Ja, ich gebe es zu: Wann immer der VfB in der Schlussphase einer Saison auf Leverkusen trifft, wird mir mulmig. Das liegt ganz wesentlich an der Saison 2003/04, als der VfB die ganze Saison über, von vier Vorrundenspieltagen abgesehen, auf einem Champions League Platz stand und im letzten Spiel auf den direkten Konkurrenten aus Leverkusen, trainiert von Klaus Augenthaler, traf. Fussballdaten.de schreibt zu diesem Spiel:
“Verblüffend grandios begannen die Schwaben in Leverkusen mit modernem Angriffsfußball, der die Werkself völlig zurückdrängte. Geschossen wurde aus allen Lagen, das Tempo geschickt variiert und technisch fein kombiniert. Ungefähr zwanzig Minuten hielten die Stuttgarter dieses Niveau bei, ehe es Bayer gelang, sich langsam aus der Umklammerung zu befreien. […] so dass es zur Pause bei einer Nullnummer blieb, die aufgrund des Superspiels des VfB in der Anfangsphase für Bayer allerdings recht schmeichelhaft war. […]
Doch letztlich wurden die Aktionen der Gastgeber immer zwingender, der VfB immer weiter zurückgedrängt. Die Führung ließ dann nicht mehr lange auf sich warten. […] Damit hatte sich die Augenthaler-Truppe im letzten BL-Spiel die CL-Qualifikation gesichert, während dem VfB nur noch ein UEFA-Cup-Platz blieb.
Der Legende nach ging’s für den VfB seither gegen Saisonende zumeist nach oben, für Bayer eher nicht. Auch in diesem Jahr lief laut bundesliga.de die “Mannschaftsform” der beiden Teams in den vergangenen Wochen deutlich auseinander. Während der VfB dort aktuell auf Platz 3 liegt, stand Bayer in den letzten drei Wochen auf einem Abstiegs- bzw. Relegationsplatz.
Dies gilt umso mehr, wenn man als weitere relevante Statistik die ewige Bundesligatabelle hinzuzieht. Dort liegt der VfB derzeit auf Platz 4 mit 2328 Punkten, während Bayer gerade mal 1594 Punkte (nach der 3-Punkte-Regel) erreicht hat und auf 11 rangiert. Lässt man allerdings für einen Augenblick das Thema Tradition außen vor – was angesichts von lächerlichen 31 (ununterbrochenen) Leverkusener Bundesligajahren schwer fällt – und rechnet die Werte auf das einzelne Spiel herunter, liegen beide Vereine dann doch recht eng zusammen: der VfB holt 1,53 Punkte pro Spiel, Leverkusen nur 1,51, hat aber im Schnitt das bessere Torverhältnis. Auf 45 Jahre hochgerechnet, läge man mit 2302 Punkten gerade einmal 26 Zähler hinter dem VfB.
Betrachtet man lediglich die gemeinsame Bundesligazeit beider Vereine seit 1979, ist der Abstand noch etwas größer: Bayer hat immer noch 1594 Punkte (1745:1427 Tore), der VfB deren 1669 (1814:1419), also 75 mehr. In der Übersicht wird deutlich, dass Leverkusen vor allem von 1993 bis 2003 die erfolgreichere Mannschaft war, während der VfB vor der Öffnung der innerdeutschen Grenze davor und auch danach zumeist besser platziert war.
Insgesamt aber tummeln sich beide Vereine in ähnlichen Tabellenregionen, Bayer wird im Schnitt Siebter, der VfB Sechster, beide sind in der letzten Dekade einmal haarscharf am Abstieg vorbeigeschrammt, beide hatten Phasen besonderer spielerischer Blüte (bei Bayer insbesondere um die Jahrtausendwende herum, beim VfB zu Zeiten des magischen Dreiecks), beide holten in den letzten 20 Jahren drei Meistertitel und einen DFB-Pokalsieg standen in zwei Europapokalfinals und beide haben in den letzten Jahren in hohem Maß auf deutsche Spieler gesetzt, die noch dazu häufig jung waren. Besonders in Leverkusen hat man zuletzt indes erkannt, dass ein erfahrener Spieler als stabilisierender Faktor Gold wert sein kann, und auch wenn der eine oder andere mit dem Kopf geschüttelt haben mag, gilt die Verpflichtung eines alten Mannes mit unaussprechlichem Namen als Königstransfer der letzten Jahre: Thomas Zdebel. Leider verlässt er den Verein im Sommer wieder.
