiss einer der Letzten, die sich für ständiges Understatement aussprechen, aber: dann muss man dem halt auch Taten folgen lassen. Den entsprechenden Willen zeigen. Vorwärtsgang einlegen. Und so. Und vielleicht sollte man auch einmal betrachten, was man im Verlauf der Saison gezeigt hat. Ob man wirklich glaubt, über 34 Spieltage mit dem HSV, mit den Bayern, ja, auch mit Hoffenheim und der Hertha, oder gar mit Wolfsburg auf Augenhöhe zu sein. Wenn man die Situation realistisch betrachtet, und in diesem Fall nehme ich für mich in Anspruch, das bereits in den letzten Wochen, ganz euphoriefrei, getan zu haben, sind mindestens diese 5 Mannschaften einfach stärker. Die einen in spielerischer Hinsicht, die anderen kämpferisch, manche beides, und fast alle bei der Einstellung. Von denjenigen, die hinter dem VfB lauern, will ich erst einmal gar nicht reden.

An meiner Einschätzung hat sich für somit durch das gestrige Spiel im Grunde nichts verändert. Aufgrund der Leistungen dieser Saison gehört der VfB nicht in den UEFA-Cup. Mit etwas einer Menge Glück kann er dennoch dort landen – dann freu ich mich wie Bolle, klar. Aber ich weiß nicht, wie das gehen soll. Mit welchen Mitteln will man bereits am Wochenende die disziplinierte Hertha-Verteidigung aushebeln? Ah ja, hoffen auf Gomez, stimmt.  Wie will man gegen die Abstiegskandidaten bestehen, die mit Herzblut in die letzten 10 Spiele gehen? Worauf soll sich die Hoffnung gründen, am letzten Spieltag in München den Platz im internationalen Geschäft zu sichern?

Ich weiß es nicht. Und hoffe, dass alles anders kommt.

Abbitte.

[Schon wieder eine Überschrift stibitzt, diesmal von Ian McEwan. ]

Ja, ich habe Elson Unrecht getan. Er legt weitaus mehr Durchsetzungsvermögen an den Tag, und auch ein höheres Tempo, als ich ihm zugetraut hatte. Dass seine ruhenden Bälle besser sind, als man das in Stuttgart in den letzten Jahren gewohnt war, steht ohnehin außer Frage (ist aber auch keine Kunst…). Und nun tritt er auch noch als Torschütze in Erscheinung – Chapeau.

Ansonsten wenig Neues beim Baden-Württemberg Derby. Wenn ich mich selbst nach dem Hinspiel zitieren darf:

Der erwartete Sieg.

Eigentlich hat sich gestern nichts Besonderes ereignet. Der VfB Stuttgart schlug den Karlsruher SC. Wie so oft.

Naja, letztlich stimmt “wenig Neues” nur mit Blick auf das Ergebnis und die obligatorischen Ausschreitungen. Ansonsten gab’s beim VfB schon ein paar Veränderungen: Niedermeier gab sein (vielversprechendes) Debüt, Kapitän Hitzlsperger saß auf der Bank, ebenso Hilbert, Cacau, Simak und Träsch, die alle am Donnerstag in der Startaufstellung gestanden hatten.

Das Spiel selbst verlief dann aber unspektakulär. Der KSC war in der ersten halben Stunde klar spielbestimmend, entwickelte aber keinerlei Torgefahr. Anders der VfB: als man endlich aufgewacht war, trafen Marica und Lanig (im Gespann mit Eichner, damit keiner sagt, die folgende Ecke sei unberechtigt gewesen) Aluminium.

Die Karlsruher verstanden das Signal: “Wir haben jetzt genug Zeit gehabt, uns auszutoben. Gefährlich wurden wir erwartungsgemäß nicht. Jetzt sind die anderen dran. Und wahrscheinlich wird der Gegner auch irgendwann treffen. Wie jedes Wochenende halt. Schade.” Und damit war das Spiel im Grunde gelaufen. Elson traf nach der Pause, der KSC mühte sich ähnlich zwingend wie die Stuttgarter gegen Zenit, und kurz vor Schluss strafte mich auch noch Khedira Lügen, dessen einziges Manko ich immer in der mangelnden Dynamik gesehen hatte.

Einen ausführlicheren Blick gibt’s bei der Hirngabel, wo zudem die aktuelle Tabellensituation beleuchtet wird, die sich insofern nur bedingt verbessert hat, als man zwar Punkte auf die internationalen Ränge gutgemacht hat; unterdessen kristallisiert sich mit Wolfsburg jedoch eine weitere Mannschaft heraus, die der VfB eher nicht in Schach halten wird. Folglich muss man sich wohl auf die zweifelhafte Hoffnung verlassen, dass sich die Bayernkrise bis zum Saisonende fortsetzt, oder dass Hertha doch noch einen Totaleinbruch erleidet – den ich beim HSV nicht erwarte.

Gleichzeitig muss man selbst seine Hausaufgaben machen und Leverkusen, die konsolidierten Schalker, den kommenden Gegner Dortmund und vielleicht auch noch Werder hinter sich lassen. Klingt nach einer schönen Herausforderung.