Manchmal ist es einfach

Vor dem VfB-Spiel gegen Nürnberg hatte ich zum zweiten Mal das Vergnügen, den Clubfans United, dem Fanmagazin rund um den Club, ein paar Fragen beantworten zu dürfen. Leider schaffte ich es diesmal nicht, den Kollegen meinerseits die eine oder andere Frage zu stellen, was nicht nur angesichts der aussagekräftigen damaligen Antworten bedauerlich ist.

Erneut empfand ich es als sehr angenehm, mich bei den Clubfans zu vielen verschiedenen Themen äußern zu dürfen, von der Lage des Fußballs im Allgemeinen über die Bundesliga im Spezielleren und die Bundesliga-Spielplangestaltung im ganz Besonderen bis hin zum Wesen von Trainerentlassungen und historischen Überlegungen zum besten Fußballer aller Zeiten, die dann auch in den Kommentaren aufgegriffen und vertieft wurden.

Ganz nebenbei sagte ich auch ein paar Sätze zum VfB, und, nun ja, habe diesem einen Absatz nach dem Spiel im Grunde nicht viel hinzuzufügen:

[Clubfans United] Sportlich läuft es bei euch ja so “lala”. Neben zwei Siegen (Braunschweig und Berlin) stehen vor allem Remis. Immerhin aber 12 Punkte, davon träumen wir. Wie schätzt du die Liga ein? Beginnt die Abstiegszone ab Platz 4?

“Empfinde ich gar nicht so, dass es so lala läuft. Was wenig damit zu tun hat, dass Du den Freaksieg gegen Hoffenheim unterschlagen hast, sondern vielmehr damit, dass die drei Niederlagen aus den ersten drei Saisonspielen stammen und die Bilanz nach dem Trainerwechsel drei Siege und drei Unentschieden ausweist. Das finde ich einerseits sehr ansprechend, zum Teil auch über das nackte Ergebnis hinaus; andererseits, und da kommt dann doch wieder “lala” ins Spiel, gelingt es bisher nicht, die Möglichkeiten, noch weiter nach vorne zu rücken, beim Schopf zu packen. Ohne dass man aus meiner Sicht bereits weiter nach vorne gehören würde.

Manchmal ist es eben einfach. Man nimmt ein paar Zeilen, die nicht nur vor dem jüngsten Spiel schon als halbwegs passende Situationsbeschreibung durchgingen, sondern bereits nach dem vergangenen. Und dem vorvergangenen. Aktuell hat der VfB weiter oben noch nichts verloren. Gerade nach dieser Partie, die ich als die schwächste mit Trainer Schneider wahrgenommen habe.

Hinten mag man gelten lassen, dass die aus bekannten Gründen (Sperre, Verletzung) notwendig gewordenen Veränderungen im Verbund mit den aus bekannten Gründen (Spielerkader) eigentlich notwendigen Veränderungen eine geringere Fehlerquote von vornherein nicht zuließen. Negativer Höhepunkt war dabei der gut zwanzigminütige Auftritt von Konstantin Rausch, den ich schlichtweg als verheerend empfunden habe. Vielleicht war er ja übernervös oder übermotiviert, weil er mal wieder eine Chance bekam. Zumindest hoffe ich, dass es daran lag.

Der Torwartwechsel dürfte auf die Abwehrleistung keinen Einfluss gehabt haben; dass er von den Verantwortlichen als völlig selbstverständlich dargestellt wurde, halte ich für eine interessante Randnotiz. Die Stuttgarter Nachrichten hatten denn auch vor Ulreichs Rückkehr nachgefragt und ein paar sportliche Argumente aus dem Trainerteam ins Feld geführt. Woraufhin man eine Lobhudelei auf Ulreich verfasste, der ich, gewissen Zweifeln zum Trotz, inhaltlich in weiten Teilen zustimmen würde.

Was mich stört, ist zum einen die angesprochene Selbstverständlichkeit seitens des VfB, was mich irritiert, dieser Satz in den StN: “Und auch beim Mitspielen nach Rückpässen schlägt Ulreich die Nummer zwei noch um Längen und bringt die Bälle präziser zum Mann.” Ich kann das nicht nachvollziehen. Nicht einmal ansatzweise. Und irgendwie färbt das auf meine Haltung zum gesamten Text ab.

