Nur so ein Gefühl

Ferguson, Hitzfeld, Cruyff, Irureta, Lobanowsky, Rexach, Toppmöller, Heynckes, dazu Rocha und Ivic.

Wer das ist? Nun, nach meiner Zählung handelt es sich dabei um alle Trainer, die je das Halbfinale der Champions League (also seit 92/93) erreicht haben und zuvor im Profifußball stürmten oder zumindest im offensiven Mittelfeld spielten. Vielleicht also im Wesentlichen die, die man früher – heute rutscht das ja alles nach hinten – als Kreativspieler bezeichnete. 10 von 37, wenn ich mich nicht verzählt habe, Defensiv sind es etwa doppelt so viele, man möge mich nicht darauf festnageln, darunter Ancelotti, Capello, Lippi, Rijkaard, Trapattoni oder auch Guardiola, einige andere haben nur unterklassig gespielt.

Sieht man sich die aktuelle Bundesligasaison an, findet man unter den 28 Trainern in Labbadia, Heynckes und Littbarski drei Stürmer, in Magath und Favre zwei Spielgestalter, Hecking könnte man auch noch nennen. Wobei festzuhalten ist, dass sich auch nicht sonderlich viele Defensivspezialisten im engeren Sinne finden: Schaaf, Klopp, Stanislawski, Frontzeck, Soldo, Kurz. Irgendwo dazwischen tummeln sich Veh und Gross, wohl auch van Gaal, die meisten anderen haben’s nicht oder nur sehr kurz in den Profifußball geschafft.

Über die Einordnung des einen oder anderen kann man natürlich geteilter Meinung sein. Und die Auswahl der Stichproben ist ohnehin eine völlig willkürliche. Dennoch hat sich mein Eindruck ein wenig verfestigt, dass es in der Regel nicht so sehr die großen Offensivspieler sind, die später auch als Trainer Karriere machen. Oder dass nur wenige der besonders erfolgreichen Trainer dereinst in der Offensive brillierten – zumal unter den oben genannten CL-Halbfinalisten mit Irureta, Rexach, Toppmöller, Heynckes, Rocha und Ivic 6 Eintagsfliegen sind; Cruyff zählt streng genommen auch dazu, aber da liegt’s am betrachteten Zeitraum.

Langer Rede kurzer Sinn: es ist nicht viel mehr als ein Gefühl, dass der Weg vom großen Offensivspieler zum großen Trainer nicht allzu häufig beschritten wird, und ich würde mich freuen, hier zahlreiche Gegenbeispiele um die Ohren gehauen zu bekommen. Gerne mit Erfolgsnachweis – muss aber kein Europapokalsieg sein, Dalglish zum Beispiel würde ich wohl auch so nehmen.

Und jetzt die eigentlichen Fragen: Wird aus Mehmet Scholl doch noch ein Trainer? Warum macht Herr Bierhoff den Lehrgang? Wie soll das was werden mit Labbadia?

0 Gedanken zu „Nur so ein Gefühl

  1. Roberto Mancini, 3x Meister mit Inter plus insgesamt 4 Pokalsiege in Italien mit der Fiorentina, Sampdoria und Inter

  2. Weiß nicht, ob der hier zählt: “Als Spieler wurde Weisweiler, der als Stürmer begonnen hatte, inzwischen aber auf die linke Abwehrseite gerückt war, zu dieser Zeit auch in die westdeutsche Auswahlmannschaft berufen.”

    Wohl nicht so richtig, oder? Zu lange her, zu wenig Stürmer?

  3. Dieser Herr, immerhin aktuell immer noch aktiv, erreichte so Einiges an internationalen Titeln:

    Weltpokal: 1985
    Europapokal der Landesmeister: 1984/85
    Europapokal der Pokalsieger: 1983/84
    UEFA-Pokal: 1976/77, 1990/91, 1992/93

    Allerdings war er nur Außenläufer. Ist das nu offensiv? Weiß ich nicht.

  4. Es gilt doch allgemein, daß Verteidiger eher die “cleveren” sind. Man könnte sich jetzt die Bundesliagakader anschauen und nach Abitur, bzw. Abiturnoten staffeln. Natürlich gibt es bei einer so großen Stichprobe jede Menge Gegenbeispiele, aber ich würde darauf wetten, daß die meisten Abiturienten untern den Abwehrspielern zu finden sind.
    Es hilft bei Stürmern, wenn Sie nicht zu viel nachdenken wie sie das Tor machen sollen und einfach nur schiessen; alte Trainerweisheit.
    Jetzt noch Rückschlüsse von Abitur auf Intelligenz (geringe Korrelation soweit ich weiß, aber besser als keine)und Rückschlüsse von Intelligenz auf beruflichen Erfolg(wieder geringe Korrelation), schon ist eine logische Stammtischfähige Argumentationskette geschaffen

