Lieber Herr Beckmann,

heute war es wieder einmal so weit: Meine Möglichkeiten, mich über die Bundesliga zu informieren, beschränkten sich auf die Sportschau, und ich hab da leider was nicht so ganz verstanden. Nur eine Kleinigkeit, aber irgendwie nagt sie. Nun, wie es der Zufall will, hatten Sie in der heutigen Sendung eine exponierte Rolle inne, und vielleicht können Sie mir ein wenig helfen?

War ja eigentlich eine ganz gute Sendung, finde ich, wenn man mal von der penetranten Werbung für die Sportschau am Dienstag und Mittwoch absieht. Die Spitzenmannschaften haben alles dafür getan, dass man den Mittwochshype aufrecht erhalten kann, Herrn Klopps Flaschenabfüllzitat konnte man wunderbar einbauen, auch zu den anderen Spielen gab’s die eine oder andere nette Randgeschichte, und der VfB hat gewonnen.

Oh, Verzeihung, letzteres war für Sie vermutlich gar nicht so wichtig wie für mich. Mir hat’s gefallen, auch wenn ich lieber vor Ort dabei gewesen wäre. Gerade jenes 2:1 hätte ich gerne live gesehen, man ist ja nicht so oft dabei, wenn ein Tor des Monats fällt. Ok, war nicht ganz so ernst gemeint.

Nein, falsch, ernst meine ich das schon, es ist bloß nicht realistisch – schließlich habe ich ja die Auswahl für das Tor des Monats März gesehen. Nette Fernschüsse, die da zur Wahl stehen. Und ein technisch sehr sauberes Tor von Marcus Berg, das vermutlich abgeschlagen enden wird, wegen zu großer Nähe zum Tor. Ja ja, ich weiß, die Zuschauer haben die Tore der Woche gewählt, da können Sie nichts für. Und dafür, dass ein Lehrbuchtor wie das von Ibisevic eingeleitete und abgeschlossene vermutlich gar nicht erst zur Wochenwahl steht, schätzungsweise auch nicht.

Entschuldigung, ich sollte zum Punkt kommen, denn natürlich bezieht sich mein Hilfsersuchen nicht auf das Tor des Monats und ihren möglichen Einfluss auf dessen Auswahl. Vielmehr möchte ich kurz auf Ihre Ausführungen zu Christian Streich zu sprechen kommen. Christian Streich, Sie wissen schon, der unkonventionelle Freiburger Trainer, der so anders ist als all die anderen, voll authentisch und so. Ganz ehrlich: ich mag den auch. Ist ne schöne Geschichte, wie er sich nicht so ernst nimmt, und wie er sich zum Umgang der Leverkusener Zuschauer mit Robin Dutt geäußert hat, ist wahrlich aller Ehren wert. Und diese Emotionalität – großartig. Dass ihm die auch noch irgendwann auf die Füße fallen kann: geschenkt.

Was ich aber wirklich nicht so ganz verstanden habe, lieber Herr Beckmann, ist Ihr Ansatz, Herrn Streich von anderen Trainern abzugrenzen. Leider hatte ich nicht die Gelegenheit, die Sendung nochmals anzusehen, aber wenn ich mich nicht sehr irre, stellten Sie ihn als Gegenentwurf zu all den “selbst ernannten Konzepttrainern” dar. Und damit wären wir an der Stelle, wo ich Ihnen dankbar wäre, wenn Sie mir einmal kurz auf die Sprünge helfen könnten. Mir sind die nämlich dummerweise gar nicht so recht geläufig, diese selbst ernannten Konzepttrainer. Womit ich nicht ausschließen will, dass sich Uwe Rapolder oder, was weiß ich, Mario Basler, mal so bezeichnet haben, oder dass Thomas Tuchel im einen oder anderen Interview von seinem Konzept sprach, oder wieder ein anderer davon, dass ein Gegentor seine Mannschaft aus dem Konzept gebracht habe.

Aber “selbst ernannte Konzepttrainer”, ernsthaft, Herr Beckmann? Noch dazu mit einem, so glaube ich, nicht nur eingebildeten spöttischen Unterton? Irgendwie fällt es mir ein bisschen schwer, das nachzuvollziehen. Das Lustige ist nämlich, vielleicht sollte ich das an dieser Stelle erwähnen, dass ich bisher immer der Meinung war, der Begriff Konzepttrainer sei eher journalistisch geprägt, entstamme vielleicht sogar der Steffen-Simon-Schule für irgendwo aufgeschnappte und für schlau befundene moderne Fußballsprache, und darüber hinaus hatte ich den Eindruck, jeder halbwegs vernünftige Trainer, dem dieses Etikett angeheftet wurde, habe sich bereits irgendwann einmal mit dem Hinweis zitieren lassen, dass selbstverständlich jeder seiner Kollegen ein Konzept habe und verfolge. Zurecht, wie ich meine.

Und irgendwie fällt es mir schwer, mir vorzustellen, dass Fußballlehrer durch die Lande ziehen und sich zu Konzepttrainern ernennen. Aber Sie, lieber Herr Beckmann, bewegen sich quasi permanent, professionell und sicherlich auch behände in diesem Metier. Daher wäre ich Ihnen überaus verbunden, wenn Sie die Freundlichkeit besäßen, mich eines Besseren zu belehren. Oder aber in der nächsten Sendung entschuldigend darauf hinzuweisen, dass Sie einer zu billigen Pointe nicht widerstehen konnten.

