Es gibt keine Kleinen mehr.

Viele schreiben den obigen Satz Satz Herrn Völler zu, und meinetwegen soll er auch von ihm stammen. Nun wissen wir aber auch, seit er vor einigen Wochen sein Fenistil vergaß, dass Frauenfußball nicht seine große Liebe ist, und vermutlich auch nicht seine Domäne. Und doch hatte er schon damals recht: auch bei den Frauen gibt’s, zumindest bei der WM, keine Kleinen mehr. Bisher. Kann sich noch ändern, aber ein zweistelliges Ergebnis, wie es noch 2007 vorkam, erwarte ich in den nächsten Wochen eher nicht.

Vermutlich haben auch die Engländerinnen nicht unbedingt erwartet, gegen Mexiko am Rande einer Niederlage zu taumeln, hatte man doch die bisher einzige Partie (wenn auch bereits 2005) gegen die heutige Nr. 22 der Weltrangliste mit 5:0 gewonnen. Vize-Europameister England liegt heute auf Rang 10, gegenüber 2005 haben sich die Platzierungen nur geringfügig verändert: damals lag England auf 14, Mexiko auf 25. Auf Platz 7 steht in der aktuellen Liste Frankreich, Nigeria findet man auf der 27, und auch wenn bei der allerersten Begegnung der beiden Mannschaften am Sonntag spielerisch mitunter ein deutlicher Unterschied auszumachen war, hätte es für Frankreich mit etwas Pech auch schief gehen können. Für Deutschland auch. Kanada ist zwar in der Weltrangliste auf Rang 6 platziert und damit nur 4 Ränge hinter dem deutschen Team, aber die Bilanz von zuvor 8 deutschen Siegen mit 32:9 Toren, darunter erst im September 2010 ein 5:0, ließ die ExpertInnen vor den Bildschirmen auf ein deutlicheres Ergebnis hoffen. Das 6:0 des diesjährigen “Geheimfavoriten” Japan (Nr. 4 der Welt) gegen Neuseeland (Nr. 24) liegt indes bereits 6 Jahre zurück, 2008 und 2010 reichte es nur noch zu einem 2:2 und einem 2:1 – Neuseeland war wohl damals schon nicht mehr klein.

Zahlenspielereien, klar. Und zu früh für eine seriöse Bewertung. Man weiß ja, wie die italienischen Männer normalerweise ins Turnier starten, um dann doch immer ins Finale zu kommen. Oder war das früher, als es noch Kleine gab? Dennoch: das Feld scheint enger zusammengerückt zu sein. Sicher, Japan war gegen Neuseeland wohl überlegen, und wann immer ich mal kurz reinschauen konnte, bewegte man sich vor dem neuseeländischen Tor; aber der möglicherweise erwartete Spaziergang war es dann doch nicht. Das fiel auch Aya Miyama nach ihrem Siegtreffer gerade noch rechtzeitig ein, als sie, nachdem sie zunächst die Coole gegeben hatte (wäre ja noch schöner, gegen die Nr. 24 der Welt), dann doch noch wie aufgezogen lossprintete, um mit den Kolleginnen auf der Bank zu feiern. Das zweite direkte Freistoßtor am zweiten Spieltag, diesmal kam’s Herrn Illgner schon sehr nahe – vielleicht ist an der Sache mit der Sprungkraft der Torhüterinnen doch was dran…

An der Sprungkraft lag’s bei Karen Bardsley vielleicht auch ein bisschen. Meinetwegen auch an der Herkunft, man suche sich seine Witze zusammen. Oder daran, dass sie Mónica Ocampo einen Abschluss aus über 30 Metern nicht zutraute – was insofern nicht gänzlich überrascht, als mich die junge Mexikanerin in den ersten Spielminuten ein wenig an die Zeiten von Steffi Graf erinnerte, als noch nicht jede ihrer Gegnerinnen uneingeschränkt durchtrainiert wirkte. Oder, um es feundlicher auszudrücken – und das war tatsächlich mein erster Gedanke, noch bevor ich ihre fußballerischen Fähigkeiten auch nur rudimentär einschätzen konnte -, an Diego Maradona. Und der schoss schließlich auch selten aus 32 Metern.

Aber die Engländer, die brachte er aus dem Konzept, damals. Genau wie Mónica Ocampo deren Landsfrauen. Danach war es ein anderes Spiel, man konnte förmlich zusehen, wie den einen das Selbstvertrauen (man frage nach bei Querschlägerin Eniola Aluko) und die Kontrolle über das Spiel völlig abhanden kamen, während die anderen zunehmend Gefallen daran fanden, die Mittellinie zu überqueren. Bernd Schmelzer, der in meinem Geiste nach wie vor, dem gefälschten Vornamen zum Trotz, als Ex-Club-Präsident gilt, sprach übrigens, wenn ich ihn richtig verstanden habe, von der “Mittelhälfte”, aber das nur am Rande. “Marigol” hätte der Freistoßgeschichte ein weiteres Kapitel hinzufügen können, und beim einen oder anderen Angriff gegen nur noch unwillig zurücklaufende Engländerinnen hätte man ihnen, nicht zuletzt der Torschützin und Dinora Garza, ein wenig mehr Selbstvertrauen und vielleicht auch Eigensinn gewünscht. Kelly Smith spielte auch mit.

Es gibt keine Kleinen mehr. Die Mannschaft ist der Star.
Und am Dienstag haut dann Schweden Kolumbien her, ehe Abby Wambach die Zuschauer in Dresden verzaubert.

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