Trainerwechsel

Jetzt ist er also weg, der Herr Babbel. Ich bedaure das sehr, unabhängig von meiner Einschätzung, dass dieser Schritt nach den letzten Wochen wohl ohne Alternative war. Die Gründe für meine Wertschätzung sind vielfältig und beziehen sich nicht nur auf seine Zeit als VfB-Teamchef, aber auch das. Er hat die Mannschaft vor einem guten Jahr in einer schwierigen Situation übernommen (ja, ich weiß: heute würde man die damalige Bilanz mit Kusshand nehmen) und mit teilweise tollem Fußball in die Champions League geführt. Dabei wirkte er stets souverän und angenehm unaufgeregt.

Genau wie als Spieler. Eher zufällig habe ich seinen Werdegang von Beginn an recht aufmerksam beobachtet, seine nüchterne, sachliche Spielweise, seinen kapitalen Bock im Uefa-Cup-Halbfinale 1996, den er im Rückspiel vergessen machte. Seine Erfolge in England, seine Krankheit, die Rückkehr auf den Platz und zur Saison 2004/05 nach Deutschland, konkret: zum VfB, wo er in dieser Saison 32 Spiele machte und tatsächlich noch einmal in den erweiterten Nationalmannschaftskader rutschte. Unter Trapattoni hatte er einen schweren Stand, bei Armin Veh wurde er dann nochmals auf dem Platz gebraucht, ehe er in der Meistersaison 2006/07 in erster Linie Ratgeber und Leitbild für den jungen Serdar Tasci war – ein Rolle, in die er sich klaglos fügte.

Als zweiter Assistent des Meistertrainers war er rasch als Hütchenaufsteller abgestempelt, und in der Tat gewann man den Eindruck, Armin Veh wisse nicht so recht, was er mit Babbel anfangen solle. Umso größer waren die Irritationen, als Babbel Veh beerbte und auch noch die Frechheit besaß, sich darüber etwas zu sehr zu freuen. Unter Teamchef Babbel holte der VfB in 35 Spielen anständige 58 Punkte, die allerdings etwas ungleichmäßig verteilt waren. Ob er jeden einzelnen Spieler jeden Tag ein bisschen besser gemacht hat, weiß ich nicht; ob Christian Träsch unter einem anderen Trainer eine ähnliche Entwicklung genommen hätte und vom motivierten, aber unsicheren Kantonisten auf der rechten Bahn zu einer Stütze der Mannschaft in zentraler Position geworden wäre, ebenso wenig.

Wie auch immer: Markus Babbel ist weg, ich wünsche ihm viel Erfolg bei seiner Trainerausbildung und für seine weitere Laufbahn.

Sein Nachfolger heißt Christian Gross, und als ich erstmals von ihm hörte – vermutlich in seiner Zeit bei GC, 1-2 Jahre vor seinem Wechsel zu Tottenham, verwechselte ich ihn zunächst mit dem ehemaligen Schalker Torwart Volkmar Groß. Muss an der hohen Stirn gelegen haben. Der Irrtum ließ sich allein schon deshalb nicht lange aufrecht erhalten, weil Gross danach gefühlte fünfzig Mal als ganz heißer Kandidat für einen Trainerstuhl in der Bundesliga galt, letztlich aber dem Vernehmen nach nie so recht wollte – zugegebenermaßen ein Umstand, der mich ein wenig stutzig macht. Ansonsten weiß ich nicht viel über ihn, kenne natürlich seine Schweizer Erfolgsgeschichte und die etwas weniger erfolgreiche Stippvisite in der Premier League, und habe mit einem gewissen Unbehagen – schließlich wird Gross schon seit Wochen in Stuttgart gehandelt, bzw. galt auch schon letztes Jahr als Kandidat – vor wenigen Wochen den 11Freunde-Text über den FC Basel gelesen, dem zufolge das Auswahlkomitee dort einen Gross-Nachfolger suchte, der sich von ihm unterscheiden sollte:

“Die ‘Menschenführung’ sei den Herren wichtig gewesen, die ‘Teamfähigkeit’ sowieso, ‘die haben einen gesucht, der nicht als Alleinherrscher auftritt’.”

Vielleicht hat ja mein Stadionnachbar recht, dass die aktuelle Mannschaft des VfB einen autoritären Trainer braucht. Und dessen erste Aussagen sind so schlecht nicht:

“Ich will mutige Spieler und Spieler, die den Fans etwas zurückzahlen. Ich arbeite immer leistungsorientiert und ich will den Spielern klarmachen, dass sich ihr Job lohnt. Ich verlange positive Aggressivität und dass die Spieler um jeden Ball kämpfen.”

Ich bin gespannt, was hinter diesen Allgemeinplätzen steckt, und wünsche Christian Gross am Mittwoch einen überragenden Einstand.

0 Gedanken zu „Trainerwechsel

  1. Viel Erfolg.
    Euer neuer Trainer war damals auch bei uns im Gespräch. Ich bin gespannt.

    Und Babbel wird es meiner Meinung nach sehr schwer haben nach seinem Trainerschein einen neuen Job zu bekommen. Aber Glück wünsche ich ihm, immerhin hat er auch mal die Raute getragen!

  2. @Stadionwurst
    Ich glaube nicht so wirklich daran, möglich wäre es natürlich. Ich tippe mal, dass Gross bis zur Winterpause Delpierre im Amt belässt und sich bis dahin ein Bild von den “wahren” Hierarchien im Team machen und gegebenenfalls reagieren wird.
    Vor allem Tasci scheint ja dem Vernehmen nach übelst angepisst gewesen zu sein, dass er nicht neuer Kapitän wurde, von daher mal schauen, wie er sich so präsentiert in den nächsten Wochen.


    Ach übrigens: SpOn titelt direkt mal mit “Der Alpen-Magath”.

  3. Naja, dass er *gar keine* Erfahrung im Abstiegskampf hat, stimmt ja so nun auch nicht ganz. Die Hotspurs hat er damals schließlich auf dem vorletzten Platz liegend übernommen und mit nur einer Niederlage aus 9 Spielen noch gerettet (wenn mich meine Quellen diesmal nicht trügen).

  4. @nedfuller:
    Danke. Glück und Erfolg können sicher nicht schaden.

    @Stadionwurst:
    Verantwoprtungsträger des VfB Stuttgart stehen prinzipiell zu ihren Entscheidungen.

    @STP1910:
    Schon ok. Darauf hoffe ich ja auch.

    @probek, hirngabel:
    Nett, dass Ihr’s Euch hier ein wenig gemütlich gemacht habt.

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