Dass das kreative Mittelfeldspiel mit Maxim steht und fällt, ist nichts Neues. Klappt ja auch ganz gut, selbst am Freitag, solange seine Kraft reicht. Danach aber tut es besonders weh, wenn Gentner einen eher durchschnittlichen Tag erwischt und auch Traoré nicht sonderlich viel einfällt. Dann ruhen die Hoffnungen des gemeinen VfB-Fans in Sachen Kreativität auf den Schultern der Herren Harnik und Kvist. Und dann ruhen sie eben.

Ernsthaft: ich habe mich sehr gefreut über William Kvists Rückkehr ins Team. Er ist ein wichtiger Stabilisator. Aber man muss dem Umstand, dass sich sein Beitrag zum Offensivspiel, und damit meine ich nicht nur eigene Abschlüsse oder den “letzten Pass”, in sehr engen Grenzen hält, Rechnung tragen. Maxim allein kann das nicht auffangen. Bleibt also zu hoffen, dass Christian Gentner künftig wieder ertragreicher nach vorne spielt und Moritz Leitner an die Eindrücke unmittelbar vor der Verletzungspause anknüpfen kann. Die Alternative würde wohl lauten, Kvists Position doch noch einmal zu hinterfragen.

Jetzt habe ich schon wieder viel mehr geschrieben, als ich eigentlich wollte. Zu lange und zu intensiv habe ich mich über das Spiel aufgeregt, und darüber, wie sehr ich mich beeilt habe, um das Spiel doch noch sehen zu können, inklusive beruflich diskutabler Priorisierungsentscheidungen, um jetzt auch noch so viel Zeit zu investieren. Bleibt also nur noch, Ibisevic zu loben. Für seine Aktion vor dem 2:1, so Martin Harnik getroffen hätte. So geschickt sieht man ihn im Mittelkreis sonst selten agieren. (Außer wenn es darum geht, den Ball abzudecken und zu behaupten, das schon, eh klar.)

Klingt jetzt alles recht negativ, ne? Fühlte sich ja auch so an, weil es einfach keinen Spaß gemacht hat. Und doch bin ich nach wie vor recht entspannt. Nicht nur, weil die Tabellensituation im Grunde seit Wochen unverändert bleibt, sondern weil ich weiterhin ein gutes Gefühl habe. Die Probleme wird man angehen, und zumindest auf den definitiven Außenpositionen bin ich guter Dinge, dass sich auch vernünftige Lösungen finden. Darüber hinaus erlaube ich mir, noch eine zweites Mal auf meine eigenen bei den Clubfans geäußerten Worte hinzuweisen:

“Der VfB ist […] ein ganz anderer Verein als damals. Ein anderer Präsident, ein anderer Aufsichtsratsvorsitzender, ein anderer Trainer, und in jedem einzelnen Fall wurden nicht nur Personen ausgetauscht, sondern, bitte verzeiht das große Wort, Weltanschauungen. Während ich damals eine “latente Unzufriedenheit” ausgemacht hatte, wirkt derzeit alles irgendwie zuversichtlicher und, wie soll ich sagen, leichter. Der Präsident ist allem Anschein nach ein positiver, umgänglicher und doch ehrgeiziger Typ, der Aufsichtsratsvorsitzende scheint willens und in der Lage zu sein, den vom Präsidenten vorgelebten Teamgedanken mitzutragen, und der Trainer beginnt nicht jede öffentliche Äußerung mit einer Klage über die Rahmenbedingungen. Kurz: irgendwie ist alles anders.”

Und zwar besser.

0 Gedanken zu „Manchmal ist es einfach

  1. Ich kann deinen verhaltenen Optimismus noch nicht ganz teilen. Ich bin zwar, was die Tabellensituation angeht, auch noch recht entspannt, aber nachdem wir drei Spiele lang überhaupt nicht getroffen haben, stagnieren wir jetzt auf einem etwas höheren Niveau. Das Auslassen von Großchancen nimmt mittlerweile lächerliche Ausmaße an. Was mittlerweile verzeihbar wäre, denn ein Tor schießen wir ja unter Schneider immer. Aber diese haarsträubenden Patzer hinten! Ob Boka, Kvist, Niedermeier, Schwaab, Sakai oder Rüdiger jeder hat schon seinen Bock geschossen und mich beschlich schon zu Saisonbeginn das Gefühl, dass wir in der Defensive zu dünne besetzt sind und dafür ein Überangebot im Mittelfeld haben, dass wir aber nicht ausschöpfen können, da wir nun mal nur eine begrenzte Anzahl an Offensivspielern gleichzeitig aufbieten können.