  5. Zu eigentlichen Fragen! Ich bin sicher kein so toller Fußballexperte wie die Meisten hier. Ich interesiere mich halt dafür. Aber was einen guten Trainer ausmacht und warum Mehmet Scholl doch kein Trainer wird- das weiß ich sogar. Was braucht ein guter Trainer? Muß er mehr vom Fußball verstehen als Du? Muß er ausgefeilte Trainingsprogramme beherrschen? Muß er toll aussehen? Nein! Er muß ein guter Motivator sein (Scholl? Klinsmann!), er muß ein klasse Trainerteam haben (Klinsmann)und er muß ein Team aus dem Haufen machen (Klopp- obwohl der m.E. wirklich was vom Spiel versteht). Bei Klinsmann meine ich seine Zeit als Teamchef des Nationalteams, nicht seine Zeit bei München. Da sah man, daß er ohne diese Vorraussetzungen auch kein guter Trainer ist. Ich habe M.Scholl nur als Kommetator erlebt, nicht gerade inspirierend, nichts mitreißendes= kein Trainer.

  6. Oh, an die Nationaltrainer hatte ich irgendwie überhaupt nicht gedacht.

    @snej:
    Michels und Aragones hätte ich ja nie im Leben für Stürmer gehalten, keine Ahnung wieso.

    Dieser Löw, von dem Du sprichst, der hat allerdings noch nicht so viel gerissen, oder? Einmal DFB-Pokal und einemal österreichischer Meister, wenn ich das richtig sehe? 😉

    Und dank Wikipedia und Bobby Robson weiß ich jetzt auch, dass Halbstürmer Inside Forwards heißen.

    @Trainer Baade:
    Hm, Weisweiler finde ich schwierig, neige zur defensiven Einstufung.
    Bei Trapattoni hatte ich auch selbst schon kurz gerätselt, ihn dann aber als Defensivspieler betrachtet. Erstens, weil ich meine, Geschichten über den Verteidiger Trapattoni gelesen zu haben. Zweitens nehme ich seine Torstatistik (3 aus 284) zumindest als Anhaltspunkt. Drittens sagt Wikipedia über den Außenläufer folgendes: “Die direkten Gegenspieler der beiden Außenläufer waren in der Regel die beiden gegnerischen Halbstürmer.” Und viertens bezeichnet die italienische Wikipedia ihn primär als difensore, wahlweise auch als terzino (also Außenverteidiger) oder mediano, den man wohl als “Sechser” sehen könnte.

    @Gusteau:
    Mehr als eine stammtischfähige Argumentationskette wollte ich doch auch nicht – wollte sie nur von Euch untermauert sehen… Rinus Michels könnte uns da einen Strich durch die Rechnung machen 😉

    @Dr. Redu:
    Schon etwas gewagt, Deine These, oder? Sicherlich sind die Themen Rhetorik, Motivationskunst, gutes Team usw. wichtig. Aber eine fundierte Ausbildung erhoffe ich mir schon, und dass er mehr vom Spiel versteht als ich erst recht.

    @Mahqz:
    Aus dem Stand fallen mir zumindest zwei ein.

    Zoff war mit Italien im EM-Finale (ok, kein Titel) und hat mit Juve einen Europacup gewonnen.

    Goethals war mit OM erster Sieger der Champions League und hat auch ein paar meistertitel geholt. Zudem gewann er, das wusste ich bis eben auch nicht, mit Anderlecht mal den Pokalsiegerpokal.

    Preud’homme fällt mir grad ein, der hat international aber noch nichts gerissen.

    Nachtrag zu den Torhütern:
    Zenga wurde serbischer Meister.
    Zumdick, Latour, Stabel und Tilkowski arbeiteten zumindest in der Bundesliga.

  7. Natürlich braucht ein Trainer eine gute Ausbildung. MAcht ihn nur nicht zum guten Trainer. Oder was ist für Dich ein guter Rechtsanwalt, Arzt etc? Auch gut ausgebildet- alle gut? Das war mehr mein Gedanke.
    Gestatte mir eine Verständnisfrage: schaue gerade Schalke gegen ManU. Der Kommentator sprach von einer “negativen Abwehrbilanz” der schalker Abwehrspieler. Was ist das den? Negative Abwehrbilanz?

    1. Dass die Ausbildeung nicht alles ist, da sind wir uns sicher einig.

      Zu Schalke:
      ich hab das so nicht gehört. Was ich gehört habe, war, dass der Reporter allen Schalker Abwehrspielern eine negative Zweikampfbilanz attestierte. Kann aber nicht ausschließen, dass ich mich verhört habe bzw. dass mein Gehirn den Text nach seinen Vorstellunegn interpretiert hat.

      Unter negativer Abwehrbilanz könnte ich mir sonst auch nichts vorstellen.

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