Mit sportlichem Gruß
heinzkamke

 

 

0 Gedanken zu „Lieber Herr Beckmann,

  1. Beckmann gehört zu den fußballkonservativeren Vertretern der Reporterzunft. Vor rund einem Jahr freute er sich bei einer Liveübertragung, dass ein Team “endlich wieder offensiver mit zwei Spitzen spielt”. Und letzte Woche hat er bei Sky90 erklärt, ihn störe die “Intellektualisierung des Fußballes”.

    Ich glaube daher nicht, dass die Kritik an den “selbst ernannten Konzepttrainern” ein Zufall war.

  2. Herr Beckmann. Was gäbe es zu Herrn Beckmann zu sagen!? Daß es kaum Moderatoren gibt, die langweiliger sind? Daß Herr Beckmann´s Zertifikat als Sportjournalist dringend nochmal vorzulegen wäre? Daß es kaum jemanden gibt, der spöttisch wirken will, aber stets arrogant rüberkommt? Warum? Er wirkt immer distanziert, emotionslos. Er erinnert an einen Kochlehrer der erklärt, warum Junk-Food böse, böse, böse ist.Ist aber toll, schmeckt gut und alle mögen es. Beim Fußball sind Fakten und Analysen sicher wichtig. Aber entscheidend für die Fans sind doch eher das Erlebnis, der Kampf, der Sieg. Ob der Trainer ein Konzept hat oder ein rostiges Auto-egal.

  3. Im Block der älteren Herren wurde das 2:1 ganz in deinem Sinne gewürdigt (was beruhigend gemeint ist und nicht etwa Salz in etwaige Wunden streuen soll); der vielleicht schnellste Spielzug der Saison.

  4. Ich finde ja, Absolventen der Steffen-Simon-Schule für irgendwo aufgeschnappte und für schlau befundene moderne Fußballsprache sollte eh viel weniger im Fernsehen zu sehen sein. Womit ich eigentlich nur diese Formulierung belobhudeln wollte.

  5. @t0bstar:
    Ich kann das ehrlich gesagt nicht beurteilen, hätte aber nichts dagegen, wenn er fußballkonservativ wäre. Die Sehnsucht nach zwei Spitzen ist legitim (unanhängig von dem Umstand, dass in aller Regel auch dahinter das Konzept eines Trainers stehen dürfte), und die besagte Intellektualisierung des Fußballs muss er nicht mögen.

    Auch kann er meinetwegen gegen “Konzepttrainer” wettern, so lange er will – aber er soll doch bitte die “Schuld” an der Konzepttrainerinflation nicht den Trainern in die Schuhe schieben, sondern sich diesbezüglich mit seinem eigenen Berufsstand auseinandersetzen. (Dass daran auch wir Fans, Hobbyschreiber, Stammtisch- und Internetdiskutanten, die wir solche Begrifflichkeiten gerne ünernehmen, unseren Anteil haben: unbenommen.)

    @Bernhard:
    Im Grunde habe ich meinen Frieden mit Herrn Beckmann gemacht, mich mit ihm arrangiert, mit einem TV-Moderator, der sich gelegentlich mit Sport befasst (und nur dann sehe ich seine Sendungen). Als Kommentator sieht das noch ein wenig anders aus, aber sei’s drum.

    Mir geht’s in diesem Fall wirklich nur um die aus meiner Sicht schlichtweg falsche Unterstellung gegenüber den Trainern.

    @jon dahl:
    Salz in die Wunden? Das große Spiel gegen Bremen steht doch erst noch bevor, und da bin ich vor Ort. For You.

    @mars:
    Normalerweise hätte ich Deinen ersten Kommentar korrigiert und den zweiten gelöscht. Aber letzterer gefällt mir zu gut.

    “[V]iel wenig” gefällt mir übrigens auch, ich änder’s trotzdem, ja?

  6. Schön gefundene Stelle. In Wirklichkeit geht es darum, wie jemand gelobt werden soll und mit welchen Folgen. Streich ist derzeit “in”. Dennoch gebietet es die journalistische Zurückhaltung, ihn mit “Distanz” zu loben. Daher der spöttische Unterton, der dann bei Gelegenheit hervorgeholt werden kann (wenn es gilt, Streich als unfähig wegzuschreiben – vielleicht nächste Saison oder in drei Jahren). In Wirklichkeit ist es natürlich ein Lob auf Kosten der anderen, der “Konzepttrainer”. Dass diese Rubrizierung ohne Erläuterung bleibt, ist natürlich Programm. Das ist übrigens bei einem Darmwind ähnlich.

    Wollten sich Beckmann et. al. für all die billigen Pointen der nur einer Saison entschuldigen, müsste die nächste “Sportschau” bis 22.14 Uhr verlängert werden.

  7. Die Sache mit dem Darmwind, könnten wir die noch einmal ausführlicher besprechen?

    Bei Christian Streich bin ich tatsächlich sehr gespannt, inwieweit er sein Verhalten in den nächsten Monaten anpasst, ob er stromlinienförmiger und damit bei negativen Ausschläge weniger angreifbar wird.

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