Baden-Württemberg hängt hinterher. Kennt man ja. Während andernorts die Sommerferien schon fast wieder vorbei sind, gab es hierzulande am heutigen Mittwoch Zeugnisse. Zum Teil mit Noten, klar, althergebracht, zum Teil aber auch in verbalisierter Form. Im Hause Kamke wurde die eine oder andere Beurteilung für fremde Kinder verfasst, die eines eigenen Kindes habe ich auch zu lesen bekommen, und in all dieser Verbalbeurteilerei sind mir ein paar übriggebliebene Absätze in die Finger gekommen. Die Zeugniskonferenz liegt einige Wochen zurück, aber Sie wissen ja: Zeugnisse gibt’s halt erst Ende Juli. Da ist das Geschehen dann auch einen Tick weiter weg und wird manches nicht mehr so heiß gelesen, wie es einst geschrieben wurde, ehe man es vielleicht kurzfristig doch noch ein wenig abkühlen ließ.
Im abgelaufenen Jahr gelang es der Gruppe lange nicht, die Lehren aus dem missglückten Vorjahr in nennenswerte Fortschritte umzumünzen. Eine weiterhin enorme Fehlerhäufigkeit und ein betrüblicher Mangel an Kreativität ließen keine verbesserten Ergebnisse zu, sodass zwischenzeitlich das Erreichen des Klassenziels für die gesamte Gruppe als nahezu utopisch galt. Erst in den letzten Wochen besann sie sich ihrer Stärken, bereitete die Abschlussprüfungen sehr zielstrebig, einfallsreich und in teilweise sehr hohem Tempo vor. Diese offensive Herangehensweise zahlte sich aus: zwar entstand durch den gewählten Mut zur Lücke die eine oder andere kritische Konstellation; letztlich resultierten aber überdurchschnittlich viele fulminante Abschlüsse, mit denen in dieser Form nicht gerechnet werden konnte.
Sven war nicht in der Lage, die Zweifel an seiner Eignung zu zerstreuen, sodass ihn das Lehrpersonal zwischenzeitlich von Prüfungsaufgaben befreite. Besonders kritisch sind seine zum Teil lückenhaften Grundlagen. Seine Arbeitsweise ist bei zeitkritischen Aufgaben häufig zu zögerlich; mit modernen, stärker technisch geprägten Methoden tut er sich schwer und hält an unflexiblen, de facto abstoßenden Strategien fest. Klassische lineare Aufgaben löst er weiterhin mit Bravour, auch bei frontalen Einzelprüfungen sammelt er mit breiter Brust Punkte. Sein angekündigter Umzug kommt überraschend; bei intensiver spezifischer Betreuung in der neuen Einrichtung könnte er sein Leistungsniveau sicherlich verbessern. Wir wünschen ihm, dass er dort nicht nur eine Nummer zwei Nummern unter vielen ist.
Thorsten durfte kurzzeitig anstelle von Sven an einzelnen Prüfungen teilnehmen, ließ dabei aber noch das eine oder andere Defizit erkennen und vermittelte bei Gruppenarbeiten nicht den Eindruck, seinen Teammitgliedern den Rücken freizuhalten. Der Wechsel des Lehrpersonals ließ ihn nur scheinbar aufblühen. Der angedachte Wechsel in eine kleinere Einrichtung erscheint sinnvoll.
Florian wechselte vor Beginn des abgelaufenen Jahres aus einer hochsubventionierten ausländischen Einrichtung nach Cannstatt und integrierte sich sehr rasch in die Gruppe. Seine Prüfungsleistungen waren in unterschiedlichen Bereichen häufig überdurchschnittlich; gelegentlich wäre ihm etwas mehr Zielstrebigkeit zu wünschen. Ein Gespräch ist erwünscht. Thema: Kleiderordnung. Er sollte anstelle sogenannter Hotshirts Hemden in seiner Größe tragen.
Daniels Leistungen waren in der Regel wiederum durchwachsen, eine grundsätzliche Verbesserung war indes, trotz einiger solider Leistungen zum Ende hin, nicht zu erkennen. Gemeinsam mit dem Lehrpersonal ist es ihm nicht gelungen, eine seiner beiden möglichen Vertiefungsrichtungen deutlich zu stärken, sodass auch weiterhin in beiden Bereichen bestenfalls befriedigende oder ausreichende Ergebnisse zu erwarten sind. Gleichermaßen unglücklich wie unverständlich war, dass er bereits zu Jahresbeginn Kritik an der Unterstützung durch den Förderverein äußerte.