Auch auf der Trainerbank hat man sich dem Jugendwahn widersetzt und mit Jupp Heynckes viel Erfahrung eingekauft: Gladbach, Bayern, Bilbao, Frankfurt, Teneriffa, Real, Benfica, Bilbao, Schalke, Gladbach, Bayern lauten die Stationen seiner Trainervita. Klangvolle Namen. Mit den Bayern wurde er sogar Meister. (Ok, mit Real hat er auch was gewonnen.)
Viele Informationen, die mit Blick auf das Spiel am Samstag vor allem eines verheißen: eine interessante Partie mit offenem Ausgang. Ich freu mich drauf, auch wenn mir mulmig ist (Druck!). Immerhin bleiben im Gegensatz zu 2004 danach noch drei weitere Spiele.
Ha! Infiziert mit diesem Datenbebilderungsgedöns. Ich hatte dich schon lange im Verdacht.
Ach schade, dass es mit uns nicht geklappt hat. Danke für den spannenden Überblick… 😉
Eine relevante Information hast Du unterschlagen:
In den letzten drei Saisons war es immer so, dass beide Mannschaft jeweils eines der beiden direkten BuLi-Duelle für sich entscheiden konnten. Da das Hinspiel hauchdünn für Bayer ausging ist es natürlich glasklar, dass wir das Ding locker gewinnen werden.
Ergo:
Wer hat Angst vor Bayer Leverkusen? Ich nicht! =)
angst? NIE! respekt? immer. morgen? heimsieg. warum? the trend is your friend. europa-liga? sicher. spiel? hochklassig. ergebnis? knapp.
Verständlich, hirngabel, vor allem, weil du noch deine Wette gewinnen willst…;-)
Also “Wette” würde ich das jetzt nicht unbedingt nennen. Ich hatte ja “nur” von einer “Operation” gesprochen. 😉
Das Spiel gegen Leverkusen muss aber, meines Erachtens, so oder so gewonnen werden, da wir im Vergleich zu Hamburg das wesentlich schlechtere Torverhältnis haben. D.h. bei einem Remis und einem gleichzeitigen Sieg von Hamburg gegen Mainz (was durchaus zu erwarten ist) müssten wir mit dann 3 Punkten Rückstand schon auf 2 Ausrutscher Hamburgs mehr in den letzten 3 Spielen hoffen als uns unterlaufen. In Anbetracht der Gegner sehe ich da direkt aber nur die Hoffnung, dass sie gegen Bremen (wieder mal) verlieren.
Nun ja, um meinem Optimismus Ausdruck zu verleihen, habe ich gerade eben sämtliche 5 Stuttgarter Spieler in meiner kicker Managerspiel-Mannschaft aufgestellt. (Gut, und mit Kießling noch einen Leverkusener, der aber gerne für ein paar Minuspunkte sorgen kann…)
Mach dir keine Sorgen. Das wird zwar knapp, aber die Punkte werden in Stuttgart bleiben. Ich sag mal: ein dreckiges 2:1, ein Tor Khedira, eines Cacau.
Ich hab’s ja gesagt. Die Statistik lügt nie. =)
@erz:
es hatte ja auch schon Hinweise gegeben…
@jens:
das wird schon noch mit uns 😉
@hirngabel, el pibe:
Ich ziehe meinen Hut.
@jon dahl:
Hinterher tippen und dennoch falsch liegen – das ist doch seit Doyle Lonnegan keinem mehr passiert, oder?