Ach, Guido, wink doch mal!*

Lach ein bisschen, sei nicht so zerknirscht!

Sowas passiert, manchmal auch den Guten. Haste halt mal was falsch eingeschätzt, musst ja auch ohne Zeitlupe entscheiden. Echt jetzt, ich bin da der Letzte, der Dir das nicht nachsieht. Zumal Du ja auch Einsicht bewiesen hast. Und dass man es nicht so gerne hat, wenn einer, noch dazu wenn er groß ist und bedrohlich wirken kann, in die eigene persönliche oder gar intime Zone eindringt, versteh ich durchaus. Auch, dass Dir diese Einsicht erst mit etwas Verspätung kam, als der Eindringling schon zehn Meter weiter war, ehrlich. Die paralysierende Wirkung unappetitlicher Begegnungen der dritten Art.

Zumal man ja mal die Kirche im Dorf lassen und den Beschwerdeführern sagen muss, dass sie sich an die eigenen Nasen fassen mögen. Hat sie ja keiner gezwungen, sich gleich danach noch einen Ball ins eigene Tor zu schmeißen, anstatt sich darauf zu besinnen, dass man noch eine halbe Stunde Zeit hat und in aller Ruhe weitermachen könnte. War ja nach der Pause kurzzeitig ganz vernünftig geworden, was die da spielten, nach vorheriger Abkehr von der Solidität der letzten Wochen. Danach allerdings war das Ganze dann doch wieder ziemlich einfallslos, was man mit etwas bösem Willen natürlich auch Dir in die Schuhe schieben könnte – der Schock, die Verärgerung, das Nachkarten, all das mindert ja die Konzentration auf des Wesentliche ganz enorm, weiß man ja auch vom Tennis, wo dann doch nur die ganz Guten, und mitunter nicht einmal die, in der Lage sind, sich gleich wieder zu konzentrieren. Das können nur wenige, und diese Stuttgarter zählten ganz gewiss nicht dazu. Sie haben’s dann zwar noch einmal versucht, sonderlich inspiriert schienen sie allerdings nicht. Aber auch für die gilt: ist halt passiert, jetzt nach vorne blicken, und bloß nicht die ganze Zeit mit dem Finger auf andere zeigen, auf Dich zum Beispiel. Und wenn ich so die Interviews der Herren Harnik und Cacau betrachte, die sonst ja nicht immer einer Meinung sind, habe ich durchaus den Eindruck, dass das auch in Spielerkreisen konsensfähig ist.

Also, wie gesagt, nimm’s nicht so schwer, lach mal wieder, zeig nicht mit dem Finger auf andere, sei nicht zerknirscht.

Ach so, Du bist gar nicht zerknirscht? Deine Einsicht drückst Du so aus,  dass die Bilder “das nicht hergeben”? Schöne Formulierung, echt. Und Du findest weiter, dass die Proteste der Stuttgarter respektlos gewesen seien und den Untergang des Abendlandes einläuten den gefährlichen Weg aufzeigen, auf dem sich der Fußball befindet? Mit Verlaub, ich weiß nicht recht, ob die Bilder das hergeben.

* Gerne nehme ich Hinweise zur Verunglimpfung von Namen in den Kommentaren entgegen.

0 Gedanken zu „Ach, Guido, wink doch mal!*

  1. Daumen hoch für den Text, denselben runter für meine Nicht-Fähigkeit eine kreative Namenverunglimpfung zu finden. Für den Namensträger dann aber beide Daumen runter, selten so eine schlechte Leistung gesehen, inklusive seiner Post-Game Kommentare!
    Schlimm fand ich auch die Kommentare der VfB Spieler: mitten rein in meine Schiri-Wut dann diese geballte Sachlichkeit. Gottseidank kam dann Fredi Bobic…

  2. Hm, das ist jetzt so eine Stoßrichtung, die ich hier nicht erwartet hätte. Was nicht bedeuten soll, dass man nicht mal dorthin stoßen darf, wenn’s denn begründet ist. Gleichwohl ich die Partie live und wie so oft zuletzt ohne Ton sah und ich tatsächlich das Gefühl haben muss, dass ich entweder ein anderes Spiel gesehen habe oder aber über keinerlei Ahnung von Fußball verfüge. Vielleicht war ich auch nur in den entscheidenden Situationen pinkeln. Aber ohne Ton schauen, das verändert doch arg die Rezeption, stelle ich fest.

    Der kicker gibt Dir schließlich vollumfänglich Recht.

  3. Hm, wenn jemand einen Text veröffentlicht und von mindestens zwei geschätzten Lesern (also einem recht hohen Prozentsatz) zumindest in Teilen missverstanden wird, sollte er sich wohl doch ein wenig kritischer hinterfragen.

    @Horscht:
    Missverständnis! Ich wollte gar nicht zu Verunglimpfungen aufrufen, sondern mit einem miesen Trick denjenigen, die zurecht meine verunglimpfende Verwendung des Schiedsrichternamens in der Überschrift kritisieren, vorab ein wenig Wind aus den Segeln nehmen.

    (Ganz zu schweigen davon, dass ich ihn auch noch duze, bloß, um nicht “winken Sie” schreiben und damit den Namensbezug aufgeben zu müssen.)

    @Trainer Baade:
    Wenn Du mir den kicker als Entlastungszeugen zur Seite stellst, dann habe ich etwas falsch gemacht. Zwar beurteilt er die Leistung des Schiedsrichters während der 90 Minuten sehr negativ; auf dessen Interviews geht er aber, soweit ich weiß, gar nicht ein.

    Mir hingegen sind seine Fehler zwar alles andere als egal, und ich finde die harsche Kritik des kicker angemessen; aber ich sehe sie als Teil des Spiels, über den man sich kurz maßlos ärgert und der nächste Woche wieder in die andere Richtung ausschlagen kann. Was ich offensichtlich nicht transportieren konnte – meine Einlassungen im ersten Absatz mögen zwar ein wenig hämisch klingen, sind aber sehr wohl in der Sache ernst gemeint.

    Was mich aber tatsächlich maßlos ärgert, ist Herrn Winkmanns Auftreten nach dem Spiel. Ich fand es unerträglich, wie er – zumindest in dem Interview, das ich sehen konnte – mit Wortklauberei um ein klares “Ja, ich habe mich geirrt. Tut mir leid.” herum lavierte. Und dann die Respektlosigkeitsschiene und der Teufel an der Wand und was weiß ich.

    Ja, ich bin erzürnt. Aber nicht (mehr) wegen ein paar falscher Pfiffe.

  4. Eine noch subtilere Schiedsrichterkritik hatte übrigens der ›Sportschau‹-Ticker zu bieten, auf den ich am Samstagabend angewiesen war: Dort wurde Knut Kircher, der Referee des Spiels Bayer 04 Leverkusen – Hamburger SV, durchgängig »Michael Weiner« genannt. Honi soit qui mal y pense.

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