Antonio hatte aufgrund einiger Sportunfälle auffallend viele Fehlzeiten zu verzeichnen. Dies war insbesondere vor dem Hintergrund bedauerlich, dass er im Verlauf des Jahres regelmäßig andeutete, zu welchen Leistungen er fähig sein kann, was auch mit der Teilnahme an internationalen Vergleichsarbeiten belohnt wurde. Sowohl bei der Mitarbeit als auch und vor allem im Verhalten hat er sich deutlich verbessert, sodass man von einer positiven Entwicklung bei den Kopfnoten sprechen kann. Der von seiner Familie in Erwägung gezogene Umzug wäre bedauerlich.
Georg ist schon sehr lange in der Gruppe und hat dabei stets Verantwortung übernommen. Sein Beitrag zum Gruppenklima ist sehr wichtig und lässt über manche Schwächen, beispielsweise im Fach Technik und beim strukturierten Aufbau von Gruppenarbeiten hinwegsehen. Einzelne gravierende Fehlleistungen führten dazu, dass er von den Abschlussarbeiten befreit wurde. Im neuen Jahr darf er gern weiterhin Zusatzaufgaben übernehmen, sollte aber im Gegenzug eine Reihe von Prüfungsleistungen auslassen. Ein Gespräch ist erwünscht.
Timo durfte aufgrund seiner Begabung einen Jahrgang überspringen und stieß kurzfristig aus einer deutlich jüngeren Gruppe zu uns. Er nahm an zahlreichen Prüfungen teil und erbrachte trotz seiner verständlichen Nervosität weitestgehend sehr ordentliche Leistungen. Dabei brachte er sich auch bei Gruppenarbeiten bereits sehr geradlinig ein. Die kurzzeitig intensive Unterstützung durch den Förderverein nahm er dankbar auf und setzte diesen Rückhalt in erfreuliche Leistungen um.
Gotoku gelang es trotz seiner vielseitigen Begabung erneut nicht, die erhofften Leistungen zu erbringen. Wiederum wirkte er oftmals übermotiviert und scheiterte dann bereits an eigentlich kleinen Herausforderungen. Es ist abzusehen, dass es ihm auch auf Sicht nicht gelingen wird, an die Prüfungsergebnisse früherer Jahre anzuknüpfen. Der vorgesehene Wechsel an eine andere Einrichtung erscheint daher sinnvoll. Wir machen uns Sorgen.
Adam hatte, etwas überraschend aus einer kleineren Einrichtung kommend, von Beginn an Schwierigkeiten, das erhoffte Leistungsniveau zu erbringen. Die Zweifel, die auch seitens des Fördervereins im Vorfeld geäußert worden waren, konnte er zu keinem Zeitpunkt zerstreuen und auch das Lehrpersonal nicht nachhaltig für sich gewinnen, obwohl er mit offensivem wie defensivem Auftreten alle ihm zur Verfügung stehenden Register zog. Ein Gespräch ist erwünscht, um Perspektiven an anderen Einrichtungen auszuloten.
Konstantin war bereits im Vorjahr mit einigen Freunden aus einer anderen Einrichtung zu uns gekommen, zu der unser damaliger Leiter des Fachbereiches Sport eine enge Beziehung gepflegt und so eine gewisse Durchlässigkeit zwischen den Einrichtungen installiert hatte. Leider gelang es Konstantin jedoch nicht mit hinreichender Konstanz, gute Leistungen zu erzielen. Mitunter hätte man ihm ein etwas defensiveres Auftreten gewünscht, anstatt allzu offensiv zu agieren, ohne dabei Eindruck zu hinterlassen. Da er zuletzt weder an Prüfungen nach am Förderunterricht teilnehmen durfte, ist der Wechsel an eine kleinere Einrichtung folgerichtig.
