Kalt erwischt.

Der VfB wurde am Wochenende kalt erwischt. Dies trifft zum einen auf die Mannschaft zu, die allem Anschein nach – ich habe nur ein paar Szenen in den dritten Programmen gesehen und einiges bei 90elf verfolgt – von der ersten bis zur letzten Minute völlig überfordert war.

Zum anderen, und das scheint mir fast noch schwerer zu wiegen, habe ich den Eindruck, dass das gesamte Umfeld genauso kalt erwischt wurde. Niemand konnte sich nach dem Befreiungsschlag in Glasgow vorstellen, dass nur wenige Tage später ein erneuter Tiefpunkt erreicht würde. Sicher, eine Niederlage galt keineswegs als ausgeschlossen, aber in dieser Form hat sie wohl niemand für möglich gehalten. Fans, Zeitungen, Blogger – im Grunde waren nach meiner Wahrnehmung alle überzeugt, dass man auf einem guten Weg sei, dass die Mannschaft sich der Situation bewusst sei, dass vielleicht auch die richtigen Akzente bei der Aufstellung gesetzt worden seien, und dass es sich eben doch bewährt habe, an Markus Babbel festzuhalten.

Doch nicht nur die relativ weit außen stehenden Beobachter ließen sich blenden. Wie sonst ist es zu erklären, dass sich Präsident Erwin Staudt zwischen Glasgow und Leverkusen ohne Not zu einer Aussage hinreißen ließ, die ohne allzu große Verrenkungen als “Jobgarantie” bis in die Winterpause (und damit wohl auch darüber hinaus  – es ist eher nicht anzunehmen, dass das Mainzer Timing als neues Erfolgsmodell um sich greifen wird) interpretiert werden konnte?

Zwar hätte Staudt vermutlich nur wenig Probleme damit, diese Aussagen als “Geschwätz von gestern” abzutun, wenn es denn doch zu einer Trennung käme, und wenn er sich doch nicht nur vom Übermut nach dem Spiel gegen die Rangers hat leiten lassen, sondern tatsächlich voll und ganz von Babbel überzeugt ist und keinen Deut von seinem Trainer abrücken will, ziehe ich meinen Hut. Ich kann nur nicht so recht daran glauben. Nicht nur bei der FAZ wird Staudt neben Horst Heldt “der Fraktion zugerechnet, die Handlungsbedarf sieht“, sprich: Babbel entlassen will.

Mit dieser Entlassung habe ich heute eigentlich fest gerechnet. Eben weil das gestrige Debakel in dieser Form offensichtlich so unerwartet kam und die Entscheidungsträger mit großer Wucht getroffen hat, ging ich fest davon aus, dass Horst Heldt seine dritte Trainerentlassung rasch umsetzen würde. Ich hätte es schweren Herzens begrüßt. Und bin überzeugt, dass Heldt es getan hätte, wenn die Regelung der Nachfolge bereits weiter gediehen wäre. Nun werden also Namen wie Franco Foda, der unvermeidliche Christian Gross, Guido Buchwald (Prust) oder gar Krassimir Balakov gehandelt. Letzteres bisher allerdings nur vom einstigen Tor des Tages, Hansi Müller, was mich hoffen lässt, dass nichts dran ist – zu sehr ärgere ich mich noch über Balakovs hochdotierten Rentenvertrag als Assistenztrainer unter Magath und Sammer. Aber das ist eine andere Geschichte.

Eine intensive Diskussion zum Thema “Entlassung ja oder nein” wird derzeit in den Kommentaren beim Brustring geführt, und im Fanpod-Blog gibt’s ein paar Fragen an den Trainer.