    Ich möchte, dass wir uns dieses Jahr mal wieder auf ehrliche Art und Weise für den UEFA-Pokal qualifizieren. Zum einen weil Europapokalspiele toll sind. zum anderen, um den Leuten den Wind aus den Segeln zu nehmen, die nächsten Sommer auf der nächsten Mitgliederversammlung argumentieren werden, dass man nur durch eine Ausgliederung des Profibetriebs die magischen Nächte gegen Manchester und Barcelona wiederbeleben könnte.

    Aber wenn wir so weitermachen, hinten wie vorne, wird das knapp mit Europa dies Jahr. Und ich gehe gegen Dortmund nicht von drei Punkten aus…

  2. @Lennart:
    Bei der Analyse kann ich an vielen Stellen mitgehen, bei den Wünschen sowieso.

    Ich erlaube mir gegenwärtig nur den Luxus eines rational nicht ganz stringent begründeten Optimismus

  3. An anderer Stelle hab ich kürzlich mal gelesen, dass es in der zweiten Mannschaft recht vielsversprechende Außenverteidiger gibt, denen “man” eine Chance in der Bundesliga geben könnte…Es ging dabei um Tim Leibold und ich glaube um Steffen Lang. Laut kicker haben beide bereits 13 Spiele in diesem Jahr gemacht und passable Notenschnitte erreicht, so man diesen vertrauen will. Ich halte diese Bewertungen zumindest für brauchbare Indizien. Allerdings scheint Schneider die beiden bisher nicht im Fokus zu haben, denn soweit ich weiß hat er beide noch nicht zum Training mit der ersten Mannschaft eingeladen. Vielleicht wäre einer der beiden mal eine Alternative zu Boka und Sakai.

    Bei diesem Thema kommt mir jetzt gerade Michael Vitzthum in den Sinn. Der wurde 2012 von Haching gekauft, ist Linksverteidiger und derzeit an den KSC ausgeliehen, wo er häufig spielt. Mir war der Sinn der Ausleihe vor einem Jahr nicht so ganz klar und das hat sich bis heute nicht geändert. Der hätte doch bereits in dieser Saison eine sehr gute Alternative zum Boka/Molinaro Komplex sein können…Und ähnlich wie bei Timo Werner oder Moritz Leitner (oder auch Rüdiger trotz einer Vorliebe für die Farbe rot) ist es mir lieber, ein junger aufstrebender Spieler spielt mal ein mieses Spiel als einer, dem massenhaft Erfahrung nachgesagt wird. In diese Kategorie zähle ich definitiv Boka und Molinaro, aber auch zumindest teilweise Harnik, Niedermeier und Kvist.

    Lange Rede kurzer Sinn: Ich finde es nachvollziehbar, dass ihr etwas kritisch seid, es wird vermutlich nicht für die ersten 6 Plätze reichen, es wird wenn es blöde läuft vielleicht sogar ein zweistelliger Tabellenplatz werden, aber trotzdem hab ich derzeit ein gutes Gefühl, weil man zumindest in den meisten Remis-Spielen näher am Sieg ist und ich mir die Spiele oder Zusammenfasusngen der Spiele wieder gerne ansehe. Das war bei Labbadia am Ende nicht mehr der Fall.

  4. @Trurll:
    Zufällig habe ich Leibold und Lang am Freitag zugesehen. Sie haben gewiss nicht enttäuscht, aber es war auch nicht so, dass ich sie mir sofort in der Bundesliga gewünscht hätte. Aber klar, das ist nur ein einmaliger Eindruck, bei anderer Gelegenheit hatte mir speziell Leibold schon ganz gut gefallen. Und ja, Vitzthum sähe ich gegenwärtig auch gerne hier.

    Und vom Gefühl her sind wir uns ja ohnehin recht nahe. Oder so ähnlich. 😉

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