Christian übernahm innerhalb der Gruppe jederzeit große Verantwortung. In vorbildlicher Weise half er seinen Freunden sowohl in den vorderen als auch in den hinteren Reihen. Gelegentlich verzettelte er sich dabei ein wenig, sodass seine eigenen Leistungen mitunter litten und speziell die Erwartungen hinsichtlich seines Abschlusses zwischenzeitlich sehr gering waren. Gerade zum Ende hin fokussierte er sich aber wie die gesamte Gruppe zusehends und verdiente sich Bestnoten. Seine Identifikation mit der Einrichtung ist bemerkenswert.
Oriol kam im Rahmen eines Austauschprogramms von einer internationalen Einrichtung und nahm von Beginn an mit großer Selbstverständlichkeit an den Prüfungen teil. Seine Leistungen waren dabei strukturell gut; seine Arbeitsgeschwindigkeit war jedoch verbesserungswürdig, sodass er unter Druck geriet und ermahnt oder gar verwarnt werden musste. Im Lauf des Jahres wurde er seltener zu Prüfungen zugelassen, zeigte sich aber stets arbeitsam und motiviert. Das Ende seines Austauschprogramms ist angesichts seiner entwickelten Identifikation bedauerlich.
Carlos hatte zu Beginn einen recht schweren Stand, insbesondere nach einer sehr schlecht verlaufenen kapitalen Zwischenprüfung. Mit dem Wechsel des Lehrpersonals erhofften wir uns eine deutliche Leistungssteigerung und wieder regelmäßigere Teilnahme an Prüfungsleistungen, doch es gelang ihm nicht, seine zweifellos vorhandenen Fähigkeiten in entsprechende Ergebnisse umzusetzen. Im Herbst machte er bei einer regionalen Vergleichsarbeit dennoch erstmals nachdrücklich sein Interesse an einem Abschluss deutlich. Carlos wird auf Probe übernommen.
Moritz gilt als hochbegabt und deutete dies in der Vergangenheit sowohl innerhalb der Einrichtung als auch bei internationalen Vergleichsarbeiten an. Im abgelaufenen Jahr gelang es ihm jedoch bestenfalls sporadisch, die Begabung in Leistung umzusetzen. Während seine Talente zumindest regelmäßig aufblitzen, lässt sich die nötige Ernsthaftigkeit anhand seiner Bemühungen nicht immer erkennen. Er wird die Einrichtung zum Ende seines Austauschprogramms wieder verlassen. Dem Förderverein wie auch der Leitung war an einer Verlängerung nicht gelegen.
Geoffroy stieß im Winter von einer ausländischen Einrichtung zu uns, deren Förderverein und Leitung in ihrer Bewertung seiner Aggressivität und Zielstrebigkeit uneins waren. In Cannstatt fügte er sich vom ersten Tag an nicht nur bestens in die Gruppe ein, sondern übernahm unmittelbar Verantwortung. Mitunter trieb er es mit seiner forschen Art etwas zu bunt; in Gruppenarbeiten gelang ihm jedoch, seine Freunde zu besseren Leistungen anzustacheln. Gerade in den letzten Prüfungswochen fand er eine sehr gute Balance aus aggressivem Bemühen und strukturierter, durchaus anspruchsvoller Vorbereitung.
Sercan konnte auch in seinem zweiten Jahr die Erwartungen nicht erfüllen. Es gelang ihm nicht, seine hohe Arbeitsgeschwindigkeit mit der nötigen Zuverlässigkeit zu vereinen; auch außerhalb der Unterrichts- und Prüfungszeiten agierte er gelegentlich deutlich übereilt. Seine ausgeprägte Affinität zu sozialen Medien wurde als störend empfunden. Sercan verlässt die Einrichtung zum neuen Jahr. Am letzten Tag erhält er sein Smartphone zurück.
Martin wurde auch im vergangenen Jahr wegen seiner Schwächen in Technik hin und wieder belächelt; er vermochte etwaige Defizite aber erneut durch großen Ehrgeiz und ebensolches Engagement wettzumachen. Er bewies wiederum seine außergewöhnliche Begabung in freier Rede, stellte in Biologie ein ausgeprägtes Faible für die Tierwelt unter Beweis und erreichte bei den Abschlussarbeiten trotz regelmäßig auftretender Konzentrationsmängel das beste Ergebnis der Gruppe. Ein im Raum stehender Umzug wäre bedauerlich, könnte aber Spielräume eröffnen.
