Ein Sieg in Cottbus sei ja wohl das mindeste, was man erwarten könne, habe ich vor und nach dem 3-0-Erfolg des VfB im Stadion der Freundschaft immer wieder gehört. In der Tat spricht manches für diese Sichtweise, nicht zuletzt die katastrophale Heimbilanz des Gegners.
Man sollte aber nicht den Fehler machen, den Erfolg gering zu schätzen – weder hinsichtlich der Stärke der Heimmannschaft, die dem VfB dem Vernehmen nach (leider konnte ich nur sehr wenig von dem Spiel sehen) einiges abverlangt hat, noch mit Blick auf die Bedeutung des Sieges für den VfB und Teamchef Markus Babbel. Die Mannschaft scheint vor allem mental deutlich stärker als zuvor, hat einen engagierten Gegner letztlich klar geschlagen, und kann nun mit zwei Siegen im Rücken vergleichsweise entspannt in das psychologisch stets einfache Spiel gegen die Bayern (der Klassiker: “Da kann man nur gewinnen.”) gehen.
Wie gesagt: ich habe nicht viel gesehen, sodass ich mich umso mehr an die nackten Fakten halten muss. Und die besagen, zu meiner ganz besonderen Freude, dass die viel geschmähten Hilbert und Simak die ersten beiden Treffer erzielt haben. Das wird -gerade bei Hilbert- wenig daran ändern, dass er ob seiner häufig zu hohen Fehlpassquote immer wieder im Zentrum der Kritik steht, und ich will an dieser Stelle auch mein bekanntes Loblied auf sein Engagement und seine Dynamik nicht breit treten, aber den einen oder anderen Dauernörgler hätte ich am Samstag in der vierten Minute schon gern angegrinst. Und der als zu langsam verschrieene Simak hat diese Vorwürfe bei seinem Treffer zumindest nicht weiter genährt, oder?
Großen Raum in der hiesigen Diskussion nimmt nach wie vor die Trainerfrage ein – sowohl für die Rückrunde, wenngleich der Boulevard schon Vollzug mit Babbel meldet, als auch und vor allem für die Zeit danach. In dieser Hinsicht meine ich zwar aufgrund der letzten Wochen eine Stimmung zugunsten einer Lösung mit Markus Babbel auszumachen; ob eine solche angesichts der Äußerungen von Matthias Sammer überhaupt realisierbar wäre, ist sehr fraglich. Eine interessante Note erfährt dieses Thema durch Sammers Beziehung zum VfB: als Spieler war er einer der Meisterhelden von 1992, als Trainer ist er für viele ein rotes blaues Tuch, weil gerade die von ihm nun im DFB propagierte Förderung und Entwicklung des Nachwuchses in seiner Stuttgarter Zeit bei ihm noch nicht so ausgeprägt gewesen sei.
Ob Horst Heldts Hinweis auf die Freiheit der Berufswahl an dieser Stelle relevant ist, weiß ich nicht bezweifle ich; grundsätzlich tendiere ich jedoch -nicht nur, weil es um den VfB geht- zu pragmatischen Lösungen. Sicherlich kann eine gute taktische und meinetwegen auch pädagogische und sportwissenschaftliche Ausbildung (jajaja, und noch Vieles mehr… geschenkt!) den Trainern in vielerlei Hinsicht helfen; gleichzeitig sprechen wir immer noch von Fußball, von Sport, von Binsenweisheiten und Erfolgsgeheimnissen im Stil von “den Gegner durch die Wand hauen“. Aber ich bin nur ein Laie.
Nachtrag:
Jens Lehmann hat sich auch zur Frage der Trainerausbildung geäußert, und ich frage mich, wie ihm gelingt, mir selbst mit einer Meinungsäußerung, die meiner eigenen Position so ähnlich ist, unsympathischer zu werden. Wieso kann er die Frage nicht abstrakt oder anhand eines neutralen Beispiels behandeln, sondern muss sich sogleich selbst in einem Atemzug mit Babbel nennen [sofern der sid das Interview nicht falsch wiedergibt – im Kicker klingt das Ganze moderater]? Wieso platziert er Spitzen gegen den deutschen Fußball im Allgemeinen und gegen Sammer im Besonderen, zumal letzterer auf die Entscheidung der Babbelfrage großen Einfluss haben dürfte? Ich verstehe das nicht.
Vielleicht liegt’s auch nur daran, dass ich nicht objektiv bin.