Jérôme gehörte im abgelaufenen Jahr noch zu einer jüngeren Gruppe, wurde aber kurzfristig zur Prüfungsvorbereitung integriert und durfte gar, mit nervositätsbedingt überschaubarem Erfolg, an einer Prüfung teilnehmen. Im nächsten Jahr soll er fest zur Gruppe stoßen.
Daniel hatte leider einmal mehr enorme Fehlzeiten aufzuweisen. Zwischenzeitlich schien es, als könne er nicht an den finalen Gruppenarbeiten teilnehmen; tatsächlich gelang ihm dies aber in beeindruckender Weise und er schloss nicht nur selbst bemerkenswert ab, sondern half auch seinen Freunden mit einer sehr engagierten und kreativen Vorbereitung. Es wäre ihm, auch im Sinne der gesamten Gruppe, zu wünschen, dass er im kommenden Jahr seltener krank ist und regelmäßiger an Prüfungen teilnehmen kann. Ein Wechsel der Einrichtung wird nicht befürwortet.
Alexandru zeigte in der letzten, für viele entscheidenden Gruppenarbeit exemplarisch seine besondere Begabung, als er mit seiner Kreativität einen gelungenen Abschluss ermöglichte, dann aber wieder in den Hintergrund trat. Für eine noch bessere Integration in die Gruppe wäre ihm aus Sicht des Lehrpersonals ein ausgeprägterer Hang zu Ordnung und Disziplin zu wünschen, doch auch diesbezüglich sind seine Fortschritte unverkennbar. Ein Verbleib in der Einrichtung ist über die standardmäßige Einschätzung hinaus wünschenswert.
Timo hatte sich als jüngstes Gruppenmitglied bereits im Vorjahr rekordverdächtig integriert und keine Zweifel zugelassen, dass er den Abschluss sehr zielstrebig verfolgt. Im abgelaufenen Jahr musste er sich in einigen Bereichen konsolidieren und wurde vom Lehrpersonal des Öfteren von Prüfungen befreit beziehungsweise nur zu Teilprüfungen zugelassen. Dort bewies er seine hohe Arbeitsgeschwindigkeit, wirkte aber oft übermotiviert und konnte so in puncto Abschluss keine entscheidenden Fortschritte erzielen. Für das kommende Jahr besteht die begründete Hoffnung auf zählbar bessere Ergebnisse.
Filip kam nach einem etwas längeren bürokratischen Prozess relativ spät aus einer ausländischen Einrichtung zur Gruppe und tat sich lange schwer, seinen Platz zu finden. Erst als ihn das neue Lehrpersonal nach unterschiedlichen Versuchen bei seinen Freunden Daniel und Florian platzierte, konnte er seine Begabung entfalten und seine Freunde extrem schnell von seiner Art der Vorbereitung überzeugen, die einem klaren Schema und einer festen Struktur folgt. Im nächsten Jahr sollte er seinen Abschluss noch etwas klarer ins Auge fassen.
Vedad konnte im vergangenen Jahr nicht die Ergebnisse früherer Jahre erzielen. Es reichte leider nicht zum Abschluss, de facto wurde er nicht einmal zugelassen. Die Gründe waren vielfältig; nicht zuletzt wurde er von neuen Methoden und Entwicklungen im Bereich der Gruppenarbeit überrascht und konnte seine Fähigkeiten nicht angemessen zur Geltung bringen. Dabei verlor er nie die Geduld. Ein Gespräch ist erwünscht. Möglicherweise fände er sich in einer anderen Einrichtung besser zurecht.
Daniel stieß zu Jahresbeginn zur Gruppe, konnte aber lange Zeit aus gesundheitlichen Gründen nicht am Gemeinschaftsunterricht teilnehmen, geschweige denn an Prüfungen. Auch danach nahm die Integration noch einige Zeit in Anspruch, ehe er im letzten Drittel des Prüfungszeitraums bemerkenswerte Leistungen erbrachte, und zwar nicht nur in Sport, wo seine Athletik beeindruckte, und nicht nur in Technik, wo er kreative Ideen einfach umsetzte, sondern auch bei der Arbeitsgeschwindigkeit und der Vorbereitung auf den Abschluss – sein eigener war letztlich überragend.